Tauchstation
meinst du das?«
»Ich hätte mich klar entscheiden sollen«, erklärte Su zanne. »Entweder hätte ich dir verbieten sollen zu bleiben, oder ich hätte mich anders verhalten müssen. Was ich getan habe, war irgendetwas in der Mitte dazwischen.«
»Ich habe jede Minute mit dir genossen«, versicherte Garona. »Wir waren ja nicht auf ein bestimmtes Ziel fixiert. Das Wichtigste war doch, ein paar schöne Stunden miteinander zu verbringen, und genau das haben wir getan.«
Suzanne sah ihn an, als käme er von einem anderen Stern und bedauerte im Stillen, dass man offenbar erst in eine surreale, mythische Welt eintauchen musste, um auf einen gut aussehenden, empfindsamen Mann zu stoßen, der auf sie einging. Plötzlich verspürte sie ein großes Verlangen, ihn mitzunehmen zur Erdoberfläche, und dieser Gedanke holte sie jäh auf den Boden der Tatsachen zurück. Würde sie sel ber je zurückkehren können? Gleichzeitig musste sie an die andere wichtige und bislang unbeantwortete Frage denken. »Garona«, wandte sie sich plötzlich mit ernster Miene an ih ren Geliebten, »kannst du mir sagen, warum wir nach Inter terra geholt wurden?«
Er seufzte. »Tut mir Leid. Ich darf mich nicht in Araks An gelegenheiten mischen. Du und die anderen deiner Gruppe seid seine Schützlinge.«
»Aber mischst du dich denn ein, wenn du mir sagst, wa rum wir hier sind?«
»Ja«, erwiderte Garona, ohne zu zögern. »Bitte bring mich nicht in die Bredouille. Ich möchte wirklich gern offen und ehrlich mit dir sein, aber was das angeht, darf ich dir nichts sagen. Glaub mir, es fällt mir wirklich schwer, dir et was auszuschlagen.«
Suzanne musterte das Gesicht ihres neuen Freundes und sah, dass er es ehrlich meinte. » Es tut mir jetzt Leid, dass ich gefragt habe«, entschuldigte sie sich und hob ihre Hand. Sofort hob auch er seinen Arm, und sie drückten langsam ihre Handflächen gegeneinander. Suzanne lächelte zufrie den; allmählich gewöhnte sie sich an die interterranische Art der Liebesbekundung.
»Darf ich fragen, wie es mit dem Orientierungskurs vorangeht?«, fragte Garona.
»Ich würde sagen gut«, erwiderte Suzanne. »Arak und Sufa sind äußerst liebenswürdige Lehrer und Gastgeber.«
»Das will ich hoffen«, entgegnete Garona. »Schließlich haben sie ein Riesenglück, so eine interessante Gruppe zu leiten. Wie ich gehört habe, habt ihr schon einen Ausflug in die Stadt gemacht. Hat es euch gefallen?«
»Es war faszinierend«, erwiderte Suzanne. »Wir waren im Todescenter, im Zeugungscenter und haben uns Araks und Sufas Haus angesehen.«
»Da macht ihr aber schnelle Fortschritte«, stellte Garona fest. »Ich muss sagen – ich staune. Ich habe noch nie ge hört, dass Menschen der zweiten Generation an ihrem zwei ten Tag schon so weit waren. Und was sagst du zu all dem, was du gesehen und gehört hast? Sollte mich nicht wundern, wenn du ziemlich große Augen gemacht hast.«
»Für uns ist im wahrsten Sinne des Wortes alles schier un glaublich.«
»Gab es irgendetwas, das dich beunruhigt hat?«
Suzanne versuchte abzuschätzen, ob er eine ehrliche Antwort erwartete oder nur so dahingefragt hatte.
»Ja«, erwiderte sie schließlich. Sie hatte beschlossen, mit offenen Karten zu spielen, und erklärte ihm, wie unwohl sie sich gefühlt hatte, als man ihnen vorgeführt hatte, wie vier jährigen Kindern ihr Wesen implantiert wurde.
Garona nickte. »Ich verstehe sehr gut, was du meinst. Bei deinen jüdisch-christlichen Wurzeln ist deine Reaktion ganz natürlich. Ihr legt großen Wert auf die Individualität eines jeden Menschen. Aber ich kann dir versichern, dass es uns nicht anders geht. Das individuelle Wesen des Kindes wird nicht einfach ignoriert – es ist eher so, dass wir es dem implantierten Wesen hinzufügen. Auf diese Weise profitieren beide Wesen von dem Verfahren. Man könnte sagen, es ist eine wahre Symbiose.«
»Aber wie soll ich das Wesen eines Ungeborenen mit dem eines erwachsenen, erfahrenen Menschen messen können?«
»Du darfst es nicht wie einen Wettstreit betrachten«, er klärte Garona. »Beide Wesen profitieren von dem Prozess, wobei es natürlich auf der Hand liegt, dass das Kind einen größeren Nutzen hat. Das kann ich dir aus eigener Erfah rung bestätigen. Ich habe das Verfahren schon unzählige Male durchlaufen, und jeder neue Körper hat mein Wesen deutlich beeinflusst. Man empfängt tatsächlich etwas Zu sätzliches, das man vorher nicht hatte.«
»Tut mir Leid«, entgegnete Suzanne. »In
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