Tausend und eine Nacht, Band 4
männliches Betragen meine Tochter Morgenstern zur Gattin haben; sie ist tausendmal schöner als Halimah und so tugendhaft und wohlerzogen, daß du nie etwas Schlimmes von ihr zu befürchten hast.« Abid nahm dieses Anerbieten mit Dank an und fand in der Hochzeitnacht, daß Abd Arrahman nicht zu viel von der Schönheit seiner Tochter gesagt hatte. Den Leuten aber sagte man, Abid habe zwei Sklavinnen von Baßrah mitgebracht, die bald nach ihrer Ankunft gestorben.
Nach einiger Zeit sehnte sich Abid nach seiner Heimat, wo er noch sein Geschäft und viele Häuser und Güter zurückgelassen hatte, und bat daher seinen Schwiegervater, ihm zu erlauben, auf einige Zeit nach Baßrah zu reisen. Abd Arrahman sah mit Freude, daß Abid seine Heimat nicht vergessen hatte, und erbot sich sogar, ihm seine Tochter mitzugeben. »Wird aber«, sagte Abid, »deine Tochter gern ihre Heimat und ihre Familie verlassen?« – »Bei uns«, antwortete Abd Arrahman, »haben die Frauen keinen anderen Willen, als den ihres Mannes; man weiß auch daher bei uns nichts von Ehescheidung, ja, es verheiratet sich sogar keine Frau zum zweiten Male, wenn ihr erster Gatte stirbt.« Abid reiste also mit seiner Gattin nach Baßrah, wo er, sobald man nicht mehr zu befürchten hatte, jeden Freitag eingesperrt zu werden, überall eine freundliche Aufnahme fand; auch der König verzieh ihm seine Abreise ohne Urlaub, sobald er die Ursache derselben erfuhr, Nach fünf glücklichen Jahren starb Abid. Da wollte der König seine Witwe heiraten. Sie weigerte sich aber, der Sitte ihres Landes gemäß, und bat den König um Erlaubnis, in ihre Heimat zurückzukehren. Der König ließ sie von seinem Vezier mit einem starken Geleit nach Ägypten bringen, wo sie bei ihrem Vater als Witwe ihr Leben beschloß.
So sind eben die Frauen verschieden: Die eine buhlt noch beim Leben ihres Mannes mit einem fremden Jüngling, und die andere weist nach dem Tod ihres Gatten noch die Hand eines Königs zurück. Wer glaubt, alle Frauen seien einander gleich, der ist im Gehirn nicht recht gesund!
Die Abenteuer Alis und Zahers aus Damaskus.
Ali, der Sohn Zahers, erzählte einst dem Kalifen Abdul Malik, dem Sohne Merwans: Wisse, o Fürst der Gläubigen (Gott erhalte dich in deiner Frömmigkeit!), mein Vater Zaher aus Damaskus war ein sehr reicher Mann und stand in so großem Ansehen, daß die höchsten Staatsbeamten ihm häufig nachstehen mußten; er lebte lange kinderlos und hatte manche schlaflose Nacht, wenn er dachte, daß alle seine gesammelten Schätze nach seinem Tod an Fremde übergehen würden. »Eines Nachts«, – so erzählte mir mein Vater selbst – »sah ich im Traum eine weibliche Gestalt, schöner als der Mond, vor mir herwandeln, die mir mit einem Korallenmund freundlich zulächelte und dabei eine Perlenschnur enthüllte, deren Glanz sich bis zu den Wolken erhob; auch ihre Stirn leuchtete wie der Halbmond, aber ihre Haare hingen wie die schwarze Nacht über ihren Nacken herunter; ihre Wangen, welche Anemonen glichen, belebten ein Paar Gazellenaugen, welche von Augenbrauen wie von einem Bogen umwölbt waren. Ganz entzückt rief ich aus: Gepriesen sei der edle Schöpfer! Bist du, meine Herrin, ein Mensch oder ein Genius? Denn ich habe in meinem Leben kein so schönes Weib gesehen. Sie antwortete: Wo denkst du hin! Seit wann sehen Genien mir gleich? Ich stamme von den besten Menschen her; mein Name ist Farha; ich bin die Tochter des Königs Mutaa, des Gebieters der Korallenstadt, welche auf einer Insel des schwarzen Meeres nahe am grünen Meer liegt. Meine Vaterstadt wird wegen ihrer vielen Perlen, Korallen, Saphire und anderer Edelsteine von vielen Kaufleuten besucht, die ihr allerlei Lebensmittel dagegen bringen. Da ich aber keinen von allen schön genug fand, um ihn zu meinem Gatten zu wählen, machte ich mit der Einwilligung meines Vaters eine Reise, um einen Mann zu suchen, der würdig ist, mein Gebieter zu werden. Du bist aber der einzige, dessen Frau ich sein möchte!
»Ich fragte sie hierauf: Und wo kann ich dich finden, um dich zu heiraten? Sie antwortete: In der Residenz meines Vaters, des Königs Mutaa, auf der Koralleninsel. Mit diesen Worten verschwand sie und ich erwachte und konnte die ganze Nacht nicht mehr einschlafen. Sobald Gott den Morgen hereinbrechen ließ, befahl ich meinen Dienern, Geld und Waren zusammenzupacken und alles Nötige zu einer Reise nach Bagdad herbeizuschaffen. Mein Traum beschäftigte mich so sehr, daß alles in größter Eile
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