Taumel der Gefuehle - Roman
gefragt«, entschuldigte er sich entrüstet. »Es wäre falsch, wenn ich lügen würde.«
»Ja... nein...« Sie seufzte. »Aber es war ein Geheimnis, und deshalb kann es vorkommen, dass man manchmal die Unwahrheit sagen muss, um es zu wahren.«
Isabel stellte sich hinter ihren Sohn und legte fest die Hände auf seine Schultern. »Das reicht«, befahl sie missbilligend. »Was bringst du ihm da bei?«
»Das Leben.« Sie bedachte ihre Stiefmutter mit einem kalten Blick. »Ich lehre ihn das Leben.«
Eine angespannte Stille folgte auf ihre Worte. Northam vermutete, dass zwischen den beiden Frauen trotzdem viel gesprochen wurde, was jedoch außerhalb der Hörweite männlicher Ohren lag.
»Ich sah den großen Teich vor dem Anwesen«, durchbrach Northam das Schweigen. »Gibt es dort Fische?«
»Ja, Sir.«
»Dann könnten wir vielleicht fischen gehen.«
Der Junge warf einen zweifelnden Blick aus dem Fenster. »Aber es regnet.«
»Das stört die Fische nicht. Dich etwa?«
Fragend musterte Adam seine Mutter und Schwester, die immer noch unbeweglich vor ihm standen. »Nein, Sir«, erwiderte er erfreut.
Isabel nickte ihrem Sohn zu, und zusammen gingen Northam und der Viscount aus dem Zimmer.
Während ihres gemeinsamen Angelausfluges erfuhr Northam, dass Elizabeth ihrem Bruder bereits erklärt hatte, sie würden für eine Woche auf Rosemont bleiben. Sie hatte es dem Jungen nicht direkt versprochen, doch Northam hätte es Elizabeth gegenüber als ungerecht erachtet, nun ihre Pläne zu durchkreuzen. Immerhin hatte sie seinem Wunsch nachgegeben, überhaupt nach Rosemont zu fahren, deshalb wäre es kindisch, früher abzureisen, nur weil er mit ihrem Vater ein unangenehmes Gespräch geführt hatte.
Lord Selden entpuppte sich als segensreiche Gesellschaft während ihres Aufenthalts. Er war still, wenn sie zusammen angelten, und plapperte munter, sobald sie im Park spazieren gingen.
Was auch immer den Riss zwischen Elizabeth und Isabel verursacht haben mochte, so war er bald wieder gekittet. Bei zwei weiteren Gelegenheiten fand North seine Gattin auf Händen und Füßen in Adams Zimmer vor, wo sie ihrem Bruder die hohe Kunst des Murmelspielens beibrachte. North wurde überredet mitzuspielen, und trotz der scharfen Beaufsichtigung und tatkräftigen Unterstützung von Lord Selden wurde er klar geschlagen.
»Es spielt keine Rolle«, hatte North kühl erklärt. »Ich gewinne immer noch beim Händedrücken.«
Elizabeth war äußerst amüsiert gewesen, zuerst über Northam, der seine Niederlage mit vorgetäuschter Gleichgültigkeit zu überspielen versuchte, dann über Adam, der zu ihrem Ehemann bewundernd aufschaute.
Das Haar in der Suppe war und blieb der Earl. Obwohl Elizabeths Vater nach ihrer ersten Begegnung ausgesprochen höflich war, wurde Northam das Gefühl nicht los, dass er Elizabeth und ihn so schnell wie möglich aus dem Haus haben wollte. North verstand nicht, warum er überhaupt eine Einladung ausgesprochen hatte. Ihm fielen nur zwei mögliche Erklärungen ein: Entweder hatte ihn Isabel darum gebeten, oder die Einladung war überhaupt nicht von Rosemont gekommen.
Northam stützte das Gesicht auf die Ellbogen und beobachtete Elizabeth, die nachdenklich auf ihrer Unterlippe kaute. Doch sie musste seinen durchdringenden Blick gespürt haben, denn sie hob den Kopf und sah ihm in die Augen.
»Freust du dich darauf, morgen abzureisen?«
»Ich freue mich darauf, dir Hampton Cross zu zeigen, aber nein, ich bin nicht froh abzureisen.«
Sie nickte. »Mir geht es ähnlich.« Sie klang, als mache sie ein Geständnis. »Ich komme ungern her. Sobald ich aber hier bin, möchte ich nicht wieder fort.«
»Es ist dein Zuhause.«
»Nein, das ist es schon lange nicht mehr.«
»Wirst du mich aussprechen lassen?«, wollte er wissen.
Elizabeth antwortete nicht sofort. Eine solche Frage zog normalerweise etwas Unangenehmes nach sich. »Wenn du es wünschst.«
»Ich weiß, dein Vater liebt dich, Elizabeth.« Er bemerkte,
wie sich ihre Wangenmuskeln verkrampften, während sie die Kiefer fest aufeinander presste. »Nicht so, wie du es verdienst, jedoch auf seine ganz besondere Art. Bei Selden gelingt es ihm besser.«
Sie schluckte hart. Als sie sicher war, ohne Stocken sprechen zu können, erwiderte sie: »Erinnerst du dich daran, was ich am Vorabend unserer Hochzeit zu dir sagte?«
Er glaubte zu wissen, wovon sie sprach. Ich bin selbstsüchtig genug um zu hoffen, dass du mich weniger hassen wirst, wenn du mich
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