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Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Weil
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geschehen mußte. Um nicht aufgehalten zu werden, ließ ich einen Teil meines Vermögens zurück und setzte einen Verwalter darüber. In Bagdad vertauschte ich meine Waren gegen andere, die in Indien am gangbarsten sind, und nach zehn Tagen bestieg ich ein Schiff, das nach Indien segelte. Der Wind war anfangs so günstig, daß, als es den Hafen verließ, es einem Pfeil glich, der aus dem Bogen fliegt. Drei Monate lang war unsere Fahrt glücklich; aber am ersten Tage des vierten Monats wurde auf einmal der ganze Himmel schwarz, die Wellen spielten hin und her, das Meer schäumte, der Wind blies bald von der einen, bald von der anderen Seite. Die Schiffsleute fingen an, laut zu weinen und den erhabenen Gott anzurufen; aber plötzlich kamen vier Wellen von vier verschiedenen Seiten her und zerschlugen das Schiff in tausend Trümmer, so daß alle Schiffsleute in den Abgrund des Meers versanken. Mir gelang es indessen, mich an ein Brett festzuklammern, das die Wellen drei Tage lang umhertrieben; am vierten Tag aber legte sich der Wind und die See wurde ruhiger. Da flehte ich Gott um Rettung an, und siehe da! Ein schönes Schiff mit großen Segeln steuerte auf mich zu, und als es dicht vor mir war, rief ein Mann von sehr ehrwürdigem Aussehen den Schiffsleuten zu: Nun haben wir unseren Zweck erreicht; werft diesem Unglücklichen eine Strickleiter zu! Ich ergriff die Leiter, die mir die Matrosen zuwarfen, und bestieg das Schiff, fiel aber vor allzu großer Freude über meine unerwartete Rettung in Ohnmacht und blieb bewußtlos liegen bis nach Sonnenuntergang. Als ich die Augen wieder öffnete, sah ich vor mir einen goldenen Leuchter mit zwei Wachskerzen von Mannesgröße mit Ambra und Aloeholz besteckt, welche, so oft die Flamme sie berührte, die edelsten Wohlgerüche verbreiteten; daneben saß auf einem griechischen Teppich ein Jüngling in golddurchwirkte Seide gekleidet, von einem goldenen, mit vielen Edelsteinen besetzten Gürtel umwunden und mit einem grünen smaragdenen Szepter in der Hand. Geblendet von so vielem Glanz schlug ich verlegen wieder die Augen nieder; aber der Jüngling, der dies bemerkte, sagte mir: O Zaher, was setzt dich so sehr in Verlegenheit? Wisse, daß wir dich schon zehn Tage auf allen Bergen und Meeren suchen; außer uns segeln noch neun Schiffe deinetwillen umher, alle abgesandt vom mächtigen König Mutaa, Beherrscher der Koralleninsel. Gottlob, daß wir dich gefunden haben, denn der König hat dem, der dich ihm bringt, zehntausend Dinare versprochen. Höchst erstaunt über diese Worte, sagte ich: Ich beschwöre dich bei Gott, sage mir, woher wußtest du, daß ich hierherkommen würde und wie kennst du meinen Namen? Er antwortet mir: Wisse, ich bin ein Adjutant des Königs Mutaa und wurde von ihm nach Syrien gesandt, um dich zu holen. Da hörte ich, du seist nach Bagdad gereist; ich reiste dir nach, vernahm aber, daß du dich nach Indien eingeschifft; später hörte ich, das Schiff, auf dem du dich befandest, sei verunglückt, da berichtete ich es dem König Mutaa, welcher sogleich zehn Schiffe auslaufen ließ, um dich aufzusuchen; auch befahl er den Offizieren, die er mit diesen Schiffen absandte, dich mit besonderer Auszeichnung zu behandeln. Hier hielt er inne und überreichte mir den seidenen Überrock und den goldenen Gürtel, die er am Leib hatte, ließ mir ein Tischchen mit verschiedenem Braten, Backwerk und Süßigkeiten vorstellen und lud mich ein, nach Lust davon zu essen.
    »Als ich gegessen hatte, sah ich in der Ferne auf dem Meer ein großes Licht, und als ich den Adjutanten darauf aufmerksam machte, sagte er mir: »Es ist gewiß das Schiff des Königs Mutaa, der gemerkt hat, daß wir dich gefunden haben, und dir nun selbst entgegenzieht. Darum laß uns schnell auf ihn zusteuern, um ihn nicht länger in Zweifel zu lassen. In wenigen Augenblicken waren wir in der Nähe des großen, hell beleuchteten Schiffes, auf welchem in der Tat der König Mutaa saß, der uns freundlich zulächelte und zurief, wir möchten seinem Schiff ans Ufer folgen. Hier angelangt, verbeugte ich mich vor ihm und dankte ihm für meine Rettung. Er bewillkommte mich herzlich, ließ mir ein herrliches Pferd vorführen, und ich ritt an seiner Seite durch die Stadt, deren Bewohner uns freundlich zujubelten, nach dem königlichen Schloß. Am Vorhof des Schlosses, als die verschiedenen Adjutanten und das übrige Gefolge des Königs abstiegen, wollte auch ich desgleichen tun; aber Mutaa gab es nicht zu, sondern

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