Tausend und eine Nacht, Band 4
ich ihm und bat ihn, mir zu erlauben, den beiden Königinnen, meiner Mutter und Gattin entgegenzugehen. Der König gewährte mir meine Bitte und kehrte allein zur Stadt zurück, während ich mich in das Genienlager zu den beiden Königinnen führen ließ. Beide fielen vor Freude, mich wiederzusehen, in Ohnmacht; ich bespritzte sie mit Rosenwasser, und als sie wieder zu sich kamen und mich mehrmals geküßt und umarmt hatten, fragte ich sie, wieso sie hierhergekommen. »Wisse«, sagte meine Mutter, »als du allein mit 'Turaja auf der Löweninsel des Nachts so lange ausbliebst, wurde ich so unruhig, daß ich Duha bat, mit einigen mächtigen Genien in der Richtung, nach welcher wir dich hinziehen sahen, dich zu suchen. Duha flog lange in den Gärten umher, bis endlich ein jämmerliches Wehgeschrei sie vor ein schönes Zelt lockte; es war Turajas, welche Djahaks Brüder mißhandelten, weil sie ihrem lüsternen Verlangen kein Gehör gab.«
Duha stürzte sogleich über Djahaks Brüder her und fesselte sie mit Hilfe der Genien, die bei ihr waren, und führte sie zu mir. Ich fragte sie nach dir und hörte, sie haben dich hinter den Berg Kaf bringen lassen. Jetzt hatte ich wenig Hoffnung mehr, dich wiederzufinden, ich bat jedoch die treue Duha, abermals dir nachzueilen, vielleicht könnte sie dich doch noch einholen, ehe du den traurigen Ort deiner Bestimmung erreichtest. Duha gehorchte mir und flog, so schnell sie konnte, nach der Richtung des Berges Kaf. Als sie über Syrien schwebte, begegnete ihr eine alte Freundin und fragte sie, was sie so weit von ihrer Heimat suche. Ich verfolge einen Djinn, antwortete Duha, der Ali, den Sohn Farhas, hinter den Berg Kaf tragen will. – Wenn dies der Zweck deiner Reise ist, so darfst du sie nicht fortsetzen, versetzte Duhas Freundin, denn ein Djinn, der einen Menschen trug, ist von einem feurigen Pfeile verbrannt worden und der Mensch nach Damaskus gefallen, geh einmal dahin und erkundige dich nach diesem Menschen, vielleicht ist es Ali, den du suchst. Duha ging hierauf in menschlicher Gestalt nach Damaskus, kam vor ein Kaffeehaus, wo viele Leute versammelt waren, die sich von der Ankunft eines Sohnes des Zaher aus der Diamanteninsel unterhielten. Sie zweifelte jetzt nicht mehr daran, daß du der vom Djinn getragene Mensch warst, und brachte uns eilig diese freudige Nachricht, worauf wir – so schloß meine Mutter – sogleich den Entschluß faßten, dir hierher zu folgen.« Nachdem ich dann meinerseits meiner Mutter und meiner Gattin erzählt hatte, auf welche wunderbare Weise ich durch meinen Vater von Stockschlägen, an denen ich gewiß gestorben wäre, gerettet wurde, begaben wir uns zusammen zum König, welcher schon meinen Vater von der Ankunft seiner Gattin in Kenntnis gesetzt und zu sich geladen hatte. Mein Vater brach in Tränen aus, als er meine immer noch schöne Mutter wiedersah, und bedauerte die so lange Trennung von ihr; sie aber machte ihm Vorwürfe darüber, daß er es niemals wieder versuchte, zu ihr zu gelangen. Der König, welcher uns alle reichlich beschenkte und den innigsten Anteil an unserer Freude nahm, versöhnte sie aber miteinander, und meine Mutter ließ sich bewegen, noch drei Tage in Damaskus zu bleiben; länger aber wollte sie nicht ihren Vater in Verlegenheit lassen; Turaja hingegen wollte Damaskus nicht mehr verlassen, und begnügte sich damit, dem König Farkad durch einen Boten ihren Entschluß mitzuteilen; und so lebte ich mit ihr in den glücklichsten Umständen, bis der nichts schonende Tod sie mir entriß.
Als Ali diese Erzählung vollendet hatte, fragte ihn der Kalif Abdul Malik, der Sohn Merwans, ob ihm seine Gattin keine Kinder gezeugt, und als er diese Frage bejahte, ließ er sie sich vorstellen und schenkte jedem ein schönes Kleid, auch Ali schenkte er ein Ehrenkleid, bestimmte ihm ein ansehnliches Gehalt und ließ sich von ihm Märchen erzählen, sooft seine Brust beklommen war.
Das ist alles, was uns von den Abenteuern Alis und Zahers aus Damaskus zugekommen. Gepriesen sei der einzige Gott und gegrüßt sei unser Herr, sein Gesandter Mohammed, mit seinen Verwandten und Gefährten, bis zum Tage des Gerichts!
Die Abenteuer des Fischers Djaudar aus Kahirah und sein Zusammentreffen mit dem Abendländer Mahmud und dem Sultan Beibars. [Fußnote: Diese aus einem herzoglich-gothaischen Manuskript übersetzte Erzählung ist mit der unter gleichem Namen schon gegebenen nur in Bezug auf das Zusammentreffen Djaudars mit den Abendländern
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