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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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und selbst Seidel-Bekir haben nichts Erstaunlicheres hervorgerufen als du; du wußtest gestern nicht ein einziges Wort von der Geschichte dieser Talismane, heute bist du völlig mit ihr vertraut. Dieser Dolch‹, sagte er, indem er auf ihn hinwies, ›war – es sind noch keine vierundzwanzig Stunden her – in Bassorah; trotz der Entfernung, die uns von dieser Stadt trennt, gibst du ihn mir in diesem Augenblicke; bist du vielleicht Seidel-Bekirs Tochter, oder bist du gar selbst ein Weiser?‹ Damake errötete ob dieser Rede, und Nurdschehan hatte noch nicht ausgesprochen, als sie begann: ›O Gebieter, das beste und vollkommenste Mittel, zu erfahren, was sich ein von uns geliebtes Wesen wünscht, wird wahrlich die Liebe sein; doch ich darf dir nichts verbergen.
    Wenige Zeit, nachdem mich meine Mutter zur Welt gebracht hatte, saß sie am Fuße eines Palmbaumes, sich mit mir der Frische des Morgens erfreuend, und dachte an nichts weiter, als durch ihre Küsse meine unschuldigen Liebkosungen zu erwidern, als sie sich mit einem Male von einem Hofstaate umgeben sah, der einer schönen und hoheitsvollen und prächtig gekleideten Königin folgte, die selbst ein Kind auf dem Arme trug. Trotz der Pracht ihres Gefolges und ihres königlichen Gepränges liebkoste sie mich, so klein ich auch noch war. Und nach einigen Augenblicken des Verweilens sagte die Königin zu meiner Mutter: ›Das Kind, das du hier siehst, gehört mir, und es ist notwendig, daß es die Milch einer Sterblichen trinkt; solches ist ein Befehl des großen Gottes, der uns gebietet; und ich habe keine finden können, die bescheidener, weiser und deren Milch reiner ist; mache mir doch die Freude‹, sprach sie zu meiner Mutter, ›und gib meinem Kinde während einiger Augenblicke zu trinken!‹ Die aber erfüllte freudig ihr Begehren, und die Königin sagte, um sich für ihre Erkenntlichkeit gefällig zu zeigen: ›Jedesmal, wenn du einen Kummer oder einen Wunsch hast, komme an einen männlichen Palmbaum, brich ein Blatt von ihm ab, verbrenne es dort und rufe mich; ich bin die Göttin Malikatada und werde dir schnell zur Hilfe eilen; ein Gleiches will ich endlich deiner kleinen Tochter tun, wenn sie in das verständige Alter kommt!‹ Meine Mutter‹, fuhr Damake fort, ›hat die Göttin nur in Sorgen, die meine Erziehung angingen, herbeigewünscht; und ich, o Gebieter, habe mich überhaupt nicht an sie gewandt, ehe ich dich sah, denn mein Herz hatte kein Verlangen. Seit der Zeit aber‹, sagte sie und errötete, ›fürchte ich, ihr beschwerlich zu fallen, so viele Sorgen und Unruhen haben sich meines Herzens bemächtigt; sie ist es, wie du wohl merkst, die mir Diafer nannte, die mir die Antworten sagte, die ich den Weisen gab, die mich über die Talismane belehrt und mir diesen hier zurückgelassen hat. Sie ist es auch noch, die den Statthalter von Diul gefangennahm und dich um sein Leben bitten ließ als Lohn für das Fischchen, das ich dir von ihm gegeben habe; sie selbst hat mir ...‹ ›Fahre doch fort, o schöne Damake,‹ sprach Nurdschehan zärtlich zu ihr, ›kannst du, wenn du mich liebst, irgend etwas vor mir verbergen?‹›Sie hat mir einen Talisman geben wollen,‹ fuhr Damake fort, ›der die Eigenschaft erzeugt, immer von dir geliebt zu werden; aber ich habe ihn ausgeschlagen: gibt es in der Liebe einen anderen Talisman denn das Herz?‹ Nurdschehan wurde mehr und mehr betroffen von so viel Tugenden und so viel Beweisen der Zuneigung und wollte sein Glück nicht länger entbehren. Er ließ auf der Stelle sein ganzes Gefolge versammeln und die Großen seines Königreichs. ›Ich kann mich rühmen,‹ sprach er, ›der glücklichste Fürst der Erde zu sein, und besitze einen Armreif, der mich vor allen Giften bewahrt; alle Schätze des Meeres gehören mir durch einen Fisch, der sie auf meinen Willen im Grunde der Gewässer sucht und ein Geschenk ist, das mir Damake gemacht hat; welche Prinzessin kann eine ähnliche Mitgift aufweisen? Das ist aber noch nicht alles, sie hat mir auch diesen Dolch gegeben, der unsichtbar macht; die Probe, die ich vor euren Augen mit diesem wunderbaren Talismane machen will, wird euch auch von der Kraft des Goldfischchens überzeugen, die euch zu beweisen, zeitraubender und schwieriger sein würde‹; er zog dann seinen Dolch und wurde unsichtbar. Das Erstaunen der Zuschauer hatte sich noch nicht gegeben, als er mit seinen Kriegshauptleuten verschwinden wollte, und fragte dann seine Richter: ›Seht ihr den und den

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