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Tausend strahlende Sonnen

Tausend strahlende Sonnen

Titel: Tausend strahlende Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Khaled Hosseini
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das Gelächter im Erdgeschoss immer lauter wurden, lag sie im Bett und befühlte ihren Bauch. Sie dachte an das, was in ihr heranwuchs, und glaubte, vor Glück fast zu zerspringen. Tränen stiegen ihr in die Augen.
    Mariam erinnerte sich an die sechshundertfünfzig Kilometer lange Busfahrt mit Raschid, von Herat nahe der iranischen Grenze im Westen bis nach Kabul im Osten. Sie hatten kleine und große Städte passiert, zahllose Ortschaften, die eine nach der anderen vor ihnen auftauchten. Sie waren über Bergpässe und durch wüste Landstriche gefahren, von einer Provinz zur nächsten. Nun war sie hier, diesseits der steinigen Hügel, in ihrem eigenen Zuhause, mit einem Mann an ihrer Seite, aufgebrochen zu einer Reise in eine neue, ersehnte Provinz: Mutterschaft. Wie köstlich war es, an dieses Kind zu denken, ihr Kind, das gemeinsame Kind. Wie herrlich war das Wissen darum, dass ihre Liebe zu diesem Kind schon jetzt alles andere in den Schatten stellte und dass sie es nicht mehr nötig hatte, mit Kieselsteinen zu spielen.
    Im Wohnzimmer erklang ein Harmonium, dazu das Klopfen eines Schlegels zum Stimmen einer tabla . Jemand räusperte sich. Und dann wurde gepfiffen, in die Hände geklatscht, gejauchzt und gesungen.
    Mariam streichelte ihren Bauch. »Noch kaum größer als ein Fingernagel«, hatte der Arzt gesagt.
    Ich werde Mutter, dachte sie.
    »Ich werde Mutter«, sagte sie, lachte und wiederholte den Satz ein ums andere Mal.
    Wenn Mariam an ihr Kind dachte, schwoll ihr Herz an. Es schwoll und schwoll, bis all das, was sie an Verlust, Trauer, Einsamkeit und Erniedrigung in ihrem Leben erfahren hatte, wie weggespült war. Jetzt wusste sie, warum Gott sie den weiten Weg hierher geführt hatte. Sie erinnerte sich an einen Koranvers, der ihr von Mullah Faizullah beigebracht worden war: Und Allah ist der Osten und der Westen, wohin ihr euch auch wendet, folgt ihr Seinem Ratschluss … Sie rollte ihren Gebetsteppich aus und sprach den namaz . Als sie damit fertig war, legte sie die Hände vors Gesicht und bat Gott, dass sich das Glück nicht von ihr abwenden möge.
    Es war Raschids Idee, in den hamam zu gehen. Mariam hatte nie zuvor ein Badehaus aufgesucht, doch er sagte, es gebe gerade im Winter nichts Schöneres, als nach einem Schwitzbad wieder hinaus ins Kalte zu treten und die wohlig warme Haut zu spüren.
    Im hamam war der Wasserdampf so dicht, dass Mariam die anderen Frauen darin nur als schemenhafte Gestalten ausmachen konnte, eine Hüfte da, dort die Kontur einer Schulter. Junge Mädchen kreischten, alte Frauen schnaubten, und das Geplätscher von Wasser hallte von den Wänden wider, wo Rücken geschrubbt und Haare eingeseift wurden. Mariam saß für sich in einem entlegenen Winkel und bearbeitete ihre Fersen mit einem Bimsstein, abgeschirmt von einem Vorhang aus Dampf.
    Plötzlich fing sie zu bluten an. Sie schrie laut auf.
    Laufgeräusche waren zu hören, klatschende Füße auf nassen Steinen. Gesichter tauchten vor ihr auf. Zungen schnalzten.
    Später berichtete Fariba ihrem Mann, dass sie, von einem Schrei alarmiert, in den hinteren Teil der Halle geeilt sei, wo sie Raschids Frau zitternd und die Arme um die Knie geschlungen in einer Blutpfütze habe hocken sehen.
    »Dem armen Mädchen haben die Zähne geklappert, Hakim. So sehr hat sie gezittert.«
    Sie habe dann, fuhr Fariba fort, zu ihr aufgeblickt und mit dünner, zaghafter Stimme gefragt: »Ist doch nicht weiter schlimm, oder? Ist doch normal, nicht wahr?«
    Wieder im Bus mit Raschid. Und es schneite wieder. Heftiger diesmal. Der Schnee häufte sich auf Gehwegen und Dächern, bildete weiße Krusten auf der Rinde der Bäume. Vor ihren Läden schaufelten Händler den Zugang frei. Eine Handvoll junger Burschen jagte einen schwarzen Hund. Mariam warf einen Blick auf Raschid. Er hatte die Augen geschlossen. Er summte nicht. Auch Mariam machte die Augen zu und senkte den Kopf. Sie wollte heraus aus ihren kalten Socken, aus dem feuchten Wollpullover, der auf der Haut kratzte. Sie wollte raus aus dem Bus.
    Zu Hause angekommen, legte sie sich auf die Couch. Raschid warf ihr eine Steppdecke über.
    »Was soll man von solch einer Antwort halten?«, sagte er zum wiederholten Mal. »Die kann man von einem Mullah erwarten, aber ein Arzt, dem man teures Geld bezahlt, sollte sich wahrhaftig etwas Besseres einfallen lassen als: ›Gott will es so.‹«
    Mariam zog die Knie an und sagte, dass sie etwas Ruhe brauche.
    »Gott will es so«, brummte er.
    Er ging auf sein

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