Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten
Leif. »In der freien Natur ist man völlig auf sich allein gestellt. Da muss man sich verteidigen können. Also werden wir Männer die Bewachung der Hütte übernehmen, was, Lukas?« Er legte dem Jungen den Arm um die Schultern.
»Klar, kein Problem«, antwortete der lässig und legte Leif den Arm um die Hüften. So standen sie Seite an Seite und streckten stolz die Brust heraus, als hätten sie bereits ihren ersten Bären erlegt.
Gleich ritzen sie sich die Arme und schließen Blutsbrüderschaft, dachte Franziska konsterniert. Irgendwie lief das hier alles in die falsche Richtung. Wieso war ihr Bruder auch nur so ein einfältiger, bestechlicher kleiner Vollidiot? Mit dem konnte man einfach keine Aktion durchziehen. Wie oft hatte sie Lukas nicht eingeschärft, dass sie diesen solariumgebräunten Angeber wieder loswerden mussten, aber Lukas hatte darunter offenbar anfreunden verstanden. Wenn man ihm eine rote Sportkarre zeigte oder etwas von einer Waldhütte vorfaselte, dann knickte er sofort ein.
Franziska fühlte sich im Stich gelassen. An wen konnte sie sich jetzt noch wenden? Wen konnte sie ins Vertrauen ziehen? Sie brauchte definitiv einen neuen Verbündeten. Und es kam eigentlich nur eine Person infrage.
Kapitel 19
Franziska hatte sich lange überlegt, wie sie es anstellen würde. Sie konnte ja nicht einfach in der großen Pause zu ihm gehen und sagen: »Lieber Alexander, wollen wir uns heute Nachmittag im Frognerpark treffen, um ein bisschen unter uns zu sein? Ich brauche dringend deinen Rat, weil du mein bester Freund bist beziehungsweise weil ich nicht weiß, wen ich sonst fragen soll. Leider hat sich meine Mutter in einen bulimischen Bärenjäger mit Stirnglatze verliebt, der sich für Brad Pitt hält. Das Problem dabei ist, dass meine Mutter und mein Bruder ihn tatsächlich für Brad Pitt halten und nicht checken, dass er in Wahrheit nichts als ein egoistischer Fresssack und Angeber ist. Deshalb wollte ich dich fragen, ob du dir den Typ mal aus der Nähe angucken und mir hinterher sagen kannst, ob ich mich da in irgendwas reinsteigere, oder ob ich recht damit habe, dass man den Kerl schnellstmöglich zum Mond schießen sollte.«
Nein, so mir nichts, dir nichts konnte sie das Alexander nicht erzählen. Sie musste erst einmal einen Vorwand finden, um mit ihm allein zu sein.
Als in der nächsten Stunde die Aufgaben für die Jahresabschlussfeier verteilt wurden, wusste Franziska, dass sie sich diese Chance nicht entgehen lassen durfte. Daniel und Fredrik hatten sich bereits für das beliebte Schüler-gegen-Lehrer-Fußballspiel angemeldet, bei dem Mørk traditionell im Tor stand. Da letztes Jahr seine Brille zu Bruch gegangen war, wollte er es diesmal mit Kontaktlinsen probieren. Elias stand als Grillmeister fest, nachdem sein Vater so großzügig war, der Schule dreihundert Würstchen zu spendieren. Solveig und Linnea würden die Tombola übernehmen. Als Mørk nach zwei freiwilligen Waffelbäckern fragte, setzte Franziska alles auf eine Karte. Sie flüsterte Alexander kurz zu: »Hast du Lust?«, und ehe er protestieren konnte, schnellte schon ihr Finger nach oben. »Wir machen das!«, rief sie und legte Alexander rasch den Arm um die Schultern, um ihre Zusammengehörigkeit zu demonstrieren. Mørk schaute sie mit eigentümlichem Lächeln an. Wahrscheinlich hielt er sie jetzt für ein Paar, aber damit konnte Franziska leben. »Das ging ja schnell«, stellte er zufrieden fest und schrieb Waffelstand: Franziska + Alexander an die Tafel. Selma und Tonje kicherten.
Der nächste Schritt ihres Plans war allerdings auch nicht ganz einfach: Alexander zu einem Vorbereitungsgespräch unter vier Augen zu überreden. »Tja, dann … sollten wir uns wohl mal treffen, um die Organisation zu besprechen«, sagte sie nach der Stunde zu ihm.
Alexander schaute sie erstaunt an. »Was willst du denn da groß besprechen?«
»Na, zum Beispiel, wo wir die Waffeleisen herkriegen …«
»Es gibt doch zwei in der Schule.«
»Echt? Na, okay … wenn die überhaupt funktionieren«, entgegnete sie. »Aber wir brauchen auf jeden Fall ein Rezept. Und es gibt wirklich wahnsinnig viele Waffelrezepte, bestimmt über hundert!« Sie fuchtelte mit den Händen. »Vielleicht sollten wir die mal zusammen googeln.«
»Nicht nötig. Wir nehmen einfach diese Schüttelflaschen mit Pulver drin, die im Supermarkt rumstehen. Milch reingießen, schütteln, fertig.«
Franziska biss sich ratlos auf die Lippen und studierte aufmerksam das Muster des
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