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Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Weil
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mich auf die Platte, die ihr mitgebracht, und trage mich auf deinem Kopfe: es ist von Ewigkeit her geschrieben, daß ich durch dich sterben soll.« Haseb nahm sie und legte sie auf die Platte. Sogleich nahm der Brunnen wieder seine frühere Gestalt an. Als Haseb mit der Schlange auf dem Kopf zur Stadt ging, sagte sie ihm: »Höre Haseb, was ich dir sagen will; ich muß dir einen guten Rat erteilen, obschon du deinen Eid gebrochen, denn so wollte es die Bestimmung von jeher. Wenn du in das Haus des Veziers kommst und er dir sagt: Schlachte die Schlangenkönigin und teile sie in drei Stücke, so tue es nicht, behaupte, du könntest nicht mit Schlachten umgehen, und laß ihn selbst mich schlachten. Sobald er mich geschlachtet und zerschnitten hat, wird ein Bote vom Sultan kommen und den Vezier zu ihm rufen. Er wird vorher mich in einen Topf legen und über das Feuer stellen und dir befehlen, mich am Feuer zu lassen, bis der Schaum aufkocht, diesen Schaum dann in ein Schüsselchen abzuheben, ihn kalt werden zu lassen und dann zu trinken; auf diese Weise, wird er sagen, vergehen deine Schmerzen am Leibe. Er wird dich ferner beauftragen, mich zum zweiten Mal ans Feuer zu stellen, bis wieder Schaum aufkocht, und diesen Schaum für ihn stehen zu lassen, damit er ihn von seinen Kreuzschmerzen heile. Tue dies aber nicht, sondern trinke du den zweiten Schaum und bewahre ihm den ersten auf, sonst geht es dir schlecht. Hast du«, fuhr die Schlangenkönigin fort, »den zweiten Schaum getrunken, so nimm mein Fleisch aus dem Topf, lege es auf eine kupferne Schüssel und gib dem König davon zu essen; sobald er es aber im Leib hat, so bedecke seinen Mund mit einem Tuch. Dann warte bis Mittag, da soll er etwas Wein trinken, und er wird so gesund werden, wie er war, durch den Beistand Gottes. Merke dir aber wohl, was ich dir hier anempfahl.« Haseb war unter diesem Gespräche mit der Schlange, die er auf dem Kopf trug, an das Haus des Veziers gekommen; da legte er die Platte ab, auf welcher die Schlangenkönigin lag.
    Der Vezier entließ nun sein ganzes Gefolge und sagte zu Haseb: »Schlachte jetzt die Schlangenkönigin!« Haseb antwortete: »Ich kann nicht schlachten, ich habe in meinem Leben nicht geschlachtet; hast du Lust, so schlachte sie selbst!« Der Vezier nahm die Schlange aus Hasebs Hand und schlachtete sie. Als Haseb bei diesem Anblicke heftig weinte, sagte ihm der Vezier: »O Blödsinniger, wegen einer Schlange weinst du?« Nachdem der Vezier die Schlangenkönigin geschlachtet hatte, zerschnitt er sie in drei Teile und legte sie in einen kupfernen Topf, den er über das Feuer stellte. In diesem Augenblicke kam einer der Mamelucken des Sultans und sagte zum Vezier: »Der Sultan verlangt sogleich nach dir.« Der Vezier holte zwei Schüsselchen, gab sie Haseb und sagte ihm: »Laß diesen Topf kochen, bis der Schaum aufsteigt, hebe ihn dann in eines dieser Schüsselchen ab, laß ihn kalt werden, dann trinke ihn, und es wird an deinem Körper kein Schmerz mehr zurückbleiben. Setze dann den Topf wieder ans Feuer, und wenn zum zweiten Mal Schaum aufsteigt, so hebe ihn in das zweite Schüsselchen ab und bewahre ihn auf, bis ich wiederkomme, daß ich es trinke, um meine Kreuzschmerzen zu vertreiben.« Der Vezier ging hierauf zum Sultan und Haseb wartete, bis der erste Schaum aufstieg; er nahm ihn herunter, goß es in eines der Schüsselchen und ließ es stehen, Als dann zum zweiten Mal Schaum aufkochte, nahm er ihn wieder herunter und bewahrte ihn für sich auf, und als das Fleisch weichgekocht war, nahm er es vom Feuer und ließ es stehen. Nach einer Stunde kam der Vezier herbeigesprungen und fragte Haseb, was er getan? Haseb antwortete: »Alles, wie du mich geheißen.« Er fragte dann wieder: »Was hast du mit dem ersten Schaum getan?« – »Ich habe ihn getrunken.« – »Was empfindest du?« – »Ich fühle ein Kochen und Brennen im ganzen Körper.« – »So gib mir das zweite Schüsselchen, daß ich mich auch heile.« Haseb reichte ihm das erste Schüsselchen, das der Vezier für das zweite hielt und austrank. Kaum hatte er getrunken, fiel ihm das Schüsselchen aus der Hand, sein ganzer Körper wurde von Geschwüren bedeckt, sein Leib öffnete sich und er starb auf der Stelle, wie das Sprichwort sagt: Wer einem anderen eine Grube gräbt, der fällt selbst hinein. Als Haseb sah, wie es dem Vezier ging, fürchtete er sich, die zweite Schüssel zu trinken, doch dachte er, wäre diese auch schlecht, so würde sie der Vezier

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