Taumel der Gefuehle - Roman
lasse mich leicht zum Narren halten.«
Im nächsten Augenblick spürte South, wie einer der
besagten Steine nur wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt durch die Luft sauste. Außerdem glaubte er, das Wort Narr zu hören. Sein Mund verzog sich zu einem Grinsen. Er schob den Hut zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Erneut vernahm er das Knirschen von Schuhen auf dem Steinpfad.
Northam empfand das Werfen des Kieselsteines als eine willkommene Befreiung. Er schritt neben Elizabeth her und bemerkte, dass ihr Humpeln stärker geworden war. Seine guten Manieren geboten ihm, ihr wenigstens eine Gelegenheit zur Rast zu geben. Er schwieg jedoch, da er sicher war, mit einer Frau zusammen zu sein, die keine Einladung von ihm benötigte, um das zu tun, was sie wollte.
Elizabeth hörte auf, nervös an ihrem apricotfarbenen Schal zu spielen und ließ die Hände zur Seite fallen. »Wahrscheinlich werde ich dich noch des Öfteren verärgern«, meinte sie ruhig.
»Genau das dachte ich mir bereits.«
Sie nickte. »Wirst du mich schlagen?«
Ihre offenen Worte trafen ihn mit einer solchen Wucht, dass er innerlich zusammenzuckte. »Ich werde niemals die Hand gegen dich erheben.«
Da er das Versprechen derart feierlich gab, zweifelte Elizabeth nicht an seiner Aufrichtigkeit. Doch er hatte keine Ahnung, wie sehr seine Ehre auf die Probe gestellt werden würde. »Ich werde dir Anlass geben«, entgegnete sie.
Northam verzog keine Miene. »Das ist mir bewusst.« Er hob den Ellbogen. »Möchtest du dich bei mir unterhaken?«
Elizabeth wusste, dass das Thema beendet war. Sie
hatte alles Wichtige gesagt und war auch nicht erpicht darauf, sich länger als notwendig mit diesem unangenehmen Sachverhalt zu beschäftigen. Ohne zu zögern reichte sie ihm den Arm. »South ist ein guter Freund, nicht wahr?«
»Er ist der beste Freund, den man haben kann.«
»Und wie steht es mit Eastlyn und Mr Marchman?«
»Dasselbe trifft auf sie zu.«
»Du kannst dich wirklich glücklich schätzen.«
»Das tue ich.«
»Du darfst nicht denken, dass unsere Heirat die Freundschaft mit ihnen verändern wird.«
Northam zog leicht die Brauen zusammen, während er über ihre Worte nachdachte, und entschied, ehrlich zu sein. »Ich muss zugeben, dass ich nichts anderes erwartet hatte.«
»Das liegt wahrscheinlich daran, dass du viele Mätressen hattest, deren Platz in deinem Leben festgeschrieben war, und die sich nicht in deine Angelegenheiten einmischten.« Als sie zu ihm aufsah, bemerkte sie, dass die Furchen auf seiner Stirn tiefer geworden waren. »Ich wollte dir nur versichern, dass es mich nicht stören würde, wenn du viel Zeit in der Gesellschaft deiner Freunde verbringen solltest.«
Northams Tonfall war trocken. »Darf ich daraus schließen, dass du entweder wie eine Mätresse behandelt werden oder mich so selten wie möglich sehen möchtest?«
Sie wich seinem Blick aus und verstummte.
»Denkst du nach oder bist du nur sprachlos?« Elizabeth gab noch immer keine Antwort. »Ich nehme an, dass sich der Kompass Klub oft in meinem Londoner Stadthaus
einfinden wird, sobald du dort bist, anstelle sich im White’s zu treffen.«
»Willst du mir schmeicheln, Mylord?«
»Ist so etwas überhaupt möglich?«
Widerwillig musste sie lächeln. »Ich hatte es nicht für möglich gehalten.«
Nach einigen Minuten des Schweigens setzte Elizabeth erneut an: »Auf die Gefahr hin, Lord Southertons Argwohn zu wecken, muss ich mich setzen.«
»Natürlich.« Anstelle Elizabeth zu einer der Steinbänke zu geleiten, führte Northam sie zu einem alten Apfelbaum, an dessen unterstem Ast eine Schaukel befestigt war. Nachdem er die Stärke der Seile getestet hatte, bedeutete er ihr, sich niederzulassen. »Kann ich dir auf irgendeine Art und Weise behilflich sein?«
Zögerlich sah sie zu der Bank, auf der Southerton lag. In der Dunkelheit konnte sie ihn nur umrisshaft erkennen. Northam folgte ihrem Blick. »Er schläft. Das kann er fast überall. Es ist etwas, das er im Dienst seiner Majestät lernte.« Dann wandte er sich wieder Elizabeth zu. Sie hatte den Kopf ein wenig geneigt und betrachtete unter ihren langen Wimpern die Spitze eines ihrer Schuhe. Mondlicht tanzte auf ihrem elfenbeinfarbenen Hals. Am liebsten hätte er mit den Lippen erkundet, ob er die glänzenden Strahlen des Mondes schmecken könnte. Als habe Elizabeth gespürt, dass er sie musterte, hob sie den Kopf und strich sich eine Locke ihres seidigen Haares zurück.
Bevor sie ihn davon
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