Taumel der Gefuehle - Roman
meinte Eastlyn. »Das ist ein Punkt, den wir nicht vernachlässigen dürfen. Ich habe mich ein wenig umgehört, und kann mit Sicherheit sagen, dass sie nicht bei der Baronin ist.«
»Und ich war auf Battenburn«, beeilte sich South. »Dort ist sie auch nicht.«
Northam hielt seine Tasse mit beiden Händen und führte sie an die Lippen. Der Kaffee war heiß, siedend heiß, aber genau das, was er brauchte, um seine Gedanken zu sammeln. »Louise kam zu mir, um zu fragen, wo Elizabeth sich aufhielte.«
Eine von Wests perfekt geschwungenen Brauen schoss in die Höhe. »Dann hat Elizabeth ihr nicht geschrieben?«
»Scheinbar nicht«, antwortete North. »Was mich wirklich überrascht. Louise war völlig aufgeregt, weil Elizabeth London verlassen hatte, ohne ihr ein Wort zu sagen. Sie glaubte mir nicht, dass Elizabeth auf Rosemont ist.«
Dankbar nahm South eine Tasse Kaffee von Eastlyn entgegen und lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Sie hat dich einen Lügner genannt, was?«
»Ich bin ein Lügner!«
»Nun, ja. Sie hätte sich trotzdem gewählter ausdrücken können.«
Nach einer kurzen Pause, in der North sich das Gespräch mit der Baronin ins Gedächtnis zurückrief, räusperte er sich kurz. »Das Seltsame war, dass sie sich mehr über Elizabeth als über mich zu ärgern schien.«
Mit einem lauten Klappern setzte Southerton seine Tasse ab. »Der Kaffee scheint Northam wieder zu sich gebracht zu haben«, sagte er, »und nun sollten wir im Kaffeesatz lesen.«
Ungläubig starrten ihn alle an.
»Im Kaffeesatz lesen«, wiederholte South. »Wahrsagen.« Er seufzte. »Ein misslungener Versuch, die Stimmung ein wenig aufzulockern. Vergebt mir.«
Zu Southertons großer Überraschung gratulierten ihm seine Freunde allerdings überschwänglich. Auch wenn die anderen es nicht gerne zugaben, so war South manchmal verblüffend genial.
Schneeflocken schmolzen auf der gläsernen Kuppel des Wintergartens. Elizabeth saß auf einer Steinbank vor den großen Fenstern und sah dem hellen Mond zu, der gemächlich seine Bahn zog. Sie drehte sich nicht um, als sie hörte, dass sich die Türen öffneten. Es war nicht ungewöhnlich
für Lord Worth, mit ihr hier zusammen den Abend ausklingen zu lassen, bevor sie sich auf ihre Zimmer zurückzogen. Erwartungsvoll lauschte sie auf das gewohnte Geräusch seiner Schritte, das wegen seines hölzernen Stockes unverwechselbar war. Was sie jedoch hörte, waren ganz andere Schritte, die ihr allerdings ebenso bekannt waren: gleichmäßig, kraftvoll und selbstbewusst. Die feinen Härchen auf ihrem Nacken standen ihr zu Berge, und ihre Schultern und der Rücken versteiften sich.
Sofort sprang sie auf und drehte sich langsam zu ihm um. Sie war dankbar, dass sie die Lampe gelöscht hatte, und nun allein der Mondschein seine und ihre Gesichtszüge erhellte. »Mylord«, begrüßte sie ihn leise.
»Mylady.«
Dann umhüllte sie Schweigen. Keiner bewegte sich.
Elizabeth sog scharf die Luft ein. »Du hast also den Gentleman-Dieb gefunden.«
Von all den Dingen, die sie ihm an den Kopf hätte werfen können, war North auf diese Aussage nicht gefasst gewesen. »Wie kommst du darauf?«
»Immerhin bist du hier.«
»Verdammt«, murmelte er vor sich hin. »Ich bin deinetwegen hier. Ich habe keinen Gedanken an den Dieb vergeudet, seitdem du fort bist.«
Sie lächelte matt. »Wirklich?«
»Natürlich.« North fuhr sich durch das dicke Haar. »Ich möchte nicht über den Dieb sprechen, Elizabeth.«
Auch sie wollte es nicht. Nicht jetzt. Sie nickte kurz. »Weiß dein Großvater, dass du hier bist?«
»Ja. Er nannte mich einen Narren, so lange gebraucht zu haben, dich zu finden.«
Elizabeth presste die Lippen fest aufeinander, um ein Lächeln zu unterdrücken.
»Und einen Toren, dich überhaupt gehen zu lassen.«
Überrascht öffnete sie den Mund.
»Ich stimmte ihm zu.« Der Hauch eines Grinsens umspielte Northams Mundwinkel. »Mit ihm übereinzustimmen ist die schnellste Möglichkeit, sich zu versöhnen. In diesem Fall habe ich ihm jedoch beigepflichtet, da er Recht hatte. In den letzten zwei Wochen habe ich mich weit Schlimmeres genannt als einen Narren und Toren.«
»North.«
»Ich hätte dich niemals wegschicken dürfen.«
Für einen Moment entgegnete Elizabeth nichts, sondern suchte nach den richtigen Worten. »Mir tun viele Dinge schrecklich Leid«, sagte sie schließlich. »Ich musste fortgehen, North, und du musstest ein wenig allein sein. Das hast du selbst gesagt.«
Er kämpfte
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