Tausend und eine Nacht, Band 4
einem Nachen nach einer grünen Insel. Steige ans Land, sagte er mir, sobald wir das Ufer erreichten, und gehe in gerader Richtung über die Insel, da wirst du am jenseitigen Ufer ein noch niedlicheres Schiffchen als das meinige finden, in welchem ein Abendländer am Steuerruder sitzt. Er wird dich bei deinem und deines Vaters Namen rufen, dich in seinen Nachen nehmen, zehn Tage mit dir auf dem Meer bleiben, am elften dich auf eine schneeweiße Insel setzen, und dir sagen, was du ferner zu tun hast; befolge nur seinen Rat, denn er meint es gut mit dir.
»Hierauf verließ mich der Perser; Ich durchschritt die grüne Insel und kam gegen Mittag an das jenseitige Meeresufer, wo der verheißene Mann mich aufnahm und weiter schiffte. Am elften Tage nach unserer Abfahrt setzte er mich auf eine weiße Insel, wo kein grünes Blättchen wuchs, und sagte mir: Ich habe nun vollbracht, was mir oblag; gehe in gerader Richtung durch sieben Täler, da gelangst du auf einen roten Berg, auf welchem ein Kloster liegt, geh auf das Kloster zu und klopfe an dessen Tür; wenn man fragt, wer klopft, so sage: Der Fischer Djaudar aus Kahira. Die Tür wird sich öffnen, und du trittst durch einen Hof in ein Gemach, wo ein noch unbärtiger Jüngling auf einem Thron von Elfenbein mit goldenen Füßen sitzt, es ist der Priester Schanuda, der dir angeben wird, was du ferner zu tun hast. Er nahm dann Abschied von mir und kehrte wieder um, ich aber ging in das mir bezeichnete Kloster und fand einen Priester mit sieben Schleiern um sein Gesicht auf einem Thron sitzen. Als ich zu ihm hintrat, grüßte er mich nicht, sondern stand auf, drehte sich siebenmal im Kreis herum und hob dabei jedesmal einen Schleier weg, bis ich zuletzt ein sehr schönes, junges Gesicht sah; dann setzte er sich wieder, grüßte mich freundlich und sagte: Wisse, Djaudar, ich sehnte mich sehr nach dir und erwarte dich schon lange. Gepriesen sei der Herr, der dich und Mahmud aus der Adlerschlucht errettet, in welcher schon so viele Menschen vor euch ihren Tod gefunden! Ihr verdanket aber eueren glücklichen Erfolg nur dem frommen Lehrer Abul Adjaib, der das Wohl der Muselmänner dabei im Auge hat, denn durch dich soll der Tyrann Hindmar getötet und der Baum des Magiers Bahram abgeschnitten werden. Wisse auch, Djaudar, fuhr er fort, daß, so wie Sandja über tausend Geister gebietet, welche dem Besitzer des heiligen Buches untertan sind, so ist Misram der Anführer der fünfhundert Geister, die demjenigen gehorchen, welcher das Zauberschwert an seiner Seite trägt. Als du eben zu mir hereintratst, sah ich die fünfhundert Geister hinter dir und sie grüßten mich, einer nach dem andern, Misram fehlte aber, und als ich nach ihm fragte, hörte ich, er sei auf dem Rauchschloß im Kamillental bei der Königin Daruma. Da du ohne Misram nicht zu deinem Ziel gelangen kannst, so geh zur Königin Daruma, grüße sie von mir, und bringe ihr eine kleine Tafel mit Inschriften, die ich dir morgen früh mitgeben will; sie wird dir dann weiter behilflich sein. Hüte dich aber vor den dreihundert Mädchen, welche sie bei sich im Schloß hat, sonst bist du verloren, denn sie sind sehr gewandt in der Zauberkunst und haben schon manchen König und Prinzen verführt. Nachdem er so gesprochen hatte, ließ er das Nachtessen auftragen, an dem er und noch einige andere Priester teilnahmen, dann ging ich zu Bett, träumte von Heifa und rezitierte im Traum folgenden Vers:
»Ich bin noch nicht alt, aber meine vielen Tränen haben meine schwarzen Haare weiß gefärbt.«
»Als ich des Morgens erwachte, fragte mich Schanuda, wieso ich im Traum darauf gekommen sei, diesen Vers zu rezitieren? Da senkte ich eine Weile beschämt das Haupt zur Erde nieder, und als er seine Frage wiederholte, sagte ich: Ich befand mich diese Nacht im Traum bei Heifa, meiner Geliebten, da fragte sie mich, wieso ich denn auf einmal so grau geworden? Ich glaubte, sie scherze nur, denn ich hatte noch nie ein graues Haar an mir bemerkt, sie holte aber einen Spiegel und hielt mir ihn vor, und in der Tat sah ich darin alle meine Haare weiß, nur einige wenige am ganzen Bart waren noch schwarz. Ich erstaunte sehr über diese Verwandlung, und rezitierte den Vers, den du gehört zu haben scheinst.
»Schanuda holte ein Buch und las ein wenig darin, dann sagte er: Sei frohen Sinnes, Djaudar, dein Traum bedeutet die sichere Erfüllung deiner Wünsche; hättest du alle deine Haare weiß gefunden, so wärest du jetzt schon am Ziel, die
Weitere Kostenlose Bücher