Tausend und eine Nacht, Band 4
mich getötet, wenn ich nicht seinen Willen getan hätte. Als der Abendländer dies hörte, lächelte er, griff in den Quersack, der auf seinem Maultier lag, und holte eine Schnur hervor, gab sie mir und sagte: Verfahre mit mir wie mit meinem Bruder: Sterbe ich, so bringe auch mein Maultier dem Juden und er wird dir wieder einen Dinar geben. Ich dachte, diese Abendländer scheinen wahnsinnig zu sein, doch bleibt mir nichts übrig, als ihnen zu gehorchen; ich band daher auch diesem Hände und Füße und warf ihn in den See, aber auch er streckte bald einen toten Kopf aus dem Wasser, da warf ich mein Netz aus, zog ihn ans Ufer und beerdigte ihn, Dann brachte ich sein Maultier dem Juden, der mir wieder einen Dinar schenkte, worauf ich zu meiner Mutter zurückkehrte. Am dritten Tag; wollte ich an den Nil gehen, aber mein Füße trugen mich ganz unwillkürlich wieder an den See Karun. Ich warf mein Netz dreimal ins Wasser und zog es jedesmal leer herauf; da legte ich es zusammen und wollte weggehen, als wieder ein Abendländer auf einem Maulesel auf mich zuritt, mich freundlich grüßte und fragte, ob ich nicht der Fischer Djaudar wäre? Als ich seine Frage bejahte, fragte er mich, ob nicht seine beiden Brüder in diesem See ertrunken wären? Ich fing an zu zittern und blaß zu werden und wußte nicht, was ich antworten sollte. Als er meine Verlegenheit bemerkte, sagte er: Verhehle mir nur die Wahrheit nicht, dann hast du nichts von mir zu befürchten.
»Als ich dem Abendländer hierauf alles, wie es sich zugetragen hatte, erzählte, sagte er lachend: Bei dem, der Tag und Nacht, Luft und Wasser geschaffen, der die Toten belebt und Lebenden tötet! Hättest du einen meiner Brüder lebendig aus dem Wasser gezogen, so flöge jetzt dein Kopf von deinem Hals herunter. Er griff dann auch nach dem Quersack, zog eine rote seidene Schnur heraus und fuhr fort: Binde jetzt auch mir Hände und Füße und verfahre mit mir, wie mit meinen Brüdern, finde ich aber auch den Tod in diesem See, so hüte dich wohl, mein Maultier dem Juden zu bringen, sonst stirbst du, ohne daß irgend ein Mensch deinen Tod erfährt, sondern nimm es mit in dein Haus, es wird, sobald die Nacht heranbricht, jemand an die Tür klopfen und rufen: Djaudar, gib mir das Maultier des Abendländers Mahmud. Diesem Mann gibst du mein Maultier, er wird dir einen Beutel mit tausend Dinaren schenken. Lasse dir es dann wohl sein und gräme dich nicht über meinen und meiner Brüder Tod. Ich dachte, dieser ist noch der beste der drei Brüder, aber nicht minder wahnsinnig als sie. Ich nahm dann die Schnur in die Hand, band ihn und warf ihn in den See, und siehe da, er streckte nicht wie seine beiden Brüder den Kopf, sondern die Hände aus dem Wasser, und hatte in der rechten Hand einen roten und in der linken Hand einen schwarzen Fisch, und rief: Djaudar, deine Trommel hat geschlagen (dein Glücksstern ist aufgegangen), denn ich habe mein Ziel erreicht. Ich zog ihn schnell mit dem Netz ans Land, und er lief nach dem Maultier, zog eine rote korallene Büchse aus dem Quersack und steckte den roten Fisch hinein, dann eine schwarze, in welche er den schwarzen Fisch sperrte; beide Fische aber waren kaum in den Büchsen, als der eine zu einer roten und der andere zu einer schwarzen Flüssigkeit wurde. Wir sind und bleiben nun Freunde, sagte er, nachdem er die Büchsen wieder in den Quersack gesteckt hatte, hier hast du hundert Dinare für deine Mutter, bringe sie ihr schnell und kehre wieder hierher zurück. Als ich nach einigen Stunden wieder an den See kam, stieg der Abendländer auf sein Maultier und hieß mich hinter ihn sitzen, ich stieg auf und das Maultier flog wie ein Vogel mit uns nach dem Berg Mukattam. Hier angelangt, sagte mir der Abendländer: Wisse, Djaudar, daß ich nur durch dich zu meinem Ziel gelangen kann, darum darfst du mich nicht verlassen, du wirst gewiß Ansehen und Reichtümer erlangen. Als ich ihm versprach, bei ihm zu bleiben, so lange er meiner bedürfe, band er den Maulesel an, breitete einen Teppich auf die Erde und holte aus dem Quersack einige Speisen heraus. Nach der Mahlzeit bat ich ihn, mich doch über den Tod seiner beiden Brüder und über die zwei wunderbaren Fische, die er gefangen, ein wenig aufzuklären. Da hob er an: Wisse, Djaudar, mein Name ist Mahmud, ich bin aus der Stadt Tunis und hatte daselbst einen Lehrer, der mich in die geheimsten Künste der Zauberei einweihte. Als er ein Alter von dreihundert Jahren erreichte, schenkte er mir
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