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des Verfahrens herausstellt, dass die Fakten, auf die ich die Strategie aufgebaut habe, völlig falsch sind, wird Ihnen die Strategie nicht helfen, sondern schaden“, sagte Dr. Hansen und machte eine kurze Sprechpause, bevor er fortfuhr: „Ich bin Ihr Rechtswalt und damit eine Zusammenarbeit zwischenuns funktionieren kann, müssen wir uns gegenseitig hundertprozentig vertrauen. Deshalb muss ich Sie fragen, ob jemand aus Ihrem Haushalt sich bewusst oder unbewusst pornografische Fotos oder Videos aus dem Internet heruntergeladen haben könnte?“
„Nein“, meinte Till. „Mein Bruder ist Informatiker. Er hat gemeinsam mit uns und den Kindern genau dieses Thema mehrfach besprochen. Wir alle kennen die rechtlichen Konsequenzen, was bei unsachgemäßer Benutzung einer solchen Software passieren kann. Mein Bruder hat uns darüber hinaus auch über die sehr hohe Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden, aufgeklärt, auch bei Einsatz von Programmen, die Anonymität im Internet versprechen. Aus diesem Grund haben wir unseren Kindern ein gemeinsames Konto bei iTunes für Musik und Filme eingerichtet. Beide können sich bis zu einem bestimmten Limit selbst bedienen und tauschen die Songs und Filme untereinander aus. Beide Kinder haben darauf verzichtet, selbst Software auf ihren Computer installieren zu können. Das übernimmt immer der Onkel per Fernwartung. Also kann es keine Filesharing-Software auf den Computern der Kinder geben. Auch unsere Notebooks, das meiner Frau und mein eigenes, werden von meinem Bruder verwaltet. Der würde das sofort mitbekommen. Sie glauben gar nicht, was ich mir anhören musste, als er am Samstag hörte, dass ich selbstständig ein WLAN eingerichtet habe. Er hätte mir fast den Kopf abgerissen, na ja, vielleicht ja sogar zu Recht. Ohne das von mir eingerichtete WLAN würden wir jetzt wohl diese Probleme nicht haben.“
Till fuhr fort: „Übrigens soll ich Ihnen von meinem Bruder noch die CD mit dem YouTube-Video, eine Kopie der Drohungen auf YouTube und eine Beschreibung über die Absicherung unserer Computer und des WLANs geben. Dazu hat er schriftlich dargelegt, wie das von mir eingerichtete WLAN manipuliert worden sein könnte, trotz des MAC-Address-Filters. Mein Bruder meinte auch, dass mit gutenWLAN-Antennen unser WLAN durchaus aus einem, zwei vielleicht sogar mehr Kilometern Entfernung nutzbar gewesen wäre.“
„Gut“, meinte der Anwalt. „Neben der eigentlichen Strafverfolgung haben Sie aber noch andere Probleme, wie Sie am Telefon sagten.“
„Ja, es geht um die Dateien meiner beruflichen Arbeit.“ Till erläuterte kurz, worum es bei dem Projekt ging, das er als Freiberufler betreute. „Das Honorar dafür wird sich auf rund hunderttausend Euro belaufen. Seit sechs Monaten arbeite ich nur an diesem einen Auftrag und habe keine anderen Einnahmen in der Zeit gehabt. Sie können sich vorstellen, wie unser Kontostand aussieht. Der Witz ist, dass ich die Arbeit seit vier Tagen termingerecht abgeschlossen habe. Ich habe heute Nachmittag die Abschlussbesprechung mit meinem Kunden und muss bis spätestens Donnerstag die Analysen übergeben. Dann erhalte ich sofort das Geld. Nur habe ich die Daten nicht mehr, weil ausgerechnet jetzt die Polizei alles vollständig beschlagnahmt hat.“
„Das sollte kein Problem sein. Ich werde versuchen, Ihnen eine Kopie der Daten zugänglich zu machen“, versprach Dr. Hansen. „Ich hake auch auch noch mal wegen des Videos bei Youtube nach. Ihren Nachbarn Linda und Claudia Vogel habe ich klargemacht, dass ich morgen eine Klage einreichen werde, wenn die Unterlassungserklärungen nicht bis morgen, zwölf Uhr, bei mir eingegangen sind. Wegen des Hassplakats an Ihrer Haustür liegen juristisch gesprochen eine Sachbeschädigung und eine Bedrohung vor. Haben Sie einen Verdacht, wer das gewesen sein könnte?“, fragte er die beiden.
„Unsere Tochter meint, die Handschrift von Linda Vogel wiedererkannt zu haben“, sagte Susan.
„Gut, kann ich das Plakat haben? Eventuell wird die Polizei auch davon Fingerabdrücke nehmen.“ Till übergab dem Anwalt das Plakat.
„Über alles Weitere sprechen wir, sobald ich Akteneinsicht erhalten und mit dem zuständigen Staatsanwalt gesprochen habe. Ich hoffe, dass beides noch heute erledigt wird.“
Die Abschlussbesprechung am Nachmittag bei der HEV Werks AG verlief wider Erwarten unkompliziert. Der Vorstand war erfreut, keine für Unternehmensberater typische Power-Point-Präsentation, sondern eine fachliche
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