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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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berühmtesten Männer der Weisheit und Wissenschaft zuschanden gemacht. Die Richtigkeit deiner Antworten, die Milde deiner Fragen, die Bescheidenheit, mit der du den Vorteil eines so großen Tages errungen hast, haben sie niedergeschmettert; doch nicht zufrieden, soviel Scharfsinn zu zeigen, wie viele Talente hast du nicht entfaltet, indem du spieltest? Welchen Gefallen hast du nicht durch dein Lied bereitet? Wer hat jemals, wie Damake, so viel Verdienst und Schönheit in sich vereint? Doch ich sehe ein, du liebst mich nicht,‹ sprach der Fürst leise zu ihr, ›da du dich weigerst, dich an mein Schicksal zu fesseln; ohne Zweifel hast du eine Abneigung gegen mich!‹
    ›Wahrlich, o Gebieter,‹ sprach die Schönste aller Schönen, ›solchen Vorwurf verdiene ich nicht; du sollst dich davon überzeugen. Das größte Vergnügen und die größte Genugtuung, die ich an diesem Tage gehabt habe, den du in deiner Voreingenommenheit für mich so glänzend findest, bestand darin, daß ich angesichts deines ganzen Hofes und in einer geziemenden Weise die Gefühle, die mein Herz für dich bewegen, in dem Liede des berühmten Enneveri ausdrücken konnte!‹
    ›Was zögerst du dann, mich zum glücklichsten Menschen der Erde zu machen!‹ rief Nurdschehan voller Glut. ›Du liebst mich, und ich bete dich an. Wessen bedarf es mehr? Mein Verlangen nach dir ist ein uferloser Ozean geworden!‹
    ›Ich will dich, o Herr,‹ antwortete sie, ›durch schätzbarere Fähigkeiten, als die in der Musik, verdienen und durch ersprießlicheren Verstand als den, von dem deine Weisen so große Stücke halten und der nur ein mehr blendender als wesentlicher Scharfsinn ist. Und ich will mich in deinem Herzen auf einem festeren Grunde als dem der Schönheit und dem der oberflächlichen Fähigkeiten niederlassen, die du in deiner Güte beklatschtest; und ich möchte endlich, daß die Liebe in dir nur eine Staffel sei, um zu der Achtung und Freundschaft zu gelangen, die ich zu verdienen hoffe; zwinge diese Gnade deiner Ungeduld ab, es kostet mich vielleicht mehr, sie von dir zu erbitten, als deiner Erhabenheit, sie mir zu gewähren: laß mich doch noch einige Zeit im Schatten deiner Glückseligkeit leben!‹ ›Ich vermag nur dich zu lieben und dir zu gehorchen‹, entgegnete ihr Nurdschehan; ›aber wenigstens‹, fügte er hinzu, ›erlaube mir, dir einen glänzenden Beweis der Gerechtigkeit zu geben, die ich deinem Geiste widerfahren lasse: nimm am Diwan teil, leite alle Angelegenheiten und gib mir deinen Rat; ich kann nicht weiser noch einsichtsvoller handeln!‹ ›Der Diamant rühmte sich,‹ antwortete ihm Damake dawider, ›daß es keinen Stein gäbe, der ihm an Stärke und Härte gliche; Allah, der die Hoffart nicht liebt, verwandelte seine Beschaffenheit gegenüber dem Blei, dem er die Kraft verlieh, ihn zu zerschneiden. Ohne Rücksicht auf den Hochmut, dessen ich mich schuldig machen würde, wenn ich dein verbindliches Anerbieten annähme,‹ fuhr die schöne Rose der Schönheit fort, ›möge es Allah nicht gefallen, daß ich meinem höchsten Gebieter das Unrecht antue, durch meine Aufführung die Vorwürfe gutzuheißen, die er sich zuziehen würde; und es würde begründet sein, wenn man sagte, er wird von einer Frau beherrscht. Ich gebe zu, daß deine Erhabenheit einen Wesir nötig hat; du kannst nicht alles selbst tun, und ich glaube einen Nurdschehans würdigen angeben zu können!‹ ›Nenne ihn mir,‹ antwortete er ihr, ›und auf der Stelle gebe ich ihm das Amt!‹ ›Deine Erhabenheit muß ihn kennenlernen, ehe du ihn annimmst,‹ erwiderte die schöne Damake, ›du wirst, glaube ich, in dem, den ich dir vorschlage, alle Tugenden und Fähigkeiten finden, die ein Mann, der solch ein wichtiges Amt bekleiden soll, haben muß. Er hat sich in die Stadt Balk zurückgezogen und heißt Diafer. Das Wesiramt eines der mächtigsten Königreiche Indiens hatte sich seit mehr denn tausend Jahren in seinem Geschlechte fortgeerbt, urteile, o Herr, welch bewunderungswürdige Kenntnisse des Herrschens er besitzen muß. Indessen hat ihn ein Fürst, der blind war durch die schlechten Ratschläge seiner Günstlinge, abgesetzt, und er verbringt seine Tage in Balk, die glücklich sein würden, wenn er nicht an Arbeit und große Pläne gewöhnt wäre, welches gewißlich nichts ersetzen kann!‹ Nurdschehan antwortete alsobald: ›Diafer ist mein Wesir; kann Damake sich täuschen?‹ Auf der Stelle schrieb er an den Statthalter von Balk und

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