Tausendundeine Nacht mit dir
hinüber.
Sie starrte auf die See hinaus und schien nach irgendeinem Anzeichen zu suchen, dass die nahende Rettung ankündigte. Sie wirkte unendlich verloren und einsam, hielt sich nur durch die eiserne Selbstbeherrschung aufrecht, die ihm an ihr aufgefallen war.
Ihr Haar glich einer ungepflegten Mähne, das genaue Gegenteil der eleganten Frisur, die sie auf ihrem Passfoto trug. Um ihre Fußgelenke verliefen rote Ringmale, dort, wo die Fesseln sich in ihre Haut gefressen hatten. Eigentlich sollte ihr Anblick Mitleid erregen, und doch sah er nur die perfekte Linie ihrer Figur, während er auf sie zuging und sich im Laufen das Hemd überzog. Ihr Körper unter seinem hatte ihn während der Nacht fast in den Wahnsinn getrieben. Er hatte einer Versuchung widerstanden, die praktisch unwiderstehlich war.
„Miss Winters.“ Sie spannte sich an, aber sie drehte sich nicht zu ihm um. „Wie fühlen Sie sich heute Morgen?“
„Froh, noch am Leben zu sein.“ Sie drehte das Gesicht leicht ins Profil. „Und Sie?“
„Heil und unversehrt.“ Die Munterkeit, die er in seine Stimme legte, verspürte er keineswegs. „Wir sind noch einmal knapp davongekommen. Ihr Kollege wird sich sicher freuen, Sie wiederzusehen.“
Sie nickte stumm. Wider besseres Wissen erlaubte er es sich, ihre Figur in dem hellblauen Badenanzug zu studieren. Sein Mund wurde trocken, die Handflächen feucht.
Er wollte die Erinnerung an die letzte, schreckliche Nacht auslöschen. Auf die einfachste und gleichzeitig wirkungsvollste Art – mit körperlichen Freuden. Doch dann erkannte er plötzlich schuldbewusst, warum sie ihn nicht ansah. Sie musste vor Verlegenheit halb umkommen, in einem dünnen Badeanzug, vor einem Mann, den sie nicht kannte. Und nach dem Trauma, das sie durchgemacht hatte, musste sie sich umso verletzlicher fühlen.
Ein Knoten bildete sich in seinem Magen, als er sich vorstellte, was sie in den Händen der Entführer ausgestandenhaben musste. Er wollte sie in seine Arme ziehen und trösten, doch er wusste, das wäre ein Fehler.
„Das Rettungsteam wird so früh wie möglich aufbrechen, um uns abzuholen“, sagte er nur.
Wieder nickte sie. Sie wirkte zerbrechlich wie dünnes Glas. Die kleinste Erschütterung, und sie würde zerbrechen. Ein Sonnenstrahl stieß durch die Wolken und fiel auf ihr goldenes Haar, betonte die Formen und Rundungen ihres Körpers. Er spürte ein Ziehen in seiner Leistengegend, leicht verärgert runzelte er die Stirn. Er kannte schönere Frauen. Hatte schönere Frauen besessen. Doch Isabelle Winters heizte sein Blut auf, wie er es noch nie erlebt hatte.
Lag es an ihrer inneren Stärke? An ihrem Mut? Oder an ihrer Haltung? Sie wirkte hoheitsvoll wie eine Königin, trotzdem sie halb nackt war und diese barbarischen Fesseln an den Händen trug.
Oder vielleicht lag der Grund darin, dass sie die einzige Frau war, mit der er die ganze Nacht verbracht und die er nicht geliebt hatte.
Plötzlich schwankte sie, und Rafiq packte sie instinktiv beim Arm, um sie zu stützen, sah die zitternden Knie, die zusammengepressten Lippen. Die Belastung und der Schmerz verlangten schließlich doch ihren Tribut.
Behutsam, ohne darauf zu achten, dass seine Haut, dort wo er sie berührte, wie Feuer brannte, half er ihr, sich zu setzen. Ihre Pupillen waren geweitet, der Schock hatte eingesetzt.
„Sie brauchen Wärme.“ Er knöpfte sich das Hemd auf.
Sie zitterte jetzt wie Espenlaub, die Hände zu Fäusten geballt. Ihre Brustwarzen zogen sich zusammen und drückten gegen den dünnen Stoff des Einteilers, und Rafiq biss die Zähne zusammen, als er erneut ein bekanntes Ziehen in der Lendengegend verspürte.
„Mir ist aber nicht kalt“, protestierte sie. „Wir sind dochin den Tropen!“
„Trotzdem.“ Er schüttelte sich das Hemd von den Schultern und wickelte sie darin ein. Sie duftete verführerisch weiblich. Ihre Verletzlichkeit zerrte an seinen Sinnen, und er trat von ihr zurück.
„Sie sind verletzt!“ Jetzt sah sie die Wunde auf seiner Schulter, wo ihn gestern etwas getroffen hatte. Sie hob den Arm und deutete auf die Stelle.
Rafiq schnappte unhörbar nach Luft. Sie sah aus wie eine gefügige Liebesdienerin, die zu seinen Füßen kniete. Das viel zu große Hemd ließ sie unglaublich feminin wirken.
In diesem kurzen Augenblick, als er auf sie hinunterblickte, fühlte er einen heißen, primitiven Drang in sich, sie zu besitzen. Er wollte sie erobern, sie für sich allein haben, wann immer ihn danach gelüstete.
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