Tausend und eine Nacht, Band 4
gesprochen, als ein paar Genien, so groß wie der höchste Berg, sich auf sie stürzten und ihr mit schweren Ketten die Hände auf den Rücken banden. Dann faßten sie mich und fragten mich: »Wer bist du?« – »Ich bin Ali, der Sohn Farhas«, antwortete ich. »Bist du es also«, versetzten sie, »um dessentwillen so viele Länder verwüstet, so viele Könige! entthront und so viele Genien getötet wurden. Bei dem Siegel Salomos! Du sollst für das Unheil, das du gestiftet, schwer büßen!« Schon wollte ein Genius vom Berg Kaf, auf den Wink des Königs Djahak, Duhas und meinem Leben ein Ende machen, als sich auf einmal ein furchtbares Kriegsgetöse vernehmen ließ. Die zwei Adjutanten des Königs Djahak sprengten heran und riefen dem König zu. »Entfliehe, so schnell du kannst, sonst bist du verloren; schon sind deine besten Truppen teils getötet, teils gefangen worden, denn die Königin Farha überfiel sie unerwartet, wie ein Blitz vom Himmel, um ihren Sohn zu befreien.« Aber noch ehe Djahak einen Entschluß gefaßt hatte, stand schon meine Mutter mit einigen unüberwindlichen Genienhäuptern vor mir; Djahak wurde mit den Ketten, welche Duha abgenommen wurden, gefesselt und in seine Hauptstadt geführt, wohin meine Mutter auf ihren eigenen Armen auch mich trug.
Meine Rettung durch meine Mutter war wunderbar. Sie hatte nämlich, sobald der Bote, welchen Duha von der Vollkommenheitsinsel abgesandt hatte, ihr die Nachricht von meinem Aufenthalt bei Turaja brachte, aus Furcht, letztere möchte mich so streng bewachen, daß Duha kein Mittel, mich zu entführen, finden könnte, ohne ihren Vater davon zu benachrichtigen, sich mit einigen tausend Genien auf den Weg nach der Vollkommenheitsinsel gemacht, und war gerade auch in der Nähe der Löweninsel, als Djahak mit den Seinigen Duha und mich angriff. In Djahaks Residenz angelangt, setzte sich meine Mutter auf dessen Thron, hieß mich neben ihr Platz nehmen und bat mich, ihr zu erzählen, was mir seit meiner Flucht aus der Heimat widerfahren. Noch hatte ich meine Erzählung nicht vollendet, als Duha hereintrat und die Ankunft der Königin Turaja mit vielen Genien meldete. Turaja hatte nämlich, als sie des Morgens erwachte und mich nicht mehr fand, zuerst an eine List von ihrer Schwester Schuhba gedacht; als aber auch Duha nirgends zu finden war, zweifelte sie nicht, daß diese mich in der Nacht geraubt und zu meiner Mutter getragen. Da ihr ohnehin der Aufenthalt bei ihrer Schwester verhaßt war, versammelte sie daher ihre Getreuen, die sie zu ihrer Schwester begleitet hatten, und forderte sie auf, mit ihr nach der Diamanteninsel zu fliegen. Als sie aber an der Löweninsel vorüberkam, sah sie aus der Ferne dem Kampf zwischen den Truppen der Königin Farha und des Königs Djahak zu, hielt still, bis einer von des letzteren Genien auf seiner Flucht in ihre Nähe kam, und fragte ihn, was dieser Krieg bedeute. Als sie hörte, daß die Königin Farha mich und Duha aus den Händen Djahaks befreite, flog sie uns nach und ließ sich bei meiner Mutter in Djahaks Schloß melden. »Gehe du ihr entgegen«, sagte mir meine Mutter, »und heiße sie willkommen.« Ich stürzte zur Tür hinaus, umarmte sie und stellte sie meiner Mutter als meine Gattin vor. Unsere allseitige Freude war so groß, daß wir alle Gott für diese wunderbare Vereinigung dankten, und Duha für die uns geleisteten Dienste den Thron und das Reich Djahaks schenkten.
Wir blieben nun den ganzen Tag beisammen; gegen Abend aber sehnte ich mich danach, mit meiner Geliebten allein zu sein; ich forderte sie daher zu einem Spaziergang vor die Stadt auf und ließ meine Mutter bei Duha. Ich war so selig bei Turaja, daß ich mich mit ihr immer weiter in die Gärten vertiefte, welche die Stadt umgeben, und der Mond hatte schon längst die Stelle der Sonne am Himmel eingenommen, ehe wir an eine Rückkehr dachten. Erst als die finstere Nacht uns umhüllte, wollte ich wieder den Weg in die Stadt einschlagen, verirrte mich aber und entfernte mich immer weiter von derselben, bis ich an ein schönes, ganz menschenleeres Zelt kam. Da sagte ich zu Turaja: »Laß uns lieber in diesem Zelt übernachten, als die ganze Nacht im Freien zubringen, denn in dieser Dunkelheit finden wir doch den Weg zur Stadt nicht zurück.« Turaja stimmte mir bei, und wir traten in das Zelt, in welchem alle Bequemlichkeiten des Lebens aufgehäuft waren: Herrliche Divane und Teppiche, reicher Vorrat an Speisen und Getränken, wohlriechende
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