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Tausend strahlende Sonnen

Tausend strahlende Sonnen

Titel: Tausend strahlende Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Khaled Hosseini
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-Anhänger an Ahmads Halskette und ein Büschel schwarzer Haare auf einem von Noors Ohren. Das war alles.
    »Wie wär’s mit Azita?«
    »Die Tochter des Teppichwebers?«, fragte Mami und gab sich in gespielter Empörung einen Klaps auf die Wange. »Die hat doch einen noch dichteren Schnurrbart als Hakim.«
    »Oder vielleicht Anahita. Es heißt, sie sei die Klassenbeste in Zarghoona.«
    »Habt ihr mal ihre Zähne gesehen? Regelrechte Grabsteine. Sie hält einen Friedhof hinter ihren Lippen versteckt.«
    »Dann wären da die Wahidi-Schwestern.«
    »Diese beiden Zwerge? Nein, nein, nein. Die kommen für meine Söhne nicht in Betracht. Nicht für meine Sultane. Die verdienen Besseres.«
    Während die Frauen miteinander schwatzten, hing Laila eigenen Gedanken nach, die letztlich immer zu Tarik wanderten.
    Mami hatte die gelblichen Vorhänge zugezogen. In dem verdunkelten Zimmer roch es nach Schlaf, ungewaschenen Laken, Schweiß, schmutzigen Socken, Parfüm und dem qurma vom Vorabend. Als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, durchquerte sie den Raum. Ihre Füße verhedderten sich in den Kleidern, die auf dem Boden verstreut lagen.
    Laila zog die Vorhänge auf. Vor dem Fußende des Bettes stand ein alter metallener Klappstuhl. Sie nahm darauf Platz und beobachtete den Wulst unter den Decken.
    Die Wände ringsum waren voller Fotos von Ahmad und Noor. Laila sah sich von lächelnden Fremden umgeben. Hier hockte Noor auf einem Dreirad, dort kauerte Ahmad betend neben einer Sonnenuhr, die er im Alter von zwölf Jahren mit Babis Hilfe gebaut hatte, und an anderer Stelle saßen die Brüder Rücken an Rücken unter dem alten Birnbaum im Hof.
    Unter dem Bett erkannte Laila eine Ecke von Ahmads Schuhkarton, in dem er, wie sie wusste, alte Zeitungsausschnitte und Flugblätter von Aufständischen und Widerstandsgruppen aufbewahrte, die in Pakistan ihren Stützpunkt hatten. Laila erinnerte sich, dass darin auch das Zeitungsfoto eines Mannes lag, der ein langes weißes Gewand trug und einem kleinen Jungen ohne Beine einen Dauerlutscher schenkte. Die Bildunterschrift lautete: Sowjetische Landminen zielen auf Kinder . In dem Artikel dazu hieß es, dass die Sowjets auch bunte Spielzeuge mit Sprengstoff füllten, die, wenn ein Kind sie in die Hand nahm, explodierten und ihnen die Hand oder sogar den Arm abrissen. Die Väter solcher Opfer konnten am Dschihad nicht teilnehmen, weil sie zu Hause bleiben und sich um ein verkrüppeltes Kind kümmern mussten. In einem anderen Artikel kam ein junger Mudschaheddin zu Wort, der davon berichtete, dass sein Heimatdorf von den Sowjets mit Giftgasen angegriffen worden sei, die den Bewohnern die Haut verätzt und viele blind gemacht hätten. Er habe mit eigenen Augen gesehen, wie seine Mutter und seine Schwester, aus dem Mund blutend, zum Fluss gerannt seien.
    »Mami.«
    Der Wulst rührte sich. Durch die Decken drang ein Stöhnen.
    »Steh auf, Mami. Es ist schon drei Uhr.«
    Noch ein Stöhnen. Wie das Periskop eines U-Bootes tauchte ein Arm auf, der aber sogleich wieder fallen gelassen wurde. Jetzt kam etwas mehr Bewegung in den Wulst. Die Decken raschelten. Nach und nach kam die Mutter darunter zum Vorschein, zuerst das zerzauste Haar, dann das weiße verquollene Gesicht mit den zusammengekniffenen Augen, eine Hand, die nach dem Bettpfosten langte. Ächzend richtete sie sich auf. Vom hellen Licht geblendet, schlug sie die Hand vors Gesicht und ließ den Kopf auf die Brust fallen.
    »Wie war’s in der Schule?«, murmelte sie.
    Es war jedes Mal das Gleiche. Eintönige Fragen, nichtssagende Antworten. Beide gaben sich nur wenig Mühe in diesem lustlos absolvierten alten Spiel.
    »Wie soll’s schon gewesen sein?«
    »Hast du was gelernt?«
    »Das Übliche.«
    »Schon gegessen?«
    »Ja.«
    »Gut.«
    Mami hob den Kopf, blickte Richtung Fenster und blinzelte. Die rechte Gesichtshälfte war gerötet und das Haar auf dieser Seite platt gedrückt. »Ich habe Kopfschmerzen.«
    »Soll ich dir Aspirin bringen?«
    Mami massierte sich die Schläfen. »Vielleicht später. Ist dein Vater zu Hause?«
    »Wir haben doch erst drei.«
    »Ja, richtig. Das sagtest du.« Mami gähnte. »Ich habe geträumt.« Ihre Stimme war kaum lauter als das Rascheln der Laken. »Gerade eben noch, und jetzt weiß ich schon nicht mehr, was. Kennst du das auch?«
    »Das kennt jeder, Mami.«
    »Seltsam.«
    »Während du geträumt hast, bin ich von einem Jungen mit Pisse aus einer Wasserpistole angespritzt worden.«
    »Wie bitte?

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