Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Weil
Vom Netzwerk:
er sah aber trotz seines hohen Alters doch noch so rüstig wie ein reißender Löwe aus, und seine Stimme hatte noch die Kraft des Donners. Ich küßte ihm die Hand und grüßte ihn ehrfurchtsvoll; er erwiderte meinen Gruß und befahl dem Sklaven, mir einige Speisen zu bringen. Als der Sklave ein Tischchen mit den schmackhaftesten Speisen beladen vor mich stellte, sagte mir der Alte: Ich weiß, daß du mehrere Tage nichts gegessen hast, darum labe dich an diesen Speisen. Während des Essens fuhr er dann fort: Ich weiß deine ganze Geschichte, ehe du sie mir erzählst; deine Brüder haben dich um dein Buch gebracht; du aber denkst mehr an die schönen Mädchen, die du im Gazellental gesehen, als an den Verlust deines Buches. Wisse, Mahmud, diese Mädchen, welche ein Leckerbissen für Sultane und Kaiser wären, haben bisher alle Menschen und Genien, die bei ihrem Vater Numan, dem Herrn der Rabeninsel, um sie warben, abgewiesen, denn sie folgen in allem dem Rat des Priesters Ansarut, der bei ihrem Vater im höchsten Ansehen steht. Ansarut ist ein sehr berühmter Arzt und Zauberer, welcher drei Tage bei den Genien und drei Tage bei dem König Numan zuzubringen pflegt. Eines Tages, als er von den Genien zurückkehrte, trat ihm Numan bestürzt entgegen und sagte ihm, alle seine Töchter lägen krank darnieder, er möchte sie doch schnell besuchen. Ansarut besuchte mit mehreren Dienern eine nach der anderen, verordnete einiges und kam lächelnd wieder zu Numan und sagte ihm: Deine Töchter werden wieder genesen, sobald sie ein wenig von dieser Insel, auf der eine fortwährende Seeluft weht, sich entfernen; ich werde dafür sorgen, daß sie auf angenehme Weise sich zuweilen auf das feste Land begeben können. Er verließ dann den König und ließ einen Fischer rufen und befahl ihm, die Haut von fünfzehn großen Fischen zu bringen. Sobald der Fischer die Häute brachte, schrieb er auf die innere Seite derselben allerlei heilige Namen, welche diesen Häuten die Tugend verliehen, wie lebendige Fische im Meer nach jeder Richtung zu schwimmen, welche der von ihnen Umhüllte ihnen zu geben wünscht. Am folgenden Tag gab er jeder Prinzessin in Anwesenheit des Königs eine solche Haut; die fünfzehnte Haut aber gab er seinem Sohn Didakam und befahl ihm, die Mädchen nach dem Gazellental zu begleiten. Dem König sagte er dann: Sei frohen Mutes und vertraue mir; was deinen Töchtern Schlimmes widerfährt, trifft auch meinen Sohn, der, wie du wohl weißt, mir ebenso teuer ist, wie dir deine Töchter sind. – Tue, was du für heilsam hältst, erwiderte der König. Darauf befahl Ansarut seinem Sohn, mit seinen Prinzessinnen ins Meer zu steigen und ins Gazellental zu schwimmen, dessen Luft sie bald wieder herstellen würde. Denn dort, sagte er, sind sie sicher vor Menschen und vor Genien; auch schützen euch die heiligen Namen, die in die Haut geschrieben, gegen Menschen wie gegen Genien, die Wellen des Meers fliehen, die Berge ebnen sich und die Bäume verbeugen sich vor ihnen. Didakam stieg hierauf mit den Prinzessinnen ins Meer, und sie schwammen wie natürliche Fische ins Gazellental bis an den großen Nußbaum hin. Dort stiegen sie ans Land und brachten den ganzen Tag im Tal zu, und schon am ersten Abend fand sie ihr Vater, als sie wieder heimkehrten, so gestärkt und wohl aussehend, daß er Ansarut und seinem Sohn ein Ehrenkleid schenkte.
    Seither kommen die Prinzessinnen jeden Tag in das Gazellental und spielen miteinander in der Nähe des Baumes, auf dem du dich mit deinen Brüdern befandest. Doch schlage dir jetzt die Mädchen aus dem Kopf und denke zunächst daran, wieder in den Besitz deines Buches zu gelangen, und das kannst du nur mit Hilfe deines Lehrers in Tunis; darum werde ich dafür sorgen, daß du noch diese Nacht dahin gebracht werdest. Grüße nur deinen verehrten Lehrer vielmal von mir und sage ihm, der Priester Sanuda, Herr des eisernen Klosters mit der messingnen Pforte, sehne sich sehr nach ihm. Schon wartet hier, fuhr Sanuda fort, ein Geist, den mir dein Lehrer mit einem Brief gesandt, in welchem er mir anzeigte, was dir widerfahren, und der beauftragt ist, dich nach Tunis zu tragen. Sei aber nur auf deiner Hut: Dieser Geist ist ein wahrer Satan; er kann sich so klein wie ein gewöhnlicher Menschenarm, und so groß wie der höchste Dattelbaum machen; er fliegt wie ein Vogel, und sein Hauch verbrennt die Erde, an der er vorüberfliegt. Fällst du von seinem Rücken herunter, so zerfließest du wie heißes Blei;

Weitere Kostenlose Bücher