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Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Weil
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Wachslichter und was sonst hohe Reisende mitzunehmen pflegen. Aber kaum hatten wir uns niedergelassen, als zwei Männer mit vier fliegenden Genien hereintraten; es waren Djahaks Brüder, welche bei dessen Niederlage die Stadt verlassen und ihr Zelt hier aufgeschlagen hatten, um am folgenden Tag weiterzufliehen. Sobald sie uns sahen und erkannten, fiel der eine über mich und der andere über Turaja her, und riefen: »Jetzt können wir unseren Bruder rächen!« Der eine übergab mich dann einem der vier Genien und sagte ihm: »Trage diesen verderbenbringenden Menschen hinter den Berg Kaf, daß ihn dort Gottes Fluch treffe!«
    Der Genius nahm mich auf den Rücken und flog mit mir so hoch hinauf, daß ich den kleinsten Stern so groß wie den höchsten Berg sah, und ich hörte, wie die Engel Gott priesen. Da rief ich: »Es gibt nur einen einzigen Gott, und Mohammed ist sein Prophet!« Kaum hatte ich diese Worte vollendet, so traf ein feuriger Pfeil den Genius, der mich trug, und verwandelte ihn in Asche; ich aber schwebte lange in der Luft umher und wurde vom Wind hin und her getrieben, bis ich endlich auf eine Terrasse der Stadt Damaskus fiel. Mein Fall machte so viel Geräusch, daß der Hausherr erwachte, und da erst vor kurzem bei ihm eingebrochen wurde, weckte er seine Diener und bestieg mit ihnen die Terrasse. Als sie mich sahen, hielten sie mich für einen Dieb und fielen, ohne mich anzuhören, mit ihren Stöcken über mich her; dann banden sie mich und ließen mich bis Tagesanbruch im Hof liegen. Kaum war die Sonne aufgegangen, führten sie mich zum Polizeiobersten und sagten ihm: »Hier ist ein Dieb, den wir heute Nacht auf unserer Terrasse gefunden.« – »Gewiß war er es«, sagte der Hausbesitzer, »der schon vor einiger Zeit mich bestahl.« Der Polizeioberste fragte mich, wer ich sei, und als ich ihm sagte, ich sei Ali, der Sohn Farhas, Königin der Diamanteninsel, lachte er und befahl seinen Soldaten, mich auf den Boden zu strecken und zu prügeln, bis ich die Wahrheit gestehe und das Gestohlene wieder herausgebe. In diesem Augenblick aber trat mein Vater herein, und als er seinen meiner Mutter in der Hochzeitsnacht gegebenen Siegelring sah, fuhr er zusammen und fragte erstaunt den Polizeiobersten: »Wer ist dieser Jüngling?« – »Es ist ein Dieb«, antwortete der Polizeioberste, »welcher heute Nacht bei diesem Mann einbrechen wollte.« – »Aber dieser Jüngling«, versetzte mein Vater, »sieht keineswegs einem Dieb gleich; hast du ihn gefragt, wie er heißt und wo er her ist?« – »Er nennt sich Ali, Sohn Farhas, aus der Diamanteninsel«, antwortete der Polizeioberste lachend. Bei diesen Worten fiel mein Vater mir um den Hals und sagte: »Er hat wahr gesprochen, er ist mein Sohn, ich erkenne ihn an seinem Siegelring!« Er forderte mich dann auf, ihm in Gegenwart des Polizeiobersten zu erzählen, wieso ich auf die Terrasse dieses Mannes gekommen, Ich erzählte hierauf meine ganze Lebensgeschichte von meiner Geburt an bis zu dem Augenblick, wo ein feuriger Pfeil den mich tragenden Genius traf und ich auf die Terrasse fiel. Mein Vater machte dem Polizeiobersten Vorwürfe über sein voreiliges Urteil und nahm mich mit in sein Haus, wo ich ihm nochmals alle meine Abenteuer erzählen mußte.
    Am folgenden Tag stellte er mich dem König vor, und diesem gefiel ich so gut, daß ich einer seiner vertrautesten Gesellschafter wurde. Eines Tages, als ich mit ihm spazieren ritt und ihm manches von den Genien erzählte, sagte er: »Ich möchte doch auch einmal eine Djinn sehen, wie du; wie sehen sie denn aus?« Ich antwortete ihm: »Mein Herr, die Djinn sind von verschiedenartiger Gestalt: Sie sehen bald vierfüßigen Tieren, bald Vögeln, bald Menschen gleich.« Kaum hatte ich dies gesagt, rief der König: »Sieh einmal, Ali, wie dort in der Ferne eine düstere Wolke den Himmel überzieht; man sieht die Sonne gar nicht mehr!« Ich blickte nach der mir bezeichneten Seite hin und sagte: »Das ist keine Wolke, erhabener König; es ist eine Schar fliegender Djinn, die auf uns zukommt.« In der Tat zerteilte sich bald die schwarze Masse nach den verschiedenen Seiten von Damaskus, und eine Abteilung von ungefähr hundert Genien ließ sich in unserer Nähe herab und wollte in die Stadt gehen. Ich näherte mich dem Anführer dieser Abteilung und fragte ihn, was er in Damaskus suchte. Er antwortete: »Ich soll dem König die Ankunft der Königin Turaja und der Königin Farha melden.« – »Hier ist der König«, sagte

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