Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
mich freuen, wenn ich davon höre!‹ Und Diafer erzählte solcherart:
›Als ich die Befehle deiner Erhabenheit erhalten hatte, mich zu dir zu begeben, brach ich auf und sah mich genötigt, einigen Aufenthalt in Diul zu nehmen, wo ich auf meiner Reise nach Visapur verweilte, allwo ich mit deiner Erhabenheit zusammenzutreffen hoffte. Trotz meiner Ungeduld wurde ich gezwungen, mich mit mehreren Dingen auszurüsten, deren ich für meine Reise bedurfte, und benutzte diese Zeit, um mir die Schönheiten der Stadt anzusehen. Der Statthalter, dessen Reichtum und Überfluß mioh in Erstaunen setzte, kam am Tage meiner Ankunft zu mir und führte mich in seinen Palast; er überhäufte mich mit Ehren und erwies mir während meines Aufenthaltes die ausgesuchtesten Aufmerksamkeiten. Indessen waren sie mit einem gezwungenen Wesen begleitet, das mir seine Redlichkeit verdächtig machte; bei den Zerstreuungen, die er mir bot, wußte er mich zu einer Vergnügungsfahrt auf dem Meere zu begeistern, ich willigte gern ein, und wir stiegen folgenden Tages in ein kleines Schiff, das er zu diesem Zwecke hatte ausrüsten lassen; die Witterung ließ nichts zu wünschen übrig, und unsere Unterhaltung war sehr angenehm. Der Statthalter von Diul saß hoch auf dem Achterdeck und ich ihm zur Seite; ein junger Knabe, schön wie die Sonne, rieb seine Füße; die köstlichsten Weine standen auf einem Tische, den man vor uns gerückt hatte; ihre Kühle und die, welche der Schnee verbreitete, mit dem alle Früchte umgeben waren, trugen zu dem bezaubernden Genüsse bei, zumal auch die schönen Sklavinnen keine Zeit ließen, an noch andere Dinge als ihre Vorzüge, oder vielleicht an die Vollendung zu denken, mit der sie sangen und die verschiedenen Musikgeräte spielten. Unsere Fahrt war also mit allem versehen, was sie köstlich machen mußte; und als ich über einige Dinge nachdachte, um dem Statthalter etwas zu sagen, das ihm angenehm sein konnte, erblickte ich an seinem Finger einen so kostbaren Rubin, daß ich mich nicht zu enthalten vermochte, ihm meine Bewunderung über ihn auszusprechen. Der Statthalter zog den Eing ab und reichte ihn mir; ich besah ihn sorgfältig und gab ihn ihm wieder, doch hatte ich die größte Mühe der Welt, ihn zur Rücknahme zu bewegen. Schließlich gelang es mir; als er aber sah, daß ich mich hartnäckig weigerte, ihn anzunehmen, wurde er so ärgerlich darob, daß er ihn ins Meer warf. Ich bereute nun, ein so vollkommenes Meisterstück der Natur nicht angenommen zu haben, und sprach das auch dem Statthalter aus, der mir sagte, daß es meine Schuld sei. ›Indessen,‹ fuhr er fort, ›wenn du mir versprichst, den Ring anzunehmen, soll es mir nicht schwer werden, ihn wiederzufinden, der wahrlich schön genug war, um dir als Geschenk geboten zu werden.‹ Ich nahm an, daß er einen andern habe, der dem ersten sehr ähnlich sei und den er mir schenken wolle; aber ohne mir etwas zu sagen, befahl er, daß man alsbald das Schiff zum Lande steuere. Hier angekommen, schickte er alsbald einen Sklaven ab, der von seinem Schatzmeister eine kleine Lade holen sollte, die er ihm beschrieb; man warf den Anker und erwartete die Rückkehr des Sklaven. Der führte schnell den empfangenen Auftrag aus; und nachdem der Statthalter einen kleinen goldenen Schlüssel aus seiner Tasche gezogen hatte, öffnete er die Lade, aus der er einen kleinen Fisch aus demselben Metalle und von köstlichster Arbeit nahm; den warf er nun ins Meer. Sogleich tauchte er unter und ließ sich nach einiger Zeit, den Ring in seinem Maule haltend, an der Oberfläche des Wassers sehen. Die Sklaven, die auf dem Schiffe waren, ergriffen ihn mit den Händen und trugen ihn vor den Statthalter, dem er den Ring auslieferte, indem er das Maul öffnete; jeder andere würde ihm den nicht haben entreißen können. Als ihn mir der Statthalter von neuem bot, konnte ich ihn unmöglich zurückweisen, besonders angesichts der Bitten, die er noch verdoppelte. Man legte das Fischchen wieder in sein kleines Behältnis und schickte es dem Schatzmeister zurück.‹
Nachdem Diafer diese Geschichte erzählt hatte, zog er den Ring von seinem Finger und reichte ihn Nurdschehan dar; der fand ihn sehr schön und sprach zu ihm: ›Verschenke niemals etwas, das noch einziger ist durch die Kraft des Talismans, der es in deinen Besitz brachte, als durch seine natürliche Schönheit. Aber‹, fuhr er fort, ›hast du in Erfahrung bringen können, in welcher Zeit, wie und durch wen dieses
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