Tausend und eine Nacht, Band 4
anders gekleideten Braut wieder, bis ihre Stirn mit Schweiß bedeckt war, ihre Wangen wie Feuer glühten und mein Verlangen den höchsten Grad erreichte; da zog ich sie zu mir her, führte sie in ein Seitenzimmer, küßte und umarmte sie und sagte ihr: O Freude meines Auges, wie wenig bedaure ich es, um deinetwillen Familie und Vaterland verlassen und mich der Todesgefahr ausgesetzt zu haben. Sie erwiderte: Auch ich hatte manche schlaflose Nacht, manche Mühe und Sorge, bis ich zu deinem Besitz gelangte, ich mußte mir Menschen- und Genienkönige unterwerfen, um jede Stunde bis zu deiner Ankunft hierher Nachricht von dir zu erhalten. Nun, gelobt sei Gott, der mir in allem beigestanden! Laß uns jetzt alles Überstandene vergessen und uns ganz der Wonne und dem Genuß hingeben; doch da niemand gegen die Tücke des Schicksals gesichert ist, gib mir wenigstens als Erinnerung an diese Nacht den Ring, den du an deinem Finger hast. Ich zog den Ring, den ich von meinem Vater geerbt, von meiner Hand und überreichte ihn ihr, und sie gab mir ein kostbares Armband dagegen. Ich schlief dann bald in ihren Armen ein, denn ich hatte schon lange nicht mehr geschlafen, und erwachte erst, als die Sonne schon längst brannte; aber wie groß war mein Schrecken, als ich die Augen öffnete und mich in einer öden Wüste befand, in der kein Mensch sich regte, kein Vogel einen Laut von sich gab, kein grünes Blättchen das Auge erfreute, wo sich nur das Geheul von Werwölfen und das dumpfe Murmeln von bösen Genien vernehmen ließ. Ich stand verzweifelt auf, sah mich nach allen Seiten um, entdeckte aber nichts als Himmel und Sand; da sagte ich den Spruch, dessen sich niemand zu schämen hat: Es gibt keinen Schutz und keine Macht, außer bei Gott, dem Erhabenen! Dann hob ich die Augen weinend gen Himmel und rief: O Herr, der du das Geheime wie das Offenbare kennst, erbarme dich meiner aus Liebe zu Mohammed, blicke auf mich herab mit deinem Auge, das nie schläft, ich weiß ja nicht, wohin ich mich wenden soll, um gegen die brennende Sonne mich zu schützen! Kaum hatte ich diese Worte vollendet, als ich in Ohnmacht fiel, und ich blieb regungslos liegen, bis die Sonne sich von mir wandte und eine frische Luft mich anwehte. Da stand ich auf und tappte in der Dunkelheit umher, ohne zu wissen, nach welcher Seite hin; bald fiel ich aber, von Hunger, Durst, Müdigkeit und Schmerz erschöpft, zu Boden und schlief wieder ein. Da hörte ich im Traum eine Stimme, welche mir zurief: Sei ohne Furcht, Zaher! Deine Hilfe ist nahe. Ich erwachte gestärkt und durch meinen Traum neu ermutigt, und ging wieder bis vor Tagesanbruch aufs Geratewohl vorwärts; da erblickte ich in der Ferne etwas wie ein Feuer, und als ich mich demselben mehr näherte, sah ich, daß es eine Laterne war, welche auf dem Turm eines alten, festen, aber sehr hohen Klosters brannte. Das Kloster selbst war auch von tausend Kerzen und Lampen beleuchtet und schien sehr stark bewohnt zu sein. Ich war nur noch ein paar Schritte davon entfernt, da öffnete ein steinalter, schwarz gekleideter Mönch ein Fenster, steckte den Kopf heraus und rief: O Herr, Schöpfer der sieben Erden und der sieben Himmel, der gesalzenen Meere und der süßen Flüsse, der Dunkelheit und des Lichts, der du die Toten belebst und die Lebendigen tötest, Beherrscher dieser und jener Welt, o Gott dessen heilige Namen gepriesen seien, Dank sei dir für deine Huld und Erlösung bei deinen Versuchungen, es gibt keinen Gott, außer dir, du allein kennst das Verborgenste, bei dir allein, der du Jakob seinen Sohn Joseph zurückgegeben, ist ein sicherer Zufluchtsort zu finden, du allein bist der wahrhaft Vergebende, darum, o Herr, verzeihe allen denen, die dir ungehorsam waren, und sende allen Unglücklichen deine Hilfe! Ich warf mich, von diesem Gebet ergriffen, vor die Tür des Klosters und schlief vor allzu großer Mattigkeit bald wieder ein. Als ich erwachte, schien mir die Sonne schon heiß ins Gesicht, und ich fand mich von einer Schar Mönche umgeben, die in ihren schwarzen Kutten wie Raben aussahen, sie sprachen unter sich eine mir fremde Sprache, und als ich aufstand und sie grüßte, verstanden sie mich nicht, denn niemand erwiderte meinen Gruß; nur ein alter Mönch, er am Fenster betete, drängte sich zu mir, grüßte mich in meiner Sprache und sagte: Mein Freund, bei dem Messias! Wir leben nun in dieser Wüste seit unserem Alter von sieben Jahren und nun zählen wir alle siebzig und achtzig Jahre, und bis zu
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