Tatort Mallorca - Die Tote in der Moenchsbucht
zurück, hört draußen das Meer rauschen, noch ist es nicht ganz dunkel. Der Himmel ist ein wenig diesig, zwei Wolken hängen an ihm wie an einer Wäscheleine. Eine nimmt die Form eines Engels an, bevor sie von der schon matten Sonne aufgelöst wird.
Kapitel 19 – Am Abend
Verärgert bemerkt Gwen, dass die von ihr entworfene Sitzordnung für das Abendessen im kleinen Kreis geändert wurde. Ihr Platz befindet sich jetzt weit entfernt vom Meister. Dumm, denn viele Fragen brennen ihr auf der Zunge, und das Essen wäre eine gute Gelegenheit, sie zu klären. Rebekkas Verdächtigungen bohren wie Stachel in ihrem Inneren. Sie versucht die Angelegenheit runterzuspielen, um sich zu beruhigen, und predigt sich Geduld. Es ist wichtig, einen günstigen Moment abzuwarten. Die kleine Pause zwischen den verschiedenen Essensgängen bietet sich geradezu an, und Gwen hastet zu Hetyei, der neben Margo sitzt. Sie lächelt Margo zu. „Deine Rede war überaus faszinierend, Margo. Besonders den Ansatz über die engere Zusammenarbeit der Gruppen fand ich bemerkenswert. Schwebt dir da etwas Besonderes vor? Existieren bereits Ansätze, wie dies im Speziellen aussehen könnte? Es wäre wünschenswert, alles nach dem Kongress gründlich im kleinen Kreis näher zu erläutern.“
Margo wirft Hetyei einen Blick zu. Gwen fängt ihn auf, und schlagartig ist ihr klar, dass Rebekka recht hat. Die beiden planen etwas ohne sie. Es ist, als würde sie einen Schlag in den Magen erhalten. „Ich bin der Meinung, am heutigen Abend sollten wir den Heilaspekten des Kongresses den Vorrang einräumen“, mischt sich der Meister ein.
„Wir sprechen ein anderes Mal über dieses Thema, Gwen, wenn du einverstanden bist“, beeilt sich Margo beizupflichten, wohl auch, um die eisige Stimmung, die plötzlich im Raum steht, zu zerstreuen.
In Gwen brodelt es. Nur mühsam kann sie ihre Fassung wahren. Sie murmelt: „Ja, sicher.“
„Deine Organisation ist übrigens hervorragend, Gwen. Kompliment.“
„Danke.“
„Ich kann mich Margo nur anschließen, hervorragend, deine Arbeit.“ Hetyeis Worte scheinen sie zu verhöhnen. „Es ist wichtig, die Freundschaft zwischen den Gruppen zu intensivieren. Ich bin sicher, du bist meiner Meinung. Wir werden das im Auge behalten.“ Er winkt die Bedienung zu sich: „Könnten Sie mir bitte noch eine Flasche Mineralwasser herstellen? Danke.“
Gwen steht wie eine überflüssige Dekoration am Tisch. Pflichtschuldig hat man das Dekor am Anfang des Abends bewundert, jetzt stört es mehr, als dass es schmückt.
Sie raucht vor Wut. Wie kann Hetyei ihr dermaßen deutlich und vor allen anderen zu verstehen geben, wie unerwünscht sie ist? Das ist eine bodenlose Frechheit von ihm. Grimmig tritt sie den Rückzug an. Die Kränkung brodelt wie kochendes Wasser und verbrüht ihr empfindliches Inneres. Sie wettert leise vor sich hin: „Diese Unverschämtheit, was bildet er sich ein? Ich mache die gesamte Kleinarbeit, halte ihm alles Unangenehme vom Hals, kümmere mich um alle Details. Die Finanzen, die Leitung der Buchhaltung, die Forschung, abgesehen von den ärztlichen Belangen. Es ist dermaßen ungerecht, geradezu empörend. Ich bin Ärztin und kein Verwaltungsdackel, den er einfach rumkommandieren kann, wie er will.“
Sie nimmt ihren Platz wieder ein. Der Ärger stößt ihr sauer auf. Der Appetit ist ihr vergangen, und sie schüttelt den Kopf, als der Kellner den nächsten Gang serviert. Als das Essen endlich zu Ende ist, sucht sie nach Rebekka, aber Rebekkas Zimmertür ist verschlossen. Enttäuscht geht sie in ihr Hotelzimmer zurück.
Kapitel 20
Im Unterrichtsraum sammeln sich alle vor dem Bildschirm des Franzosen. „Schauen Sie, Commissario.“
Di Flavio beugt sich zum Monitor. Das Bild zeigt eine etwa zwei Zentimeter dicke, kirschähnliche Kugel, eingebettet in fünf saftig grüne Blätter. Die Kugel blickt ihm wie ein schwarzes Auge entgegen. Tollkirsche, Buschkirsche, Tintenbeere, Wolfsauge, Teufelsbeere, Schwindelbeere, Schlafkraut, Schöne Frau, Walkürenbeere , steht unter der Abbildung.
Di Flavio nickt. „Mmhm, ja, das könnte hinkommen. Die Pupillenerweiterung ...“
„Hier steht es: Tödlich, giftig, bei Kindern reichen drei bis vier Beeren, bei Erwachsenen zehn bis zwölf. Hauptwirkstoff ist das Alkaloid Hyoscyamin.“
„Habe ich in meiner Ausbildung genauer kennengelernt: Atropin, eine schlimme Droge. Verursacht ein ausgedehntes Rauschgefühl, das vier bis fünf Stunden dauern kann, je nach
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