Taumel der Gefuehle - Roman
abhalten konnte, ließ sich Northam auf die Knie sinken und hob sanft den Fuß, den sie so ernst betrachtet hatte. Er legte ihn sich auf den Oberschenkel. »Ist es ein Stein?«, fragte er.
Elizabeth nickte. »Ich muss ein Loch in meinem Schuh haben.«
Geschickt fuhr er mit dem Finger um den Rand ihrer Sohle und fand es sogleich. »Hier ist es.« Mit diesen Worten begann er, ihr den Schuh aufzuschnüren.
»Oh! Ich denke nicht...«
»Elizabeth!« Northam sagte ihren Namen zwar liebevoll, jedoch gleichzeitig auf eine Art, die keinen Widerspruch duldete. Er zog ihr den Schuh aus und entfernte den Kieselstein. Der leichte Druck ihres Fußes an seiner Hüfte war angenehm. Er setzte den Schuh auf den Boden und massierte ihr den Fußballen mit den Daumen. Genüsslich betrachtete er, wie sich ihre Lippen leicht öffneten, zuerst, um zu protestieren, dann, um ein leises, zufriedenes Seufzen von sich zu geben. »Der Park ist angenehm am Abend, nicht wahr?«
»Ja.«
»Hampton Cross besitzt einen ähnlichen Platz. Die Schaukel ist allerdings breit genug für zwei.«
Elizabeth wusste, es war kein gutes Zeichen, dass sie sich sofort fragte, wen er bereits dorthin mitgenommen hatte. »Ist Hampton Cross dein Landsitz?«
»Einer von vielen. Allerdings verbringe ich meine Zeit dort am liebsten, wenn ich nicht in London bin.«
»Lebt deine Mutter auf Hampton Cross?«
»Nein. Sie genießt das Stadtleben. Wenn sie sich aufs Land zurückzieht, dann wohnt sie auf Stonewickam bei meinem Großvater. Du musst dir keine Sorgen machen, dass sie sich zu sehr in unser Leben einmischen wird.«
Elizabeth konnte ihm nicht wirklich glauben. »Eine Mutter, die nicht nur ihren Sohn abtritt, sondern gleichzeitig
den Schlüssel zu den Herrschaftshäusern? Sie muss die beste aller Schwiegermütter sein.«
»Das ist sie«, erwiderte Northam gut gelaunt.
Misstrauisch sah sie ihm tief in die Augen. »Du nimmst mich auf den Arm.«
Er grinste und kniff ihr leicht in den Fuß. »Ja.«
Verwirrt musste Elizabeth erneut feststellen, dass sie lächelte. Wie schaffte er das nur immer wieder?, fragte sie sich verärgert.
Als Northam zu ihr aufblickte, war ihr übermütiges Lächeln schon wieder verschwunden. »Woran denkst du?«
»Wenn man dir zuhört, könnte man meinen, dass man alles mühelos erreichen kann.«
»Tatsächlich? Daran habe ich hart gearbeitet.«
»Ich meine es ernst.«
»Ich ebenso.« North hörte auf, ihren Fuß zu massieren, griff nach ihrem Schuh und half ihr hinein. Nachdem er ihr auch noch die Schnürsenkel zugebunden hatte, setzte er ihren Fuß wieder auf den Boden. Er erhob sich und legte jeweils eine Hand um eines der Seile, die Elizabeths Schaukel hielten. »Vielleicht sollten wir uns über etwas anderes unterhalten.«
Elizabeth musste den Kopf in den Nacken legen, um zu ihm aufsehen zu können. Seine breiten Schultern schirmten das Licht der nächsten Fackel ab, sein Gesicht war in völlige Dunkelheit getaucht. Wie kam es, dass sie sich in einer solchen Position nicht unwohl fühlte? Elizabeth konnte nicht leugnen, dass sie sich im Schutz seines muskulösen Körpers sicher und geborgen fühlte. »Worüber denn?«, wollte sie wissen.
»Nun«, meinte er gedehnt. »Trotz Madame Fortunas
Ruf als äußerst zuverlässige Wahrsagerin und der Tatsache, dass Lady Battenburns Halskette tatsächlich in meiner Truhe gefunden wurde, glaube ich nicht, dass die anwesenden Gäste mich wirklich für den Gentleman-Dieb hielten. Wie die Baronin anmerkte, bin ich ein Krösus, und auch wenn dies kein stichfester Beweis ist, so fehlt mir jegliches Motiv. Southertons Schnupftabakdose hätte ich sicherlich nicht entwendet, immerhin ist er mein Freund. Außerdem hatte ich bisher genügend andere Gelegenheiten, sie zu stehlen. Deshalb die Frage: Warum jetzt?«
»Ja«, entgegnete sie mit trockener Ironie in der Stimme. »Ich habe mir diese Frage auch schon gestellt.«
Northam versetzte der Schaukel einen Stoß, und Elizabeth musste sich an den Seilen festhalten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. »Aufgepasst, Mylady. Es braucht nicht viel, und du fällst kopfüber nach hinten.«
Er würde es sogar tun. Seltsamerweise heiterte diese Drohung Elizabeth auf, anstatt sie zu beunruhigen. Es war so lange her, seitdem jemand mit ihr gespielt hatte. »Sprich weiter«, flüsterte sie. »Ich bin gefesselt von deiner Rede.«
Lächelnd fuhr Northam fort: »Die goldene Taschenuhr und der Anhänger, die für die Gewinner der Schatzsuche bestimmt
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