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Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Weil
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Daniels, des Propheten Gottes, bin, aber ich bin nicht wissenschaftlich gebildet, ich habe nur dreißig Tage eine medizinische Schule besucht, ohne etwas gelernt zu haben; jetzt bedaure ich sehr, nichts gelernt zu haben, um den Sultan heilen zu können.« –»Mache keine langen Reden; wenn wir alle Gelehrten des Ostens und Westens versammeln, so kann niemand als du den Sultan heilen.« – »Wie soll ich ihn heilen, ich kenne ja weder seine Krankheit, noch ein Mittel dagegen?« – »Mache es nur kurz, seine Genesung steht in deiner Hand.« –»Wieso denn? Sagt mir, wie ich ihn heilen soll, und wenn ich es vermag, so will ich es gern tun.« – »Die Genesung des Sultans hängt von der Schlangenkönigin ab; du kennst sie, hast sie gesehen und weißt, wo sie sich aufhält.« – »Was wollt ihr von der Schlangenkönigin? Ich kenne sie nicht und habe in meinem Leben nichts von ihr gehört.« – »Lüge nicht, ich habe Beweise, daß du sie kennst und zwei Jahre bei ihr zugebracht hast.« – »Ich kenne sie nicht und war nicht bei ihr und höre jetzt zum ersten Mal von ihr sprechen.«
    »Wir haben ein heiliges Buch, in welchem angedeutet ist, daß ein Mann zur Schlangenkönigin gelangen und zwei Jahre bei ihr zubringen würde, dessen Leib schwarz wird, sobald er ins Bad geht; zeige also deinen Leib!« Haseb entblößte seinen Leib, und da er in der Tat ganz schwarz war, sagte er: »Mein Leib ist schwarz von dem Tag her, wo mich meine Mutter geboren.« Der Vezier entgegnete: »Wir haben in jedes Bad drei Mamelucken geschickt und jeden beim Ein- und Ausgehen untersuchen lassen: Die haben gesehen, daß dein Leib beim Entkleiden noch weiß war, und dich darum hierher gebracht; sage uns also, wo du wieder auf die Oberfläche der Erde gekommen, wir werden uns dann schon der Schlangenkönigin bemächtigen.« Haseb bereute es jetzt, wo es zu spät war, ins Bad gegangen zu sein, doch fügte er sich in die göttliche Bestimmung und bestand hartnäckig darauf, die Schlangenkönigin nicht gesehen zu haben. Da gab der Vezier den Offizieren den Befehl, ihn zu entkleiden, auf den Boden hinzustrecken und zu prügeln. Haseb ließ sich schlagen, bis er vor Schmerzen dem Tod nahe war. Als der Vezier sah, daß er mit Gewalt nichts gegen Haseb vermochte, küßte er ihm den Kopf und sagte in einem sanften Ton: »Was leugnest du länger deine Bekanntschaft mit der Schlangenkönigin, da wir Beweise haben, daß du sie kennst und bei ihr warst? Zeige uns nur den Ort, wo du zur Erde heraufgekommen, wir haben schon jemanden, der sie ergreifen wird, du kannst dann deines Weges gehen.« Der Vezier ließ dann Haseb wieder aufrichten und ihm ein goldgesticktes Kleid mit Edelsteinen besetzt bringen, das er ihm selbst anzog. Der Vezier bestieg sein Pferd, von allen Emiren und vielen Truppen begleitet, und Haseb mußte an ihrer Spitze reiten, um ihnen die Stelle zu zeigen, wo er zur Oberfläche der Erde zurückgekehrt war. Als Haseb den Brunnen erreichte, aus dem er hervorgekommen, stieg er ab, und der Vezier nebst seinem Gefolge taten das gleiche. Der Vezier ließ dann Feuer anzünden, machte Räucherwerk, murmelte allerlei unverständliche Zaubersprüche, nahm ein Buch heraus und las darin; dann rief er mit lauter Stimme dreimal nacheinander: »Komm hervor, Schlangenkönigin!« Bis endlich das Wasser, das in dem Brunnen war, austrocknete, eine große Tür sich öffnete, aus der ein jämmerliches Geschrei hervorkam, wie der Donner, so daß man glaubte, die ganze Welt würde zusammenstürzen. Alle Anwesenden fielen ohnmächtig hin und einige starben sogar. Dann kam aus der Höhle eine Schlange hervor, größer als ein Elefant, die eine goldene Kufe auf dem Rücken hatte, in welcher eine andere Schlange lag mit einem strahlenden Menschengesicht. Letztere, welche die Schlangenkönigin war, wendete sich rechts und links um, bis sie Haseb erblickte und sagte ihm in deutlicher Menschenzunge: »Wo ist der Eid, den du mir geschworen? Warum bist du ins Bad gegangen? Doch was bestimmt ist, das muß geschehen; Gott hat nun das Ende meines Lebens beschlossen, ich soll sterben und der Sultan Kersedan soll von seiner Krankheit geheilt werden.« Bei diesen Worten weinte sie heftig, und Haseb weinte mit ihr. Der Vezier streckte dann die Hand nach ihr aus, um sie zu ergreifen, da sagte sie: »Wenn du deine Hand nicht zurückziehst, du Verruchter, so verwandle ich dich durch einen einzigen Hauch in einen Haufen Fleisch und schwarze Asche; komm du, Haseb, lege du

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