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Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten

Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten

Titel: Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knut Krueger
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natürlich um alles ein großes Geheimnis machen.«
    »Hört sich wirklich ziemlich rätselhaft an«, musste Alexander zugeben.
    »Und genau das gefällt ihr daran!« Franziskas Zeigefinger schoss so schnell auf Alexander zu, dass er unwillkürlich zurückwich. »Sie findet diesen rätselhaften Typen ja soooo spannend. Aber wenn das Rätsel irgendwann gelüftet ist, was dann? Dann bleibt nur der aufgeblasene Schwachkopf übrig, der er ist!« Franziska hatte sich so in Rage geredet, dass sie den Eislöffel wild durch die Luft schwang, statt ihn sich in den Mund zu stecken. Alexander sah das Eis schon durch sein Zimmer fliegen.
    »Und wie sieht Lukas das?«
    »Lukas? Der kapiert doch überhaupt nichts!« Ihre Stimme überschlug sich fast. Dann besann sie sich, ließ den Löffel zu Alexanders Beruhigung zwischen ihren Lippen verschwinden und wendete danach erneut das Eis in der Packung. »Schmeckt wirklich super, das müssen wir auch mal kaufen.« Genüsslich hebelte sie ein riesiges Krokantstück aus der Masse. Dann führte sie ihren Löffel rundum am Rand entlang, ihre bevorzugte Eisesstechnik.
    »Das Problem mit Lukas ist, dass man sich nicht auf ihn verlassen kann«, fuhr sie mit ruhiger Stimme fort. »Am Anfang fand er Leif genauso blöd wie ich, aber inzwischen ist er Mitglied in seinem Fanklub geworden. Und jetzt will uns Leif auch noch auf diese Hütte mitnehmen … sag mal, gibt’s hier wirklich Wölfe und Bären?«
    »Wer sagt das?«
    »Na, wer wohl.«
    »Wenn du hier Wölfe und Bären sehen willst, dann musst du in den Zoo gehen. Der Typ scheint ja wirklich jede Menge Schwachsinn von sich zu geben.«
    »Und Elche?«
    »Elche sind extrem scheue Tiere. Also ich hab in meinem ganzen Leben noch keinen Elch gesehen. Meine Mutter übrigens auch nicht. Nur mein Vater, aber der ist ja auch der totale Sportfanatiker und geht ständig im Wald joggen oder Ski laufen. Wie sollen die Elche da alle rechtzeitig ausweichen?«
    »Kannst du dir Leif nicht mal ansehen?«, fragte Franziska. »Du kannst einfach viel besser beurteilen als ich, ob das nun der norwegische Durchschnittstyp ist oder ob der schwer einen an der Waffel hat.«
    »Apropos Waffel, nehmen wir jetzt Puderzucker oder Schlagsahne?«, fragte Alexander.
    Sie streckte ihm mit übertriebener Geste die Zunge heraus und löffelte die letzten flüssigen Eisreste aus der Packung.
    »Schon gut, ich schau ihn mir mal an«, sagte er lächelnd.
    ✶ ✶ ✶
    Als Franziska sich wenig später auf den Heimweg machte, hatte sie einen kalten Bauch und ein leichtes Herz. Dennoch war da etwas, das sie mächtig irritierte. Es war der schönste Nachmittag gewesen, den sie in Oslo bisher erlebt hatte, doch aus irgendeinem Grund gefiel ihr das überhaupt nicht.
    Manchmal kam ihr das Leben wie ein ständiges Tauziehen vor, bei dem man nie nachlassen durfte, um nicht auf die falsche Seite gezogen zu werden. Ihre Mutter zerrte an einem Ende, sie am anderen. Lukas war dieser Wettkampf zu anstrengend geworden, deshalb hatte er das Tau einfach losgelassen – was bedeutete, dass sie jetzt doppelte Arbeit verrichten musste.
    Und Alexander? Es tat so gut, einen Verbündeten zu haben. Jemanden, dem sie sich anvertrauen konnte. Bei dem sie sich entspannen und ganz sie selbst sein konnte. Doch wenn sie sich jetzt entspannte, würde ihre Mutter leichtes Spiel haben und das Tauziehen gewinnen, und das durfte sie nicht zulassen.

Kapitel 20
    Es lag Schnee in der Luft. Man konnte ihn förmlich riechen, ehe er da war. Milchiges Mondlicht verwandelte die Skischanze am Holmenkollen in einen bleichen Brontosaurus, der seinen Kopf in den frostigen Himmel reckte. Ob auch er den Schnee roch? Petter hatte das mulmige Gefühl, er würde sie beobachten. Der Dinosaurier schien über die sanften Hügel zu wachen, deren feines Geflecht aus Straßen und Wegen von weiß gestrichenen Villen gesäumt wurde – als hätte er mit weißen Bauklötzen gespielt und sie dort zurückgelassen. Jeden Moment konnte sein Kopf nach unten schnellen und jedem den Garaus machen, der unbefugt in sein Territorium eingedrungen war.
    Was bist du nur für ein Jammerlappen, dachte sich Petter, dem diese Gegend von Kindheit an vertraut war. Unzählige Male hatte er schon zu der steil aufragenden Schanze emporgeblickt und nun fürchtete er sich plötzlich wie ein Kind in der Geisterbahn. Einfach lächerlich! In zwei, drei Stunden würde alles überstanden sein. Dann konnte er seinen Gewinn einstreichen, Morten in den Wind schießen und

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