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Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Weil
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ein Buch, welchem tausend Geister unterworfen sind, und sagte mir: Bewahre dieses Buch wohl, denn es haben Könige, Priester und Zauberer mich darum beneidet, weil man durch es alle seine Wünsche befriedigen kann. Wenn du etwas brauchst, so rufe nur: Geflügelter Sandja! Er wird dir ein Geist erscheinen, der dir bringt, was du begehrst, und läge es im siebenten Meer hinter dem Berg Kaf. Ich freute mich sehr mit einem so wertvollen Geschenk, und zeigte in meiner Freude das Buch meinen Brüdern, den beiden Männern, die in dem See ertranken. Aber diese beneideten mich und trachteten danach, mich desselben zu berauben. Eines Tages, als ich das Buch in Anwesenheit meiner Brüder erproben wollte, rief ich: Geflügelter Sandja! Da stieg ein Rauch aus dem Buch gen Himmel, der sich nach und nach zusammenzog und eine ungeheure menschliche Gestalt bildete mit drei Flügeln, einen an jeder Seite und einen mitten auf dem Rücken. Dieses wunderbare Wesen sagte: Hier bin ich, was befiehlt mein Herr? – Ich möchte mit meinen Brüdern, antwortete ich, eine kleine Lustreise nach dem Korallenberg machen, bringe uns schnell dorthin! – Sehr gern, sagte er, breitete seine drei Flügel aus, nahm mich auf seinen Rückenflügel und meine beiden Brüder auf seine Seitenflügel, und setzte uns nach einem raschen Flug durch die Luft auf den Korallenberg. Hier angelangt, fragte ich Sandja, was wohl hinter diesem Berg läge? Er antwortete: Mein Herr, hinter diesem Berg liegt das Gazellental und die Insel des Königs Numan, des Amalekiten, welche der Ozean mit seinen Wellen umspült. – So führe uns in dieses Tal, sagte ich, und stieg abermals auf seinen Rücken, während meine beiden Brüder sich auf seine beiden Seitenflügel setzten. Sandja schwang seine Flügel und brachte uns in ein Tal, dessen Boden wie die allerfeinste Baumwolle aussah und reinsten Moschusduft verbreitete. Mitten durch das Tal schlängelte sich ein Bach, dessen Wasser frischer als Schnee und süßer als Honig war. An den Ufern dieses Baches blühten Lilien, Kamillen, Narzissen und Jasmine. Wir gingen das Ufer dieses Baches entlang spazieren, bis wir an einen ungeheuer großen Nußbaum kamen, der so groß war, daß er recht gut hundert Reiter in seinem Schatten aufnehmen konnte. Da sagte Sandja: Steiget auf diesen Baum, da könnt ihr auf die reizende Insel des Königs Numan herabsehen. Wir freuten uns, einen Blick auf diese so berühmte Insel werfen zu können, und kletterten auf den Nußbaum, bis die Insel in ihrer ganzen Länge und Breite mit allen ihren Städten und Dörfern, Bergen und Tälern, Wäldern und Gärten vor uns ausgedehnt lag. Als wir uns nach allen Seiten umgesehen hatten und wieder herabsteigen wollten, sahen wir, wie ein roter Fisch, so groß wie ein Kamel, aus dem Meer, das die Insel umgibt, in den Bach schwamm, der nicht weit unter dem Nußbaum sich ins Meer ergießt, und in unserer Nähe in der Gestalt einer schönen Jungfrau ans Land stieg. Sie näherte sich immer mehr dem Nußbaum, und mit jedem Schritt mußten wir ihre Reize mehr bewundern, Sie hatte babylonische Augen, über welche sich Augenbrauen wie ein Bogen wölbten. Ihre Stirne leuchtet wie der Mond, ihre Wangen schienen Rosen zu sein, ihre Lippen ein Labsal für jeden Kranken, ihre Haare, schwärzer als die Nacht und feiner als Seide, hingen bis auf die Erde herab. Ihr Anblick bezauberte uns so sehr, daß wir vor Entzücken beinahe vom Baum fielen.
    Die Jungfrau hatte kaum das Land betreten, da rief sie mit einer tief ins Herz dringenden Stimme: O Königssonne! Da kam ein grüner Fisch den Bach heraufgeschwommen, stieg in ihrer Nähe ans Land, warf seine Fischhülle ab, und es zeigte sich uns eine Jungfrau mit so feinen Gesichtszügen, so schlankem Wuchs und so zarten Hüften, daß wir die erste ganz vergaßen und ihr allein unsere Bewunderung und Liebe schenkten. Mein Herz ist mir heute so schwer, teure Königssonne, sagte die erste Jungfrau zur zweiten, daß ich mich in diesem lieblichen Tale ein wenig mit meinen Gespielinnen zerstreuen möchte. Sie rief dann: Augenperle! Und siehe da! Es kam ein gelber Fisch herangeschwommen, der, sobald er ans Ufer sprang, sich auch wieder in eine Jungfrau verwandelte, welche die beiden ersten noch an Schönheit übertraf; neben ihr mußte der Mond erbleichen und die Sonne schien eine ihrer Dienerinnen zu sein. Wer sie sah, mußte ausrufen: Hier ist die Schwester des frommen schönen Josef! Und so rief sie eine Jungfrau nach der anderen herbei,

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