Tausend und eine Nacht, Band 4
mich aus, um Erkundigungen über ihn einzuziehen. Nun, da uns die Vorsehung zusammengeführt hat, laß uns beisammen bleiben und gemeinschaftliche Nachforschungen anstellen, vielleicht kann einer dem anderen nützlich werden, und haben wir einmal Ali gefunden, so können wir ja beide Königinnen zufriedenstellen.« – »Wir können sogleich«, versetzte Duha, »durch ein freundschaftliches Zusammenwirken unser Ziel erreichen; binde mich mit einem Strick und führe mich mit Gewalt zu den beiden Genien, welche mich verfolgten, grüße sie freundlich und sage ihnen: Meine Brüder, hier ist die verfluchte Djinn, welche vor euch entflohen ist; sie scheint schlimme Absichten zu haben, denn auch mir wollte sie ausweichen und die Fragen, die ich an sie stellte, nicht beantworten; aber ich schlug ihr meine Flügel ins Gesicht, daß sie zu Boden sank, und nun bringe ich sie euch, daß ihr nach Gutachten mit ihr verfahrt. Auf diese Weise«, fuhr Duha fort, »gewinnst du ihr Vertrauen, und es wird dir leicht sein, nötigenfalls mich vor einer allzu harten Strafe zu bewahren.«
Sader bewunderte ihren listigen Plan, warf Duha sogleich einen Strick um den Hals und näherte sich dem Berg, wo ihr die beiden Genien begegnet waren. Als er sie sah, rief er: »Herbei, teure Brüder, hier bringe ich euch die verdammte Djinn, welche vor euch entfloh; auch mir wollte sie nicht sagen, wer sie sei und was sie hier suche, dann warf ich sie zu Boden und band sie fest.« – »Wir kümmerten uns weiter nicht viel um diese Djinn«, sagte einer der Genien, »doch, da du sie uns gefangen zuführst, soll sie den Lohn für die Widerspenstigkeit empfangen; schleppe du sie uns nach in das Fremdenhotel.« Sader folgte den beiden Genien, Duha am Strick führend, nach einem sehr schönen Schloß mit unzählbaren Gemächern, das zwischen zwei hohen Bergen lag. Hier angelangt, ließen die Genien Speisen und Wein auftragen, setzten sich zu Sader und aßen und tranken mit ihm. Im Laufe des Gespräches hörte Sader, daß ihnen wirklich Schuhba den Auftrag gegeben, die Statue zu bewachen, damit sich niemand ihrer nähere; er bat sie daher um die Erlaube, sie am folgenden Tag begleiten zu dürfen. Duha, welche noch immer gebunden dastand, brach jetzt in Tränen aus und sagte, vor den beiden Genien niederknieend: »Wenn ihr es mit Schuhba gut meint, so dürft ihr auch mich nicht als einen Feind behandeln, denn ich bin eine ihr befreundete Djinn, von ihr beauftragt, ihren Vater herbeizurufen, damit er sie gegen Turaja schütze, wenn sie ihr Verfahren gegen All erfährt; doch will ich gern, wenn ihr einen anderen Boten abschicken wollt, bei euch bleiben und treu dienen.«
Die Genien, welche der Wein in gute Laune gebracht hatte, glaubten Duhas Worten, nahmen ihr sogleich den Strick vom Hals und ließen auch sie am folgenden Morgen mit in den Wald kommen. Als sie in der Nähe der Statue sich niederließen, sagte Sader: »Was mag wohl der arme Mensch begangen haben, daß ihn die Königin Schuhba in einen Stein verwandelt, der durch keine Bewegung sich weder vor Kälte noch vor Hitze schützen kann, und dazu noch wie ein Mensch fühlt und denkt und hungert und dürstet?«
»Ich kenne sein Verbrechen nicht«, antwortete der Wächter, »aber gewiß hat er sich schwer gegen die Königin verfehlt; vielleicht liebte er sie und erkühnte sich, ihr seine Gefühle zu erklären.« – »Das glaube ich nimmermehr«, versetzte Duha, »denn Ali liebt die Königin Turaja und hat um ihretwillen sich schon der größten Lebensgefahr ausgesetzt; mir ist wahrscheinlicher, daß die Königin Schuhba ihm zugeneigt war, denn Ali ist der schönste Mann, den Gott geschaffen, und daß, weil er ihre Neigung nicht erwiderte, sie sich in Haß verwandelte; auch scheint sie noch immer zu hoffen, er werde ihren Wünschen nachgeben, sonst hätte sie ihn gleich getötet.« Als der Wächter, der selbst Schuhba leidenschaftlich liebte, dies hörte, sagte er: »Wenn dem so ist, so mag Schuhba ihn selbst bewachen«, und flog mit dem anderen Genius davon. Sader ging sogleich auf die Statue zu, nahm sie auf den Rücken und wollte sie zu Turaja tragen, damit sie den Zauber löse; aber Duha trat ihm in den Weg und sagte: »Das geht nicht, ich muß ihn seiner Mutter Farha bringen; bedenke, daß Ali nur durch meine List gerettet worden, und daß die Sehnsucht einer unglücklichen Mutter nach ihrem Sohn eher Mitleid verdient, als die einer Geliebten.« – »Ich glaube, du hast den Verstand verloren«,
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