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Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Weil
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Wasit zu reisen, wo ich Verwandte hatte. Als ich an das Ufer kam, sah ich ein Schiff vor Anker liegen, nach welchem Matrosen kostbare Gerätschaften brachten. Ich bat sie, mich mitzunehmen, sie sagten aber: Dieses Schiff gehört einem Haschimiten, wir können dich nicht so mitnehmen. Da versprach ich ihnen einen großen Lohn, worauf sie sagten: Wenn du es durchaus willst, so ziehe deine vornehme Kleidung aus, und kleide dich als Matrose und geselle dich zu uns, als wärest du auch ein Matrose. Ich ging sogleich und kaufte mir Matrosenkleider, zog sie an und bestieg das Schiff, welches nach Baßrah fahren sollte. Kaum war ich eingestiegen, da erblickte ich meine Sklavin, welche zwei andere Sklavinnen bedienten, da war ich getröstet, denn ich dachte: Nun kann ich sie ja sehen und singen hören, bis zu unserer Ankunft in Baßrah. Bald darauf kam der Haschimite mit einer Anzahl Leute herangeritten und schiffte sich ein. Er setzte sich zur Sklavin und aß mit ihr, während die übrigen Leute in der Mitte des Schiffes ihre Mahlzeit hielten. Der Haschimite sagte dann zur Sklavin: Wie lange soll noch diese Trauer währen? Wie lange wirst du dich noch weigern, vor mir zu singen? Du bist nicht die erste, die von ihrem Geliebten getrennt wird. Daraus schloß ich, daß sie mich noch immer sehr heftig liebte. Er ließ dann an einer Seite des Schiffes, wo die Sklavin saß, einen Vorhang anbringen, setzte sich außerhalb des Vorhangs zu den Leuten, die sich mit ihr auf dem Schiff befanden und die, wie ich hörte, seine Brüder waren, ließ Wein und Früchte auftragen und hörte nicht auf, in die Sklavin zu dringen, daß sie doch etwas singe, bis sie sich endlich eine Laute bringen ließ, sie stimmte und folgende Verse sang:
»In finsterer Nacht ist die Karawane mit meinem Geliebten geschieden, sie zog ohne Schonung fort mit meiner Herzenslust, und seit ihre Kamele aufgebrochen sind, glühen feurige Kohlen im Herzen der Geliebten.«
     
    Da überwältigten sie ihre Tränen, sie warf die Laute weg und hörte auf zu singen. Die ganze Gesellschaft wurde bestürzt und ich fiel in Ohnmacht, so daß man mich für einen Fallsüchtigen hielt und mir etwas ins Ohr las. [Fußnote: Die Fallsüchtigen gelten bei den Arabern als Besessene und man liest ihnen Koranverse vor, um die bösen Geister zu verjagen.] Man gab dann der Sklavin so viel süße Worte und bat sie so inständig, weiter zu singen, daß sie ihre Laute wieder stimmte und folgende Verse sang:
»Ich blieb stehen und weinte über die Dahinziehenden. Sie sind in meinem Herzen, wenn sie auch weit weg gezogen sind. Ich blieb bei den Trümmern stehen und fragte nach ihnen, und ihr Haus war verödet und ihre Wohnung stand leer.«
     
    Hierauf fiel sie wieder in Ohnmacht, es erhob sich ein Weheklagen aus der Mitte der Gesellschaft und auch ich stieß einen Schrei aus und fiel in Ohnmacht. Die Matrosen wurden besorgt um meinetwillen, und ein Diener des Haschimiten sagte ihnen: Warum habt ihr diesen Besessenen mitgenommen? Dann sagte einer zum anderen: Wenn wir an ein Dorf kommen, schiffen wir ihn aus und schaffen uns Ruhe vor ihm. Dies versetzte mich in große Angst, ich nahm mich daher zusammen, soviel ich konnte und dachte: Es bleibt mir nichts übrig, um nicht ans Land gesetzt zu werden, als daß ich sie von meiner Anwesenheit in Kenntnis setze. Wir fuhren dann weiter, bis wir gegen Abend in eine schöne angebaute Gegend kamen, da sagte der Herr des Schiffes: Laßt uns hier ein wenig an das Land steigen! Als alle Leute ausgestiegen waren, machte ich mich auf, ging hinter den Vorhang, stimmte die Laute um und spielte in einer Weise, die ich die Sklavin gelehrt hatte, und nahm dann wieder meinen früheren Platz auf dem Schiff ein. Bald nachher stieg auch die ganze Gesellschaft wieder ein, und der Mond beschien das Ufer und den Fluß. Da sagte der Haschimite zu seiner Sklavin: Ich beschwöre dich bei Gott, trübe unser Leben nicht länger! Sie nahm daher die Laute, betastete sie und schrie laut auf, so daß man glaubte, ihre Seele verlasse sie. Dann sagte sie: Bei Gott, mein Meister ist bei uns auf dem Schiff. Der Haschimite erwiderte: Bei Gott, wenn er bei uns wäre, so würde ich ihn nicht aus unserer Gesellschaft ausschließen, er könnte deinen Schmerz lindern und uns den Genuß an deinem Gesang verschaffen, doch ist es nicht wahrscheinlich, daß er sich auf diesem Schiff befinde. Sie aber versetzte: Ich kann nicht Laute spielen und mich zu verschiedenen Liedern begleiten, wenn mein

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