Tausendundeine Nacht - Erwachsene Märchen aus 1001 Nacht
können. Komm denn; und in dem Augenblick, wo ich sie Muin zuführe, als wenn es mit deiner Einwilligung geschähe, und der Handel geschlossen wäre, reiße sie zurück, indem du ihr einige Streiche gibst, und führe sie wieder nach Hause.« – »Dein Rat scheint mir gut zu sein«, sagte hierauf Nureddin. Hadschi Hasan verließ Nureddin, stellte sich in die Mitte des Bazars, faßte die Sklavin an der Hand, blickte nach dem Vezier Muin hin und sagte: »Hier kommt der Besitzer der Sklavin.«
Hadschi Hasan hatte diese Worte noch nicht ausgesprochen, als Nureddin hervortrat, die schöne Perserin ergriff und ihr einen Backenstreich gab.
»Hierher, du Unverschämte!« sprach Nureddin zu der Sklavin, »gehe nach Hause, ich habe dich nur auf den Markt geführt, um meinem Eid zu genügen, und sei fortan nicht wieder ungehorsam. Wehe dir, ich brauche das Geld nicht, das man mir für dich bietet, ich könnte Gerätschaften verkaufen, die viel mehr wert sind als du.« Der Vezier Muin trat zu Nureddin vor und sagte: »Wehe dir! willst du mir einbilden, daß dir noch etwas anderes zu verkaufen übrig bleibt, als deine Sklavin?« Muin wollte hierauf Nureddin am Kragen fassen. Dieser warf einen Blick auf die umstehenden Kaufleute, Ausrufer und Käufer, welche insgesamt ihm zugetan waren und sagte: »bei Gott! wenn ihr nicht wäret, ich würde ihn auf der Stelle töten.« Die Anwesenden gaben ihm aber durch Zeichen zu verstehen, er könne sich rächen, wie es ihm beliebe, es werde ihm niemand in den Weg treten. Nureddin, der ein junger, kräftiger Mann und durch den Beifall der Umstehenden ermutigt war, packte den Vezier, zog ihn vom Sattel herunter, warf ihn in die Gosse, die voll Kot war, und prügelte ihn tüchtig durch. Dann gab er ihm noch einen tüchtigen Faustschlag auf den Mund, daß das Blut herausfloß. Zehn Mameluken, welche Muin begleiteten, wollten mit gezogenem Säbel über Nureddin herfallen, als sie ihren Herrn in diesem Zustande sahen; aber die Kaufleute traten dazwischen und verhinderten sie daran. »Was wollt ihr tun?« sagten sie zu ihnen. »Sehet ihr nicht, daß, wenn der eine Vezier, der andere Sohn eines Veziers ist? Vielleicht vertragen sie sich nach einigen Tagen wieder, und wenn ihr Hand angelegt hättet, würdet ihr gehaßt bleiben, auch könntet ihr Nureddin umbringen und das würde für euch selbst die schlimmsten Folgen haben, darum mischet euch nicht in ihre Händel!«
Nureddin war endlich müde, auf den Vezier loszuschlagen; er nahm die schöne Perserin und kehrte mit ihr nach seinem Hause zurück. Muin erhob sich mit vieler Mühe und sein weißer Anzug war von Kot und Blut besudelt. Als er sich in diesem Zustande sah, nahm er eine Matte um den Nacken und zwei Bündel Gras in die Hand und ging gerade nach dem königlichen Palast und rief: »O König seines Jahrhunderts! Mir ist Gewalt geschehen!«
Der König gab Befehl, den Mann heraufzuführen, der da unten schreie, und als man denselben vor ihn brachte, erkannte er seinen Vezier und fragte: »Wer hat dich so zugerichtet?« Da stürzten dem Vezier die Tränen in die Augen, während er seine Klage mit folgenden Versen anhob:
»Soll mir Unrecht geschehen in der Zeit, wo du lebst? Sollen mich Wölfe fressen, da du doch ein Löwe bist?«
»Soll ich, während an den Quellen deiner Wohltaten jeder Durstige Erholung schöpft, allein unter deinem Schutze verschmachten, da du doch einem erquickenden Regen gleichest?«
»Herr!« fuhr dann Muin fort, »man darf nur zeigen, daß einem deine und des Reiches Wohlfahrt am Herzen liegt, um auf so unwürdige Weise behandelt zu werden, wie du siehst, daß man mich soeben behandelt hat.« – Der König sagte: »Du darfst versichert sein, daß mir deine Ehre nicht minder teuer ist, als meine eigene; sage mir daher nur ohne Umschweife, wie sich die Sache verhält und wer der Schuldige ist.«
Muin erzählte: »Herr, ich verließ mein Haus und ritt auf den Sklavenmarkt, um mir eine Köchin zu kaufen; als ich dahin kam, hörte ich eine Sklavin für 4000 Dinare ausrufen. Ich ließ mir die Sklavin vorführen, und siehe! ’s war die schönste, die man je gesehen hat und noch sehen kann. Nachdem ich sie hinlänglich betrachtet hatte, fragte ich, wem sie gehöre. Da nannte man mir den Verkäufer Nureddin, den Sohn des verstorbenen Veziers Vadhleddin. Du weißt, mein Herr und König! daß du diesem Vezier 10.000 Dinare auszahlen ließest, mit dem Auftrage, dir für diese Summe eine Sklavin zu kaufen. Er hat auch
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