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Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Weil
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niederließ, ohne daß er sich nur im mindesten beschädigte.
    Als der fromme Mann den Boden erreichte, dankte er Gott, der ihn für sein Vertrauen so reichlich belohnt, und ging mit leerer Hand zu seiner Gattin. Sie fragte ihn, warum er so lange ausgeblieben und was er mit der mitgenommenen Arbeit angefangen? Er erzählte ihr, was ihm für eine Versuchung zugestoßen und wie ihn Gott auf eine wunderbare Weise gerettet. Die Frau sagte hierauf: »Da unsere Nachbarn wissen, daß wir jeden Tag fasten und abends Feuer machen, um unser Abendessen zu kochen, so wollen wir in Gottes Namen auch diesen Abend Feuer anzünden, um ihnen unsere Armut zu verbergen; wir aber wollen auch diese Nacht fortfasten.« Sie ging dann und machte ein großes Feuer, um die Nachbarn zu täuschen; dann wusch sie sich und betete mit ihrem Mann das Nachtgebet. Auf einmal kam eine ihrer Nachbarinnen, um Feuer bei ihr zu holen. Die Jüdin sagte ihr, sie möchte nur an den Ofen gehen. Als die Nachbarin aber an den Ofen trat, rief sie der Jüdin, sie möchte doch schnell ihr Brot aus dem Ofen nehmen, ehe es verbrenne. Die Jüdin sagte zu ihrem Manne: »Hast du gehört, was diese Frau sagte?« Er erwiderte: »Geh' einmal und sieh nach!« Die Frau stand auf und ging an den Ofen, und siehe da, er war mit Brot gefüllt von dem allerfeinsten und weißesten Mehl. Sie brachte es, Gott dankend, ihrem Mann und sie aßen miteinander davon. Dann sagte sie: »Laß uns zu Gott beten, daß er uns etwas beschere, wodurch wir diesem armseligen Leben und dieser harten Arbeit enthoben werden, damit wir uns ganz seinem Dienst hingeben können.« Als sie miteinander gebetet hatten, spaltete sich auf einmal das Dach des Hauses, und es fiel ein Rubin herunter, der das ganze Haus beleuchtete. Sie freuten sich über alle Maßen mit dieser Gabe Gottes und dankten ihm immer mehr für seine Huld. Als sie aber spät in der Nacht einschliefen, träumte die Frau, sie befinde sich im Paradies, wo sie viele Kanzeln und unzählige Throne aufgestellt sah. Sie fragte, für wen dies wäre. Man sagte ihr: »Die Kanzeln sind für die Propheten, und die Thron für die Aufrichtigen und Frommen.« Sie fragte dann nach dem Throne ihres Gatten. Man zeigte ihn ihr, und sie bemerkte eine Spalte auf einer Seite. Sie fragte: »Was bedeutet diese Spalte?« Man antwortete ihr: »Sie bedeutet den Rubin, der euch vom Himmel gesandt worden.« Hierauf erwachte die Frau aus ihrem Traum und weinte und war sehr traurig wegen des mangelhaften Thrones ihres Gatten mitten unter makellosen der anderen Frommen, und sie sagte zu ihrem Manne: »Bete zu Gott, daß er diesen Rubin wieder zurücknehme; es ist besser, diese wenigen Tage noch Armut und Hunger zu ertragen, als unter den vortrefflichen Männern auf einem mangelhaften Thron sitzen.« Der Mann betete, der Rubin flog wieder durch das Dach fort, und das fromme Ehepaar lebte in Armut und Gottesverehrung, bis sie der Herr zu sich rief.

Der Schmied und das tugendhafte Mädchen.
    Es wird auch erzählt: Ein frommer Mann hörte einst, es lebe in einer gewissen Stadt ein Schmied, der die Hand ins Feuer strecken und ein glühendes Eisen herausholen könne, ohne sich im mindesten zu beschädigen. Da er diesen Schmied gern sehen wollte, reiste er nach jener Stadt, erkundigte sich nach der Wohnung des Schmieds, ging zu ihm und sah wirklich, daß man ihn nur Wahrheit von ihm erzählt hatte. Er wartete, bis der Schmied mit seiner Arbeit zu Ende war, ging dann auf ihn zu, grüßte ihn und sagte: »Ich wünsche diese Nacht dein Gast zu sein.« Der Schmied hieß ihn willkommen, nahm ihn mit in seine Wohnung, speiste mit ihm zur Nacht und ging dann mit ihm zu Bett. Als der Fremde bei dem Schmied keine Spur von Andacht und nächtlichen Gebeten fand, dachte er: Vielleicht unterläßt er es in meiner Gegenwart. Er blieb daher noch eine zweite Nacht und eine dritte, beobachtete den Schmied genau, fand aber, daß er nicht mehr als die vorgeschriebenen üblichen Gebete verrichtete und daß er in der Nacht nicht aufstand, um zu beten. Er sagte daher am folgenden Morgen dem Schmied: »Ich habe gehört, welche wunderbare Gabe dir Gott verliehen, und nun sehe ich gar nicht, daß du wie ein von dem Herrn besonders Begnadigter lebst; wie bist du denn zu dieser Auszeichnung gelangt?« – »Das will ich dir erzählen«, erwiderte der Schmied. »Ich liebte einst sehr leidenschaftlich ein Mädchen, das aber so tugendhaft war, daß alle meine Bemühungen, sie zu besitzen, fruchtlos

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