Tausend und eine Nacht, Band 4
ließ mich bis in das Innere des Palastes reiten. Hier sah ich eine Pracht und Herrlichkeit, die in meiner Heimat nirgends zu sehen ist. Der König führte mich in einen großen Saal, wo eine Schar Diener seiner harrten, setzte sich auf einen Thron und hieß mich an seiner Seite Platz nehmen. Sogleich wurde ein Tisch mit allerlei Speisen beladen und vorgesetzt; der König sagte: Im Namen Gottes! Und reichte mir selbst die besten Bissen, wofür ich ihm jedesmal die Hand küßte.
»Als wir gegessen hatten, wurden silberne und goldene Kannen und Waschbecken herumgereicht. Endlich sagte mir der König: Weißt du wohl, Zaher, warum ich dich hierher gebracht und dich mit so vieler Liebe aufnehme? Ich habe eine Tochter, die Sonne ist noch bis heute über keiner Schöneren und Liebenswürdigeren aufgegangen; auch hat sie es durch den Unterricht, den ihr eine alte Amme erteilt, in der Zauberkunst so weit gebracht, daß, wenn sie es wollte, sie in einer Nacht die ganze Welt von Osten bis Westen durchfliegen könnte. Sehr oft kamen Gesandte aus fernen Ländern, welche im Namen von Königen und Prinzen um sie warben; da sagte sie mir immer: Ich will zuerst mit eigenen Augen meinen zukünftigen Gatten sehen. Hierauf verließ sie mich und kehrte am folgenden Morgen wieder und sagte: Der gefällt mir nicht; du kannst den Gesandten mit irgend einer Entschuldigung entlassen. Ich erwiderte ihr stets: Tue, was du willst, meine Tochter, ich werde dir keinen Zwang antun und dich mit keinem Mann verheiraten, der dir nicht gefällt. Eines Tages, als sie auch in Damaskus war, um einen dortigen Prinzen zu sehen, der um sie werben ließ, und auch ihn nicht nach ihrem Geschmack fand, erging sie sich auf den Bazaren und in den Straßen der Stadt, und da sie nirgends einen Mann fand, der ihr gefiel, schlich sie sich durch Zauberkünste mitten in der Nacht von Haus zu Haus, bis sie endlich zu dir kam; du allein hast ihr Herz besiegt und ihr so gefallen, daß sie dich zu heiraten wünscht. Sie wußte auch bald die Stunde auszurechnen, in welcher du hier anlangen würdest. Gelobt sei Gott, der dich wohlerhalten und zur vorausgesagten Zeit hierher geführt! Ich erwiderte: O erhabener König, bin ich doch weniger als einer deiner Diener, wie sollte ich mich dem Wunsch deiner Tochter widersetzen, wenn dir dessen Erfüllung genehm ist!
»Der König begab sich hierauf in ein Kabinett, und nach einer Weile trat er wieder lächelnd heraus, ließ den Kadhi und Zeugen rufen, man schrieb den Ehekontrakt, streute Gold und Silber aus, beräucherte den Verlobungssaal und beschenkte die Dienerschaft. Als alles dies geschehen war, wurden auch der Kadhi und die Zeugen bezahlt. Dann sagte mir der König: Stehe auf, Zaher, und folge mir! Ich stand auf und alle anwesenden Veziere, Staatsräte und anderen hohen Beamten erhoben und entfernten sich. Der König führte mich dann durch sieben Gänge und sieben Gemächer, in deren jedem etwa tausend ganz junge, in Seide gekleidete Mamelucken standen; endlich kamen wir in den innersten Saal, in dessen Mitte ein Springbrunnen sprudelte und an dessen oberer Seite ein mit Perlen und Edelsteinen verzierter elfenbeinerner Thron stand, der mit von Gold durchwirktem Atlas bedeckt war. Als wir dem Thron nahe waren, öffneten sich zwei Türen, eine zur Rechten und eine zur Linken des Saales, und es traten aus beiden Türen Sklavinnen hervor, welche goldene, mit Juwelen besetzte Räucherpfannen trugen, die den Saal mit Moschus- und Ambraduft erfüllten, so daß ich glaubte, die Pforten des Paradieses seien geöffnet. Als ich eine Weile neben dem König saß, erschienen aus einem Seitenzimmer hundert Sklavinnen wie der Mond, mit einer Jungfrau in ihrer Mitte, welche wie die Sonne strahlte, so schön, daß weder die Zunge eines Menschen, noch die eines Genius sie zu beschreiben vermag, und so reich geschmückt als eine Sultanin. Sobald sie mir näher trat, erkannte ich sie als das Mädchen, das mir im Traum erschienen war; ich verlor fast den Verstand vor Freude, vergaß alle Gefahr, der ich mich um ihretwillen ausgesetzt hatte, und pries Gott, den Schöpfer eines so vollkommenen Wesens.
»Als der König mein Entzücken bei dem Anblick sah, sagte er: Hier ist meine Tochter, nimm sie hin, Gott segne euch! Der König entfernte sich hierauf; auch die Sklavinnen zogen sich mit Farha zurück, erschienen aber bald wieder mit ihr in einem anderen, noch schöneren Aufzug und so gingen und kehrten sie zweiundsiebzigmal mit meiner jedesmal
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