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Tatort Mallorca - Die Tote in der Moenchsbucht

Tatort Mallorca - Die Tote in der Moenchsbucht

Titel: Tatort Mallorca - Die Tote in der Moenchsbucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Ludwig
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Größe der Dosis. Wir hatten mal einen Delinquenten vor uns, der behauptete, dass die Halluzinationen richtig echt seien. Er erzählte, dass er innerhalb des Rausches hundertprozentig überzeugt war, alles wäre tatsächlich geschehen. Die ganze Zeit über hat er einer Frau mit einem gelben Gesicht und lila Augen den Hof gemacht. Er fand sie ganz nett, aber dann fing sie an, ihn zu beschimpfen, und er machte sich aus dem Staub. Wie? Er flog einfach davon.“
    „Hier steht, dass Atropin Halluzinationen hervorruft und ähnliche, wenn auch nicht ganz so typische Wirkungen hat wie LSD. Bei Angel Dust, Ecstasy und anderen Drogen weiß man, dass man halluziniert. Bei Belladonna nicht, man ist überzeugt, die Wahrnehmung ist echt.“
    Di Flavio lässt die Jungs reden. Sie sind ganz aufgeregt, und er muss ein Lächeln unterdrücken bei so viel Eifer kurz vor Feierabend. Welch ein Unterschied zu den anderen Tagen, bei denen es um theoretische Sachverhalte ging.
    „Ja, stimmt. Der Typ, hat wieder und wieder behauptet, alles wäre Realität. Der FBI-Kollege, der bei der Vernehmung dabei war, meinte, der Lügendetektor würde ihm recht geben, weil die Dinge für ihn tatsächlich existierten, weil sie unter dem Einfluss der Droge anders wahrgenommen werden. Unser Proband hatte sich einen Belladonna-Tee einverleibt. Offensichtlich hat er Glück gehabt, dass er nicht ins Nirwana abgedriftet ist.“
    „Die gelbgesichtige Frau wollte ihm anscheinend nur an die ... Entschuldigung, Chef, auf jeden Fall wollte sie ihn nicht umbringen.“
    „Anscheinend stand er nur auf blaue Augen“, wirft der Finne lachend ein.
    Di Flavio übergeht die flapsigen Bemerkungen. „Die Pupillenerweiterung hat mich die ganze Zeit beschäftigt, und ich habe gleich an Belladonna gedacht, weil es in sehr schwacher Dosis in der Augenheilkunde verwendet wird.“
    „Im Altertum haben sich die Römerinnen etwas davon eingetröpfelt, weil große Pupillen Mode waren“, lässt jetzt Tanja verlauten.
    „Okay, da haben wir ja schon etwas. Mal sehen, was uns der Pathologiebericht morgen bringt. Für heute machen wir Schluss. Ihr habt euch gut geschlagen. Ich wünsche euch einen schönen Abend.“
    „Gleichfalls, Chef.“
    Nachdem im Unterrichtsraum Stille eingekehrt ist, tritt di Flavio an das Fenster. Die Sonne ist verschwunden, der Himmel geht gerade in ein zartes Rosa über. In der nächsten Sekunde wird die Straßenbeleuchtung aufflammen und den Hafen in ein gelbliches Licht tauchen. Er liebt den Augenblick, wenn die Stadt beginnt, sich mit Licht zu schmücken. Am Freitag laufen um diese Zeit die Kreuzfahrtschiffe aus, über und über mit Lämpchen versehen, gleiten sie über das Wasser dem Horizont entgegen. Die Musik schallt manchmal hinüber. Aber heute ist erst Montag. Di Flavio greift nach seiner Lederjacke und zieht sie über. Für einen Moment schließt er die Augen und versucht seine Müdigkeit zu verscheuchen. Ihm ist elend zumute. Er verdrängt den Gedanken an das, was er in den Polizeiakten über den Fall in Sizilien gefunden hat. Eindeutig bestehen Parallelen zu diesem Mord. Er wird seine Erkenntnisse morgen mit Garcia besprechen.
    Sein Magen knurrt. Gut, dass Erica diesen Abend unterwegs ist und sich nicht in den Kopf gesetzt hat, irgendjemanden einzuladen, mit dem er Konversation pflegen muss. Eine schöne Portion Fettucine und ein Glas Rotwein schweben ihm vor. Er seufzt, lieber nicht. Mal wieder in seiner Heimatsprache Italienisch reden zu können und seine Freunde Enno und Francesco zu treffen ist auf alle Fälle ein Grund zur Freude. Er beginnt sich sofort besser zu fühlen.
    Kurze Zeit später verlässt er die Tiefgarage und ordnet sich in den laufenden Verkehr der Avenguda ein. Als der Passeig de Maritim sich vom Meer abwendet und in die Autobahn übergeht, bedauert er, nicht mit dem Fahrrad unterwegs zu sein. Ein, zwei Mal ist er an einem Sonntagmorgen den neu angelegten Radweg entlanggeradelt. Auf ihm konnte er von Palma immer am Meer entlang bis nach Can Pastilla fahren. Die salzige Luft wehte ihm in die Nase, sein Blick war auf das unendliche Blau gerichtet, nur Möwen kreischten, oder Kinder lärmten auf Rollerskates. Ansonsten fehlt den ausufernden Badeorten um Palma in seinen Augen der Feriencharme. Das Hinterland ist flach, und die Baulöwen haben sich ungehindert ausgetobt. Erica beabsichtigt, in einem dieser Orte eine Wohnung mit Meerblick zu kaufen, um die Erbschaft einer Tante anzulegen, und hat ihn schon mehr als einmal zu

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