Tausend und eine Nacht, Band 4
gelobte, nie aufzuhören, ihm in seinem Tempel zu dienen; auch habe ich seither ihn nie um etwas angefleht, das er mir nicht gewährt hätte.« Ich wollte nun – fährt der vornehme Pilger fort – ihr einiges Geld schenken, aber sie sagte: »Laß mich! Ich erzähle dir von Gottes Huld und Gnade, wie kannst du glauben, daß ich von einer anderen Hand als der seinigen etwas annehme.« Da sie durchaus nichts von mir annehmen wollte, verließ ich sie und rezitierte folgende Verse:
»Wie oft ist Gottes Huld im Verborgenen tätig, ohne daß der schärfste Verstand es wahrnimmt, wie manche Armut verwandelt er in Wohlstand, wie manchem brennenden Herzen reicht er erfreuliche Labung; wie mancher ist des Morgens von Gram beladen, der des Abends nur Wonne empfindet. Geht es dir einmal schlecht einen Tag, so vertraue nur dem einzigen Allmächtigen und flehe die Fürbitte des Propheten an, dem alles gewährt wird, was er für die Seinigen fordert.«
Der von Gott geliebte Neger.
Ferner wird erzählt im Namen Maleks, des Sohnes Dinars (Gottes Barmherzigkeit sei mit ihm!): Einst regnete es sehr lange in Baßrah nicht, wir beteten mehrmals um Regen, fanden aber keine Erhörung. Eines Abends begab ich mich wieder mit vielen meiner Freunde in die Moschee, wo die ganze Gemeinde mit allen Schulkindern das Gebet um Regen verrichtete, ohne daß jedoch sich ein Wölkchen am Himmel zeigte. Nach vollendetem Gebet, als die Gemeinde schon wieder die Moschee verlassen hatte, und nur ich und der Baumeister Thabet noch zurückblieben, trat ein Schwarzer in die Moschee; er hatte ein schönes Angesicht und eine hübsche Gestalt, und war in ein wollenes Tuch gehüllt, für das ich nicht zwei Drachmen gegeben hätte; er holte Wasser im Hof, wusch sich, betete das Abendgebet, hob dann sein Auge gen Himmel und sprach: »Mein Gott und Herr! Wie lange versagst du deinen Dienern noch, was in deiner Macht steht, ihnen zu gewähren? Sind denn die Schätze deines Reiches erschöpft? Bei deiner Liebe zu mir beschwöre ich dich, sende uns gleich einen labenden Regen!« Kaum hatte der Neger dieses Gebet vollendet, bildeten sich schwarze Wolken am Himmel und es regnete so stark, als fiele der Regen aus der Öffnung eines großen Wasserschlauches, so daß wir beim Heimgehen bis zu den Knieen im Wasser wateten. Voller Verwunderung über den Neger und sein Gebet näherte ich mich ihm und sagte ihm: »Schämst du dich nicht dessen, was du eben gesagt?« – »Wieso denn?« – »Du sagtest, zu Gott dich wendend: Bei deiner Liebe zu mir; woher weißt du denn, daß Gott dich liebt?« – »Laß mich! Wie kann ich an Gottes Liebe zweifeln? Wer war ich denn, daß er mich mit seiner Einheit bekannt machte, wenn es nicht aus Liebe geschah? Übrigens, wenn ich von Gottes Liebe spreche, so meine ich damit nur so viel, als mit den göttlichen Eigenschaften übereinstimmt, so wie ich mit meiner Liebe zu ihm auch wieder ganz andere Begriffe verbinde.« Ich bat ihn dann, ein wenig bei uns zu bleiben; aber er entgegnete, er sei ein Sklave und müsse seinem kleinen Herrn gehorchen. Als er aber wegging, folgte ich ihm mit Thabet in der Ferne, bis er in das Haus eines Sklavenhändlers ging. Es war Mitternacht, und die zweite Hälfte der Nacht wurde mir vor Ungeduld sehr lang. Sobald der Morgen anbrach, ging ich zum Sklavenhändler und fragte ihn, ob er einen Sklaven zu verkaufen habe? »Ich habe deren hundert«, antwortete er, und stellte mir sie einen nach dem anderen vor, ohne daß ich den Neger, welchen ich suchte, unter ihnen fand. Als er dann sagte, er habe keinen mehr, und wir weggehen wollten, sah ich in einem zerfallenen Zimmer hinter dem Haus den Neger beten. Ich kehrte wieder zum Sklavenhändler zurück und bat ihn, mir ihn zu verkaufen. Der Sklavenhändler sagte: »Mein Freund, dieser Sklave taugt nichts, der weint die ganze Nacht durch und schläft den ganzen Tag.« – »Eben darum«, versetzte ich, »will ich ihn kaufen.« Der Sklavenhändler ging und führte ihn halb schlafend herein und sagte: »Nimm ihn hin und gib mir dafür, was du willst, ich habe dir seine Fehler angezeigt.« Ich gab ihm zwanzig Dinare und fragte ihn nach dem Namen des Sklaven. Der Sklavenhändler sagte mir: »Er heißt Meimun.« Als ich ihn hierauf an der Hand faßte, um ihn nach Hause zu führen, fragte er mich: »Mein kleiner Herr, warum hast du mich gekauft? Bei Gott! Ich tauge nicht zum Dienst der Geschaffenen.« Ich antwortete: »Ich habe dich gekauft, weil ich dich selbst bedienen
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