Tausend und eine Nacht, Band 4
dreihundert Jungfrauen, und ich lebe nun schon drei Monate hier und wartete immer, bis in die Trompete gestoßen werde, aber die Statue regte sich nicht bis zu deiner Ankunft. Darum, Djaudar, freute ich mich so sehr mit dir und sandte ich dir einen Teil meiner Jungfrauen entgegen. Das ist's, was ich dir mitzuteilen hatte; nur Gott ist allwissend.
»Als Daruma so gesprochen hatte, ergriff sie meine Hand und führte mich auf das Dach des Schlosses zur kupfernen Statue; ich nahm das Kästchen heraus und fand darin viele Blätter von Gazellenhaut, auf denen ein Alef stand, ein einziges war ganz weiß; ich warf es auf einige Kohlen, die mir Daruma reichte, da stieg ein Rauch gen Himmel aus dem Mund der Statue, der sich bald sammelte und die Gestalt eines furchtbaren Geistes annahm, mit einem Kopf wie eine Kiste, Augen in die Länge gespalten und Nasenlöcher, aus denen große Flammen hervorsprühten. Als er vor mir stand, rief er mit einer Stimme wie der Donner: Hier bin ich, mein Herr, die Hilfe ist nahe, die bestimmte Zeit ist gekommen, ich gehorche dem Besitzer des Zauberschwertes, an das ich gebannt bin.
Sieh einmal, sagte Daruma, was dein Schwert vermag; dieser schreckliche Geist zittert vor dir, wie ein Rohr beim Sturmwind. Misram wendete sich dann zu Daruma und fragte sie, ob ich wisse, was die übrigen Blätter in dem Kästchen bedeuten, und bat sie, mich davon in Kenntnis zu setzen. Da sagte sie. Wisse, Djaudar, Misram hat zwei Söhne, der eine heißt Mahik und der andere Lahik, die er so zärtlich liebt, daß er nicht lange leben würde, wenn er sie nicht von Zeit zu Zeit wiedersähe. Als er daher von Sintbest an dieses Schwert gebannt wurde, erbat er sich als Gnade, jeden Monat drei Tage bei seinen Söhnen zubringen zu dürfen. Sintbest gewährte ihm seine Bitte, verfertigte diese Blätter aus Gazellenhaut und gab ihm jeden Monat ein solches als Schutzbrief für die Reise; da aber du jetzt Herr des Zauberschwerts bist, so ist es deine Sache, ihm jeden Monat Urlaub auf drei Tage und ein solches Sicherheitsblatt zu geben, ohne welches er keinen Augenblick von mir weichen kann. Sie sagte dann zu Misram: Ich zweifle nicht, daß Djaudar nicht härter gegen dich sein wird, als Sintbest; hingegen solltest du auch, da Djaudar ein gewöhnlicher Mensch ist, der bisher noch gar keinen Umgang mit Geistern hatte, ihm zu Gefallen ein freundlicheres Äußeres annehmen, damit er sich heimlicher bei dir fühle. Misram verschwand einen Augenblick und kehrte wieder als ein schöner unbärtiger Jüngling mit freundlichen schwarzen Augen, rosigen Wangen, leuchtender Stirn, frischen Lippen wie Korallen und einem Hals so klar wie Kristall. Nun aber, Djaudar, sagte er, als ich ihn mit Staunen betrachtete, müssen wir weiter ziehen, wenn wir zu bestimmten Zeit bei Hindmar eintreffen wollen. Ich nahm Abschied von Daruma und folgte Misram zehn Tage lang, ohne die mindeste Müdigkeit zu empfinden, bis wir vor ein großes Zelt kamen, aus welchem wir eine klägliche Stimme hörten, welche rief: O barmherziger Gott, der du Hiobs Leiden ein Ende gesetzt, erbarme dich auch meiner! Ich öffnete schnell das Zelt und fand darin einen nackten Menschen auf den Boden gestreckt, seine ganze Haut war zerschlagen, so daß das Blut von allen Seiten herströmte, seine Hände und Füße waren mit starken eisernen Ketten zusammengebunden. Ich rief ihm zu: Friede sei mit dir, mein Herr! Er antwortete: Mit dir sei Gottes Friede, Segen und Barmherzigkeit. Wer bist du? – Ich bin ein Mensch. – Wer hat dich hierher gebracht? – Der Allmächtige, dem nichts zu schwer ist, und du, wer hat dich in diese peinliche Lage versetzt? – Zwei große, schwarze Sklaven, die mich jetzt schon zehn Tage lang auf jede Weise mißhandeln. – Und warum dies? – Weil ich meinen Glauben mit dem ihrigen nicht vertauschen will. – Zu welcher Zeit kommen sie gewöhnlich? – Ich erwarte sie leider wieder in dieser Stunde, darum fliehe schnell von hier, daß du nicht mein Los teilest, denn die beiden Sklaven haben Stricke bei sich, mit denen sie einen Elefanten töten könnten. – Fürchte nichts mehr; ich bin gewiß nur durch göttliche Fügung hierher gekommen, um dich zu befreien. Wie heißt du denn? – Mein Name ist Hatem aus der Stadt Baser; ich reiste mit meiner Braut, die mir entrissen wurde und von der ich gar nichts mehr weiß. –Beruhige dich nur, vertraue auf Gott und habe Geduld, denn Geduld ist der Schlüssel der Erlösung, Ich verließ dann das Zelt und
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