Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
einem freundlicheren Tone: »Was redet ihr Burschen da?« Als Dscha'afar ihn nun höflicher sprechen hörte, glaubte er, seine Frage wagen zu dürfen, und fing an: »O guter Bruder, wir redeten miteinander von deiner Güte, weil du uns ins Gemach hast eintreten lassen; und so bitte ich dich denn bei aller Gastfreundschaft, uns zu sagen, wem wir so zu Dank verpflichtet sind. Welches ist dein Name und dein Stand und womit ernährst du dich?« »Heda halt, habe ich euch nicht geboten, daß ihr nichts sagen noch fragen sollt?« entgegnete der Mann, »schert euch fort und geht eurer Wege, sag ich euch, der Böse möge euch geleiten! Du bittest mich bei aller Gastfreundschaft, sage doch, wann begann denn diese Gastfreundschaft zwischen mir und dir? Wahrlich, eine Freundschaft wie die unsrige muß recht lange währen!« Darauf versetzte der Wesir: »Möge Allah unsere Freundschaft segnen. Wir sitzen doch seit geraumer Zeit in deinem Gemach, und du hast uns freundlich behandelt; wir kamen in dein Haus, und du gewährtest uns eine Zuflucht; um unsern Verpflichtungen dir gegenüber die Krone aufzusetzen, fehlt allein noch, daß du uns deinen Namen und Stand angibst und warum du die Schlafenszeit also verbringst; und solches wäre ein würdiger Gipfel deiner Freundlichkeit!« »Nun, wenn ich mich doch dazu hergeben soll,« sagte der Gastgeber darauf, »euch mein Geheimnis anzuvertrauen und meine Lebensgeschichte zu erzählen, so wage es bei der Strafe des Todes niemand, mich zu unterbrechen oder mir zu widersprechen.« »Unweigerlich wollen wir solches befolgen«, antworteten die.
Da fuhr jener mit einer gemachten äußern Würde fort: »So vernehmet denn, daß ich Basem heiße und meines Gewerbes ein Grobschmied bin. Ich liebe Scherz und Unterhaltung und bin ein mutiger Held; mein Körper ist sehnig und stark, und mein Vertrauen auf Allah verschafft mir den notwendigen Vorrat an Wein und Speise. Wer mich so in Zorn bringt, daß ich ihm eines um die Ohren gebe, dem dröhnen sie wahrlich zwölf Monde lang!« ›Allah bewahre uns vor seinem Zorne‹, sprachen die drei bei sich selbst. »Wie, wagt, einer mir zu widersprechen ?« fragte Basem; »bei Allah, wer es tut, den schicke ich zum Bösen!« ›Der Himmel schütze uns vor solch einem Burschen‹, sprach der Kalif bei sich.
Nachdem Basem wieder einen vollen Becher hinuntergeschüttet hatte, fuhr er also fort: »O liebe Gäste, jeden Tag arbeite ich als Grobschmied, und stets noch habe ich bis zum Abendgebet fünf Dirhems verdient; mit denen gehe ich in den Basar, handle für einen Dirhem Fleisch ein, einen zweiten Dirhem lege ich in Wein an, noch ein anderer geht für Wachskerzen, einer für Nüsse und Kuchen und Früchte darauf, und für den letzten kaufe ich Öl für meine Lampe und zwei Brote; kurz, ich sorge immer dafür, daß auch nicht ein einziger Asper für den kommenden Tag übrigbleibt. So verbringe ich Tag für Tag mein Leben in unveränderlich gleicher Weise. Am Abend komme ich in meine Wohnung zurück und bringe alles in Ordnung, wie ihr seht: zünde die Kerzen an, reinige meine Lampe, setze mich zu Tische und esse etwas von dem Gebratenen, dann nehme ich meinen Krug vor; und niemals sehe ich einen Gast bei mir. Auf euer Wohl, o ihr Männer! So, abwechselnd einen Happen essend oder Wein trinkend, verlängere ich das Mahl die Nacht durch und freue mich meines Daseins. Am Morgen aber gehe ich wieder meinem Tagewerke nach, und auf diese Weise verstreicht Tag um Tag. Da habt ihr Herrn Kaufleute oder Gauner oder was ihr sonst seid, meine ganze Lebensgeschichte!«
Harun al-Raschid und Dscha'af ar konnten nicht umhin, Basems Erzählung seiner Lebensweise zu bewundern, und Sprachen: »Wahrlich, das muß man zugeben, du bist ein Mann von entschlossenem Gemüte und führst eine merkwürdige Lebensart; dein Fernbleiben von jeder Geselligkeit hält manche Unannehmlichkeiten von dir ab!« Basem erwiderte:, »Freilich; so hab e ich nun schon zwanzig Jahre gelebt; jede Nacht strahlte mein Gemach im Lichterglanze, und
mein Tisch war stets so besetzt, wie ihr seht; noch nie bin ich dabei belästigt oder unterbrochen worden!« »Doch was dann, o mein Freund,« sagte der Wesir darauf, »Wenn dir morgen der Kalif das Handwerk legte und einen Befehl ergehen ließe, daß jeder Grobschmied, der binnen dreier Tage seine Werkstatt öffnete und darin arbeitete, unfehlbar gehängt werden soll? Könntest du dein Zimmer dann auch noch erleuchten und in Leckerbissen und erlesenem Weine
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