Tatort Mallorca - Die Tote in der Moenchsbucht
Séance war Ulla laut Anja die gesamte Zeit nicht ansprechbar. Als sie zu sich kam, war er nicht mehr im Haus. Er musste sich schließlich um Margo kümmern.“
Als Gwen bemerkt, was Rebekka ihr über die Tatsache hinaus, dass Ulla das Geheimnis noch hütet, suggerieren will, fragt sie ungläubig: „Du meinst, er hat mit Ulla in der ersten Nacht, als die beiden allein waren, geschlafen? Das kann ich nicht glauben.“ Sie schüttelt den Kopf.
„Glaub es, oder glaub es nicht. Er hat ihr eine rote Rose ins Zimmer gelegt. Ich habe es gesehen. Reiner Zufall. Als ich kam, schnitt er die Rose gerade ab. Im Dunkeln! Er wurde rot und meinte nur: „Wir brauchen ein gutes Zeichen.“ Gutes Zeichen! Er hat die Rose mit in sein Zimmer genommen. Da war sie aber nachher nicht, und wohin, bitte schön, führt die Verbindungstür? In das Zimmer von Ulla.“
„Dass er dieses Zimmer für sie auswählte, hat mich auch stutzig gemacht.“
„Siehst du?“
„Ach, Rebekka, was machen wir nun?“ Gwen ist mit einem mal müde und ausgelaugt. Sie kann keinen klaren Gedanken mehr fassen.
Rebekka ist mit zwei Schritten bei ihr und legt die Arme um sie. „Wir kriegen das schon hin.“
Sie überragt Gwen um eine Kopflänge, Gwen reicht ihr bis zur Schulter. Einen Moment gibt Gwen nach und vergräbt ihr Gesicht an Rebekkas Brust. Sie möchte weinen. Rebekka streichelt ihren Rücken und flüstert ihr leise Worte zu. Worte wie Seide, ruhig und geduldig. Ein warmes, sanftes Gefühl bemächtigt sich Gwens, als es übergeht in ein heftiges Verlagen, die andere ebenfalls zu umarmen, ihre gebräunte Haut zu streicheln, befreit sie sich mit einem Ruck. Um Fassung bemüht, stößt sie rau hervor: „Um drei Uhr stellt Ulla ihr Buch vor, wir können ihr ein Angebot machen.“
Rebekka sieht sie zärtlich zweifelnd von der Seite an. In ihren Augen tanzen amüsierte Lichter. „Das hat der Meister sicher schon getan.“
Gwen errötet. „Vielleicht nicht.“ Sie wendet sich einen Moment zur Seite, zieht den Atem scharf ein. Dann hat sie sich wieder in der Gewalt und wendet sich mit einem kühlen Gesichtsausdruck Rebekka zu. In ihrem Inneren sieht es alles andere als kühl aus.
Rebekka lächelt maliziös. „Und wenn wir Ulla unter einem Vorwand mit in das Landhaus nehmen? Wir initiieren eine Séance, und du findest heraus, welches Heilkraut ihre Mutter versteckt hält.“
„Also, ich weiß nicht. Aber ich gebe zu, die Vorstellung reizt. Wobei ich mir eine Séance ohne den Meister nicht vorstellen kann. Außerdem müsste Ulla einverstanden sein. Ich wüsste, wo ich ansetzen muss, wenn du mir hilfst.“ Gwen überlegt fieberhaft, wie sie ihr Ziel erreichen könnte.
„Sicher doch“, stimmt Rebekka ihr zu, und Gwen hofft auf einmal inbrünstig, dass alles wieder ins Lot kommt. Sie wird Ulla das Geheimnis entlocken, und der Meister wird sie dafür loben. Er wird sie nicht einfach hängen lassen. Sicher irrt Rebekka sich. Sie wird mit Hetyei sprechen, es wird sich alles aufklären. Vielleicht hat sie aufgrund ihrer Überarbeitung zu empfindlich reagiert. Um abzulenken, fragt sie: „Wo warst du gestern Abend? Neulich nach der Séance hat dich Anja auch gesucht, wohin verschwindest du eigentlich immer?“
„Ach komm, jetzt spiel nicht die Chefin. Gestern war ich mit dem Architekten aus, schließlich musste ich herausfinden, was läuft. Und neulich, da war ich nur kurz schwimmen, das habe ich Anja doch gleich gesagt. Ich verstehe dich nicht, das ist doch völlig unwichtig.“
Gwen wird ganz schlecht bei der Vorstellung, dass Rebekka mit einem jungen Mann tändelt. Das Bild, wie Rebekka den Mann küsst und zulässt, dass er ihr die Kleider vom Leib streift, lässt sie unwirsch brummeln: „Ja, ist ja schon gut, du hast recht, es ist unwichtig. Verzeih mir.“
„Frag lieber den Meister, wo er nach der Séance hingefahren ist, nachdem er Ulla abgeliefert hat. Ich habe ihn nämlich ziemlich aufgelöst ins Hotel kommen sehen. Ganz in Schwarz, übrigens. Es war ihm außerordentlich unangenehm, mir zu begegnen. Sein Gruß klang sehr gepresst.“ Rebekka grinst. „Ich gehe jetzt schwimmen, willst du nicht mitkommen? Das Wasser ist am Morgen herrlich frisch.“
„Nein danke.“
Rebekka schlüpft durch die Balkontür hinaus. Die ersten Morgensonnenstrahlen wagen sich vorsichtig in den vorderen Gartenteil, während Gwen Rebekka versonnen nachschaut. Der Geruch nach Salz steigt ihr in die Nase, und sie bedauert, Rebekkas Einladung abgelehnt zu haben.
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