Tauchstation
seinen Griff nur ganz lang sam. Doch seine Sorge war unberechtigt: Als ihr Körper allmählich auftauchte, war er schlaff, und ihr Gesicht trieb unter der Wasseroberfläche.
Er zog sie an den Rand und hievte ihren Körper auf die marmorne Umrandung. Eine schaumige Mischung aus Schleim und Speichel rann ihr aus Nase und Mund. Als ihm klar wurde, dass sie tot war, lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken. Gleichzeitig begannen seine Zähne unkontrol liert zu klappern. Er hatte die Frau getötet, an der sein Herz hing!
Für einen Augenblick rührte er sich nicht vom Fleck. Er fragte sich, ob womöglich jemand Muras Schreie gehört hatte. Zum Glück war alles still. In einem weiteren Anfall von Panik zerrte er sie zum Bett, legte sie der Länge nach daneben und bedeckte sie mit dem Bettüberwurf. Dann rannte er am Pool vorbei hinaus in die Nacht.
Richards Bungalow war nur fünfzig Meter entfernt, so dass er nur wenige Sekunden brauchte. Er hämmerte wie wild gegen die Tür.
»Ich bin beschäftigt!«, brummte Richard von drinnen. »Kommen Sie später wieder – wer auch immer der Stören fried ist!«
»Richard!«, rief Michael. »Ich bin’s.«
»Das ist mir scheißegal!«, entgegnete Richard. »Ich habe alle Hände voll zu tun.«
»Es ist dringend, Richie!«, flehte Michael. »Ich muss so fort mit dir reden!«
Nach einer Litanei von Schimpfwörtern war kurze Zeit Ruhe. Dann riss Richard die Tür auf und grollte: »Hoffent lich hast du einen guten Grund.« Er war splitternackt.
»Wir haben ein Problem«, begann Michael.
»Gleich hast du noch eins«, drohte Richard. Dann regis trierte er, dass sein Freund klatschnass war. »Kannst du mir mal erklären, wieso du in voller Montur schwimmen gehst?«
»Komm mit in meinen Bungalow!«, stammelte Michael.
Richard merkte jetzt, wie aufgelöst sein Kumpel war. Er warf einen Blick über seine Schulter und vergewisserte sich, dass keine seiner drei Gespielinnen in Hörweite war. »Hat es etwas mit Sart zu tun?«, fragte er im Flüsterton.
»Dummerweise ja«, erwiderte Michael.
»Wo ist Mura?«
»Sie ist das Problem«, antwortete Michael. »Sie hat die Leiche entdeckt.«
»Ach du Scheiße!«, stöhnte Richard. »Ist sie durchge dreht?«
»Sie ist zur Furie geworden«, erwiderte Michael. »Du musst unbedingt mitkommen.«
»Okay. Reg dich nicht auf! Ist sie total durchgeknallt?«
»Ja, sie ist voll explodiert. Los! Beweg deinen Arsch zu mir rüber.«
»Nur keine Panik!«, versuchte Richard ihn zu beruhigen. »Und schrei nicht so laut! Ich komme gleich. Erst muss ich meine Freundinnen loswerden.«
Michael nickte. Dann knallte ihm sein Freund die Tür vor der Nase zu, und er drehte sich um und rannte zurück zu seinem Haus. Als Erstes sah er nach, ob Muras Leiche noch an ihrem Platz lag, dann zog er sich trockene Sachen an und wartete, wie ein Löwe im Käfig hin und her laufend, auf Richard.
Dieser hielt Wort und kreuzte tatsächlich nach fünf Mi nuten auf. Von der Türschwelle aus inspizierte er den Raum. Alles schien friedlich. Eigentlich hatte er erwartet, Mura laut schluchzend auf dem Bett vorzufinden, doch selt samerweise war sie nirgends zu sehen. »Wo ist sie denn?«, fragte er. »Im Bad?«
Anstatt zu antworten, bedeutete Michael seinem Freund, ihm zur anderen Seite des Bettes zu folgen. Dann griff er mit zittriger Hand nach der Tagesdecke, zog sie weg und entblößte die Leiche. Muras transparente Alabasterhaut war inzwischen blau gesprenkelt, und der aus ihrem Mund und ihrer Nase hervorquellende Schaum war mit Blut durch setzt.
»Was ist mit ihr?« Richard schnappte nach Luft. Er knie te vor Mura nieder und fühlte ihren Puls. Dann richtete er sich wieder auf. Der Schock stand ihm im Gesicht geschrie ben. »Sie ist tot!«
»Sie hat den Kühlschrank geöffnet und die Leiche entdeckt«, erklärte Michael.
»Das hast du mir bereits erzählt«, ächzte Richard und starrte seinen Freund an. »Aber warum hast du sie getötet?«
»Sie ist total durchgedreht«, erklärte Michael. »Sie hat geschrien wie eine Irre. Ich hatte Angst, dass sie die ganze verdammte Stadt aufweckt.«
»Und warum, zum Teufel, hast du sie an den Kühl schrank gelassen?«, fuhr Richard ihn wütend an.
»Ich habe für zwei Sekunden nicht aufgepasst«, erwider te Michael.
»Das war ein schwerer Fehler«, stellte Richard treffend fest.
»Du kannst gut reden«, wies Michael ihn zurecht. »Ich habe dir ja heute Morgen schon gesagt, dass ich die Leiche nicht bei mir behalten will.
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