Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten
Fußbodens. Hochinteressant, so ein Fußboden – hatte Alex denn gar keine Lust, sich mit ihr zu treffen?
»So ein Waffelstand ist doch eine ziemlich große Verantwortung«, fuhr sie verzweifelt fort. »Die sollten wir nicht auf die leichte Schulter nehmen. Hast du dir zum Beispiel schon Gedanken darüber gemacht, was es dazu geben soll? Sollen wir einfach Puderzucker drüberstreuen …«
Alexander kniff die Augen zusammen und schaute sie prüfend an.
»Oder Marmelade oder … Schlag…sahne«, stammelte sie.
»Franziska?«
»Hm?«
»Ist irgendwas?«
Franziska nickte stumm und war den Tränen nahe. Sie konnte sich nicht erinnern, sich jemals so lächerlich gemacht zu haben.
»Zu dir oder zu mir?«, fragte er grinsend.
✶ ✶ ✶
Zwei Stunden später saßen sie sich im Schneidersitz auf seinem Bett gegenüber. In der Hand hielten sie jeweils einen großen Löffel. Zwischen ihnen stand eine Zweiliterpackung Vanille-Krokant-Eis.
»Beim Essen kann man am besten diskutieren, sagt mein Vater immer.«
»Du bist echt zu beneiden«, sagte Franziska.
»Wie meinst du das?«
»Du hat total nette Eltern, ein super Zuhause, einen Haufen Freunde …«
»Und schmutzige Füße«, ergänzte er. »Guck mal!« Er zeigte ihr die Unterseite seiner Socke.
»Alex, ich meine es ernst.«
»Aber du hast doch auch ein tolles Zuhause. Eine nette Mutter … und sogar einen Bruder. Ich hab mir schon immer eine kleine Schwester gewünscht.«
»Wirklich?«
»Ja, so eine richtig süße kleine Nervensäge. Also was willst du eigentlich?«
»Ich will, dass der Typ verschwindet.«
»Dieser Leif?«
»Ja.«
»Und was ist an dem so schlimm?«
»Frag lieber, was an dem gut ist. Darüber habe ich wirklich lange nachgedacht, und die Antwort lautet: nichts! Sein Outfit ist megapeinlich, seine Jeans immer ‘ne Nummer zu eng und sein Hemd manchmal bis zum Bauchnabel offen. Dabei hab ich nie darum gebeten, mir seine Brusthaare aus der Nähe ansehen zu dürfen. Und diese Sonnenbrille …«
»Was ist mit der Sonnenbrille?«
»Die trägt er ständig auf dem Kopf, sogar im Kino! Kannst du dir das vorstellen? Ich meine, wie bescheuert ist das denn!«
»Scheint sich ja um einen extrem coolen Typen zu handeln.«
»Ja, echt supercool.« Franziska sprang vom Bett herunter, ahmte Leifs Cowboygang nach und sagte mit tiefer, rauchiger Stimme: »Hey, Babe, ich bin Leif, der große Bärenjäger. Ich war im brasilianischen Urwald, habe die ganze Welt gesehen und spreche dreiundzwanzig Sprachen. Als Geschäftsmann habe ich Millionen gescheffelt, aber das ist mir egal, weil ich ein echter Lebenskünstler und Naturbursche bin. Ich zeig dir meine tolle Waldhütte, und wenn ein Wolf vorbeikommt, dann erwürge ich ihn mit der bloßen Hand.«
»Wirklich hollywoodreif«, sagte Alexander beeindruckt. »Du könnest glatt Håkon Konkurrenz machen. Das hat er gesagt?«
»Na ja, so ähnlich.« Franziska hockte sich wieder aufs Bett und drehte mit dem Löffel das Eis in der Packung herum, sodass die cremige, halb geschmolzene Seite nach oben zeigte.
»Mit der Hütte, das ist übrigens nichts Besonderes«, sagte Alexander. »Die meisten Leute, die ich kenne, haben für die Wochenenden und Ferien irgendeine Hütte im Wald oder am Fjord.«
»Echt, ihr auch?«
»Ja, die hat mein Vater von seinen Eltern geerbt. Ist wirklich hübsch. Liegt ungefähr eine Stunde von hier entfernt.«
Franziska runzelte die Stirn. »Hab’s mir doch gedacht.«
»Was ist dieser Leif eigentlich von Beruf?«, wollte Alexander wissen.
»Nichts.«
»Wie, nichts?«
»Jedenfalls arbeitet er nicht.«
»Und wovon lebt er?«
Franziska klatschte demonstrativ Beifall. »Man merkt, dass dein Vater Polizist ist. Du stellst jedenfalls genau die richtigen Fragen – im Gegensatz zu meiner Mutter … mmh, das Eis ist wirklich köstlich!«
»Und wovon lebt er jetzt?«
»Angeblich hat er Ersparnisse von früher. Meistens liegt er aber uns auf der Tasche.«
»Und wo wohnt er?«
»Tja, wo wohnt er eigentlich?«, wiederholte sie mit glockenhellem Lachen. »Das ist die nächste Frage, die keiner beantworten kann. All diese Dinge habe ich meine Mutter neulich auch gefragt, und weißt du, was sie geantwortet hat? Dass Männer es nicht mögen, wenn man zu viele Fragen stellt. Zu viele Fragen! Hier geht es ja wohl um die simpelsten Dinge. Wieso kann der Typ nicht einfach sagen: Hallo, ich heiße Leif, bin Hausmeister und wohne am Drammensveien 24 oder weiß der Teufel wo? Aber nein, er muss
Weitere Kostenlose Bücher