Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko
vorzeigbar, als ich abends rausging. Ich räumte vor allem auf, indem ich bis zum Gehtnichtmehr Kartons voller Krimskrams in den unbenutzten Zimmern aufstapelte. Solange Yolanda sich nur in Wohnzimmer, Küche und meinem alten Schlafzimmer aufhielt, war das Haus akzeptabel.
Es war ungefähr halb neun, als ich über die Straße ging. Ich hatte die Nase voll vom Saubermachen und war ein bisschen kribbelig, deshalb beschloss ich, früher rüberzugehen und ein bisschen was zu trinken. Ich hatte seit dem Abend in Mexicali keinen Alkohol mehr angerührt und hatte welchen nötig.
Ich sah sofort Bobbys Ranchero, der zwischen zwei schlammverkrusteten Pick-ups vor der Morales Bar parkte. Ich hoffte nur,
dass ich entspannt ein paar trinken konnte, ohne dass es in einer Kneipenprügelei endete. Na ja, man darf ja wohl noch träumen.
»Was machst du denn hier?«, fragte ich Bobby.
»Ich gebe dir ein paar Bier aus«, sagte er und sein Blick huschte zu zwei Bierflaschen vor ihm auf dem Tisch.
Ich drückte ihm die Schulter und setzte mich ihm gegenüber. Ich hielt die Flasche kurz in der Hand und betrachtete die Flüssigkeit darin, bevor ich einen langen, kalten Zug nahm. »Bist du gekommen, um einen Blick auf Yolanda zu werfen?«
»Na klar! Machst du Witze? Wenn ich ein Buch anfange, lese ich es auch zu Ende. Das wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen. Um nichts in der Welt«, sagte er grinsend.
»Pass auf, dass ich mich nicht besaufe, okay?«
»Ich bin wahrscheinlich als Aufpasser nicht die beste Wahl. Ich hole noch zwei Bier.«
Zwei Stunden später war ich angeheitert, aber nicht betrunken. Ich hatte mich gezwungen, langsam zu trinken, statt zu kippen. Bei dieser Hitze wollte man am liebsten einfach jede Flüssigkeit, die vor einem stand, schlucken. Aber ich wollte auf keinen Fall stinkbesoffen umfallen, wenn Yolanda kam.
Kurz nach halb elf erschien Little Piwi. Sein massiver Körper füllte den Türrahmen vollkommen aus. Er schaute sich langsam um und betrat dann die Bar, gefolgt von Alejandro. In ihrem Gefolge kamen fünf Frauen herein. Alle trugen Kleider, die aussahen wie abgelegte Brautjungfernkleider. Taft und jede Menge Rüschen. Die Männer im Laden wurden direkt munter. Ich beobachtete sogar, wie zwei Feldarbeiter in schlammverkrusteten Stiefeln ihre karierten Hemdskragen richteten und ihre schweißfleckigen Mützen abnahmen. Als Nächstes würden sie sich sicher mit angefeuchteten Fingern die Augenbrauen glatt streichen.
Alejandro nahm Augenkontakt mit mir auf, schenkte mir sein bestes Hailächeln und nickte, ging dann aber zu Mr. Morales hinüber, der ans Ende der Theke kam, um ihn zu begrüßen. Sie gaben sich die Hand und wechselten ein paar Worte, wobei sie sich
vorbeugten, um sich etwas ins Ohr zu flüstern. Von Weitem sah es aus, als würden sie knutschen. Die Mädchen blieben bei Little Piwi nahe der Hintertür. Die jüngeren starrten ängstlich und mit weit aufgerissenen Augen die lechzenden Männer an. Die älteren – dicke Lagen Schminke verrieten ihr Alter – wirkten so müde, dass ihnen alles egal war.
Keines der Mädchen entsprach Pops Beschreibung von Yolanda. Sie waren alle ziemlich klein, unter eins fünfundsechzig. Bobby konnte meine Gedanken lesen.
»Hast du nicht gesagt, sie wäre ziemlich groß? Ein paar von den Mädchen sehen aus, als hätten sie sich aus Liliput eingeschlichen, nicht aus Mexiko.«
»Meinst du, er versucht, mich auszutricksen?«, fragte ich.
»Ich wüsste nicht wie, aber wir werden ja sehen.« Bobby deutete mit dem Kinn auf Alejandro, der an unseren Tisch kam.
»Buenas tardes, amigos« , sagte Alejandro, wobei er jedem von uns eine Hand auf die Schulter legte.
»Wo ist Yolanda?«, fragte ich und fürchtete schon, das Ganze wäre eine Riesenzeitverschwendung.
Alejandro lächelte. »Yolanda ist draußen in meinem Bus. Wenn ich sie hier reinbringe, denken alle, sie wäre zu haben … sie könnten sie kaufen. So gibt’s keine Missverständnisse, keinen Ärger. Jeder weiß, wer für wen bestimmt ist. Sie, deine Yolanda, ist nur für dich.«
Ich wollte aufstehen, aber Alejandro drückte mir leicht auf die Schulter. Fest genug, damit ich sitzen blieb. »Trinkt erst mal aus. Ich hab noch ein kleines Geschäft zu erledigen. Ein bisschen Geld verdienen. Geld kommt immer zuerst.«
Ich entschied mich, nicht zu drängen. Schließlich tat Tomás mir einen Gefallen und in gewisser Hinsicht Alejandro auch. Auch wenn er es nur widerwillig zu tun schien. Aber er
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