Tausend und eine Nacht, Band 4
drehte mich um und sah etwas, das einer Wolke am Himmel glich, und fragte, was das wäre. Das ist, erwiderte der Mönch, der Berg, auf welchem unser Kloster liegt, es liegt so fern, daß es von hier nur einer Wolke gleicht, in der Nacht hingegen hält man es für einen Stern, wegen der vielen Lampen, die darin brennen. – Nun weiß ich, woher ihr Getreide und Früchte nehmet; doch wie kommt ihr zu Perlen und Edelsteinen und frischen Fischen? – Wisse, mein Freund! Das hier angrenzende Meer steigt zuweilen bis hierher; wenn dann das Wasser sich zurückzieht, bleiben gewöhnlich Fische zurück und auch viele Perlen und Edelsteine, an denen dieses Meer sehr reich ist. Wir blieben nun am Ufer des Reiches bis abends sitzen, da bemerkte ich die Lichter des Klosters wie kleine Sternchen über mir, und nach der Versicherung des Mönchs sieht man sie bis auf eine Strecke von zehn Tagreisen. Wir wollten eben wieder den Rückweg ins Kloster antreten, da hörte ich von jener Seite her ein so mächtiges Geschrei, daß die ganze Insel bebte; ich fuhr zusammen und fragte den Mönch, was dieser Lärm bedeute. Bei dem Messias, erwiderte der Mönch, ich habe manche Nacht hier allein zugebracht und nie das mindeste Geräusch vernommen; ohne Zweifel sind fremde Seetiere auf die Insel gekommen, die nun aber mit den einheimischen Tieren im Kampf sind. Wir stellten uns dann auf einen hohen Stein, der vor dem Teich lag, und sahen uns nach allen Seiten um, da entdeckten wir überall kleine fliegende Lichtchen, die sich gegenseitig verzehrten, auch sahen wir bewaffnete Männer in der Luft, gegen andere mit Schwert und Lanze kämpfend, dann stießen zwei Armeen zu Pferd aufeinander mit einem Kriegsgeschrei, daß die Erde wankte. Das blutigste Gefecht dauerte eine Weile fort, endlich gingen die zwei Heere auseinander und es stellte sich ein alter, ehrwürdiger Graubart, von schönem Aussehen, jedoch halbblind, zwischen sie und rief mit lauter Stimme: Schonet doch euer Blut, ihr törichtes Volk, und reibt einander nicht gegenseitig auf wegen eines Fremdlings, der weder König noch Prinz, sondern nur ein unbedeutender Mensch von der gewöhnlichen Klasse ist. Dann trat dem Alten ein Mann in Elefantengestalt entgegen, sein Name war Tud (hoher Felsen), und sagte ihm: O unser Vater, bei dem Siegel unseres Herrn Salomo, der Sohn Davids! Unser Herr, der König Mutaa, ist ganz unschuldig an diesem unheilbringenden Krieg; das ganze Übel kommt von diesem verruchten Teufel Schulahek her, der ist in unser Land gedrungen, hat unser Heiligtum entweiht, einen fremden Mann, Namens Zaher, entführt und ganz allein auf die Insel gesetzt; wir wollten weiter nichts, als diesen Fremdling nach dem Befehl der Prinzessin Farha zu uns nehmen, ihn beschützen und wieder in die Korallenstadt zum König Mutaa bringen, da widersetzte sich uns der Räuber Schulahek, und so entspann sich der mörderische Kampf, dessen du Augenzeuge warst. Der alte Halbblinde, sein Name war Abu Tawaif, erwiderte hierauf: Wisse, o König Tud, Schulahek ist nicht so sehr zu tadeln, wie du glaubst; die Prinzessin Farha, welche so viele Menschen und Genien durch ihre Schönheit bezaubert, hat unter anderen auch Schulahek und seinen Bruder Schalhuk in das Netz ihrer Liebe gezogen, sie bekriegten sich daher aus Eifersucht, und nach langem Kampf gelang es Schulahek, seinen Bruder zu töten. Als er aber nun um Farha anhielt, wurde er von ihr zurückgestoßen und sie zog ihm einen fremden Menschen aus Damaskus vor, darum gab er sich Mühe, ihr diesen zu entreißen, und darum flog er mit ihm auf diese entlegene Insel. Darauf sagte Tud: Und warum hat er ihn nicht umgebracht? Der Alte antwortete: Weil er doch die Rache Farhas und ihres Vaters fürchtete, darum zog er vor, ihn hierher zu setzen; aber verdient wohl ein Geschöpf wie Zaher, daß ihr um seinetwillen euch so bekriegt? – Du hast recht, antwortete Tud, indessen gebührt dem Fremdling Schutz und Beistand; Zaher ist übrigens ganz unschuldig, dazu tu' ich weiter nichts, als den Befehl meiner Herrin Farha vollziehen; mir ist indessen selbst lieb, wenn ihr den Frieden zwischen uns nach euerem Gutdünken herstellen wollt, aber ich frage euch alle, bei dem Siegel Salomos, der Sohn Davids (Friede sei mit ihm!), ist einer unter euch, der seinen Gast dessen Feind ausliefern würde? Sämtliche Genien antworteten: Nein, das würden wir nicht tun; aber sollen wir wegen eines hergelaufenen Menschen uns noch länger bekriegen? – Es ist wahr, sagte Abu
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