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Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Weil
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dieser Stunde haben wir weder einen Menschen noch einen Djinn erblickt, denn wir befinden uns hier auf einer viereckigen Insel, welche von allen Seiten vom Meer umgeben ist und die so hohe Ufer hat, daß kein Schiff hier landen kann; sie erscheint dem auf dem Meer Schiffenden wie eine weiße Wolke, und der Berg, der sie umgibt, wird der Diamantberg genannt, ist aber so steil und unzugänglich, wie eine umgestürzte Schüssel; sage mir daher, wie es dir möglich war, hierher zu gelangen? Als ich diese Worte des Mönchs vernahm, sagte ich: Bei deinem Glauben, bei dem verehrten Evangelium, bei der mächtigen, heiligen Maria! Sage mir, wie weit ist Damaskus von hier? Der Mönch staunte mich eine Weile an, dann sagte er: Was sprichst du von Damaskus? Du befindest dich auf einer Insel des schwarzen Meeres, das alle übrigen Meere samt dem Berg Kaf umgibt, darauf hat man, nach den Berichten der Reisenden, welche an die Ufer dieser Insel kommen, zehn Jahre zu segeln, bis man das blaue Meer erreicht, auch dieses durchschifft man nicht in weniger als zehn Jahren, es führt in das grüne Meer und letzteres nach einer abermaligen zehnjährigen Fahrt ins griechische Meer, welches nach bewohnten Ländern und Inseln sich erstreckt.
    »Ich fragte den Mönch: Und woher habt ihr denn in dieser unfruchtbaren, trockenen Wüste Nahrung und Trank? Er antwortete: Komm mit mir ins Kloster, da sollst du alles sehen. Als ich in den Hof kam, sah ich eine Wasserquelle, süßer als Honig und frischer als Schnee; sie war von allerlei Obstbäumen umgeben, auf denen die schönsten Vögel umherhüpften. Da ich schon lange nicht gegessen und getrunken hatte, bat ich den Mönch, mir einiges Wasser und einige Früchte zu reichen. Er führte mich auf die Terrasse des Klosters und hieß mich einen Augenblick warten; ich sah mich um und war erstaunt, als ich beim hellen Tag in der Entfernung von ungefähr einer Tagereise in eine schwarze Nacht hineinblickte, und bat den Mönch, mir diese Erscheinung zu erklären. Er sagte mir: Das, was du für die Nacht hältst, ist das schwarze Meer, das, wie ich dir schon gesagt habe, diese Insel umgibt, doch komme jetzt und stille deinen Durst und deinen Hunger. Er führte mich hierauf in einen herrlichen Saal, wo ein goldener mit Perlen und Edelsteinen besetzter Tisch aufgetragen wurde, schöner als der des Herrn von Damaskus. Auf dem Tisch standen vier goldene Platten mit allerlei Fleischspeisen, frischen Fischen, Backwerk und ganz wohlschmeckendem Gerstenbrot. Alles war so vortrefflich und ich dabei so hungrig, daß ich in meinem Leben nicht so viel Lust am Essen hatte, wie damals. Als der Mönch bemerkte, daß ich satt war, brachte er mir allerlei Früchte, verschieden an Aussehen, Geschmack und Geruch von den unsrigen. Da sagte ich ihm: Da doch der Zugang zu dieser Insel, nach deinen eigenen Worten so schwer ist, woher habt ihr denn so frische Fische, so vielerlei Früchte und Fleisch und Gerstenbrot? Er antwortete: Erzähle mir zuerst, wie du hierher gelangt, dann will ich deine Frage beantworten. Ich erzählte ihm nun alles, was mir, von meinem Traum in der Heimat bis zum Augenblick, wo ich vor der Tür seines Klosters erwachte, widerfahren. Als ich vollendet hatte, stieß er ein lautes Gelächter aus und sagte: Wisse, mein Freund, wärest du nicht zu etwas Großem bestimmt, so hättest du nie die Strecke von Damaskus hierher zurücklegen können, denn die Insel, auf welcher der König Mutaa herrscht, liegt zwischen dem grünen und dem griechischen Meer, also sehr weit von deiner Heimat und von hier; was aber deine Frage in bezug auf unsere Früchte und andere Speisen angeht, so sollst du alles erfahren, folge mir nur. Er führte mich hierauf wieder in den Hof des Klosters und von hier in einen unterirdischen dunklen Gang, aber bald kamen wir wieder ins Freie und befanden uns auf einem Boden, der wie Silber glänzte, vor einem kleinen See, dessen Wasser süßer als Honig und kälter als Schnee war; um den See herum blühten die herrlichsten Blumen und die schönsten Fruchtbäume, auf denen die Vögel in den verschiedensten Sprachen Gottes Allmacht priesen; ich war wie berauscht vom süßen Duft dieser Blumen und vor Entzücken über all diese Herrlichkeit ganz außer mir.
    »Der Mönch fragte mich alsdann: Habt ihr wohl in eurer Heimat auch solche Lustgärten? Ich antwortete: Nein, bei Gott! Eine so wundervolle Anlage gibt es in der ganzen Welt nicht mehr. Er sagte mir dann: Nun blicke auch einmal zurück. Ich

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