Tatort Mallorca - Die Tote in der Moenchsbucht
findet.
„Mmhm, viel kann man nicht sehen. Leider ist heute kein Vollmond“, murmelt er enttäuscht vor sich hin.
„Warten Sie, dort, sehen Sie die kleinen Lichtpünktchen? Natürlich, es muss ja jemand da unten sein. Wenn das Konzert zu Ende ist, schicke ich ein Taxi hin, das holt die beiden Frauen ab, und sie fahren mit der Gruppe zurück nach Peguera. Vielleicht sehen wir uns dann noch, und Sie können mit ihnen sprechen. Wenn Sie wollen ...“
„Ich glaube nicht, ich muss zu meiner Frau, aber danke. Oder doch? Vielleicht, ich schau mal.“
Die Kirchenglocken beginnen zu läuten, und di Flavio verabschiedet sich. „Ich muss gehen. Sonst bekomme ich Ärger“, sagt er lachend und tätschelt nochmals kurz den Hund: „Arrivederci, Max.“
„Das ist mein Mann“, sagt Erica kurze Zeit darauf, und er begrüßt artig das Ehepaar, dem er vorgestellt wird. Mit Genugtuung stellt di Flavio fest, dass sie am Rand der Reihe sitzen, und es gelingt ihm, den Außenplatz zu ergattern. Vielleicht kann er nachher unbemerkt zwischen zwei Stücken kurz hinausgehen, er ist nervös. Sein Gefühl sagt ihm, dass irgendwas ganz und gar nicht in Ordnung ist, und sein Gespür hat ihn selten betrogen.
Er sieht, dass der Wanderführer in der letzten Reihe sitzt, anscheinend, um ab und an rauszugehen und seinem Hund gut zuzureden.
Die Orgel setzt ein. Nach einer Weile beruhigt sich di Flavios Gemüt, denn der Mann dort oben versteht sein Geschäft, die Töne verbreiten sich sanft und träumerisch in der kleinen Kirche und sprechen von Frieden und Liebe. Wenn dem nur so wäre, fällt ihm ein. Als der Priester nach der Eingangsmusik mit der Liturgie anfängt, ebenfalls den Frieden der Welt zu beschwören, denkt er: Wenn jeder bei seinem Nächsten anfängt, wäre das Problem gelöst. Er lächelt seiner Frau zu. Die Musik setzt wieder ein, wie schön. Der Commissario schlummert ein wenig ein, sein Unterbewusstsein entführt ihn über das Meer in heimatliche Gefilde.
Unruhe im Saal übertönt plötzlich selbst die herrlichen Orgelakkorde. Er blickt sich um, sieht, dass Gunter aufsteht, hört irgendwas von Feuer, erhebt sich mit einer kleinen Entschuldigung zu Erica ebenfalls und geht hinaus.
Vor der Kirche rennen aufgeregte Männer hin und her, sie schreien: „Die Feuerwehr, alle an die Rohre!“
„Wir können doch den Gottesdienst nicht stören, die meisten sitzen mit ihren Familien da drinnen.“
„Brand ist Brand, was heißt hier Gottesdienst. Wenn das Feuer nun wieder übergreift ...“
„Diese blöden Schamanen, sollen sie doch niederbrennen, sind doch zurzeit alle bei dem Kongress. Das Haus kann ruhig zerstört werden, dann sind wir sie wenigstens los.“
Di Flavio versteht nicht alles, was hier auf Mallorquinisch durch die Luft schwebt, nur so viel hat er aufgeschnappt: Das Haus der Schamanen brennt. Er rennt zu Straße. Wo ist Gunter mit seinem Hund? Er findet ihn an dem Platz, an dem sie vorhin standen. Gunter telefoniert. Ohne sein Handy vom Ohr zu nehmen, zeigt er auf das jetzt hell leuchtende Gebäude, aus dem die Flammen zum Himmel steigen. Als er auflegt, fragt er: „Kommen Sie mit? Ich fahre runter, ich muss schauen, ob ich die beiden Frauen retten kann. Mein Auto steht gleich dort vorn.“
Di Flavio überlegt nicht lange. Während Gunter in das Auto steigt, telefoniert er ebenfalls. Jetzt ist Garcia gefordert, auf die Staatsanwältin können sie pfeifen. Er berichtet kurz. Garcia versteht zum Glück sofort den Ernst der Lage, und er hört ihn über die Sonderleitung die Feuerwehr verständigen. „Die Feuerwehr aus Calvia ist im Anmarsch“, sagt er zu Gunter, als dieser bereits den ersten Gang einlegt.
„Super.“
„Meine Frau, entschuldigen Sie“, sagt der Commissario dann und wählt. „Ja, Liebling, tut mir leid, ich muss weg, bitte fahr allein nach Hause oder mit deinen Bekannten, den Wagen kann ich dann auch holen lassen ... Ja ..., nein ..., ti amo … die Leitung, ein Funkloch …” Er klappt das Handy zu.
„Igitt, sind wir hier im Funkloch, ich hatte gehofft, vielleicht per Handy zu erfahren, wo Julia ...“
„Keine Angst, das war nur ein ganz, ganz, kleiner Trick. Meine Frau Erica ... Aber schauen Sie nur, die Flammen. Wenn das Feuer nicht so zerstörerisch wäre, es wäre richtig schön.“
Kapitel 36
Gwen öffnet die Augen als jemand an ihrem Arm rüttelt. Unwirsch murmelt sie: „Ich bin so nahe dran, warum schon wieder?“ Dann schlägt sie die Lider auf und blickt geradewegs
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