Tausendundeine Nacht mit dir
Blitzlichter von mindestens einem Dutzend Kameras auf. Es waren so viele Presseleute versammelt, wie sie es sonst nur von den Premieren der großen Studios kannte.
Innerhalb kürzester Zeit hatte Carlo es geschafft, dies alles zuorganisieren – allein für sie! Estrella war kurz davor, die Beherrschung zu verlieren. Sie war überwältigt von seinem Engagement und von unendlicher Dankbarkeit erfüllt. Nie wieder würde sie einen Mann wie ihn treffen!
Carlo begrüßte sie in dem am Strand aufgebauten weißen Pavillon. Wie bei jeder anderen Gala war auch hier Abendkleidung angesagt, und er trug seinen Smoking. Schmerzhaft klopfte Estrellas Herz, als sie ihn betrachtete. Er wirkte so stark und imposant, und er tat alles, um ihren Traum wahr werden zu lassen.
„Du siehst großartig aus“, flüsterte sie, sich vorbeugend, um ihn auf die Wange zu küssen.
Er drehte den Kopf, sodass der Kuss auf seinem Mund landete. „Ich liebe dich.“
Wie gern hätte sie ihrer Sehnsucht nachgegeben, aber es war unmöglich. Sie musste ihren Weg weitergehen, zum Wohle der Kinder.
„Ich liebe dich auch“, gestand sie leise, bevor eine Gruppe internationaler Investoren sie in Beschlag nahm.
Später ging das strahlende Scheinwerferlicht in dem weißen Zelt aus, und Estrellas Dokumentation wurde dem hochkarätigen Publikum vorgestellt.
Es war ein großer Erfolg. Am Ende der Vorführung sprach man sogar davon, den Film für den Oscar zu nominieren. Auf jeden Fall war sein Bekanntheitsgrad erheblich gestiegen, da die internationale Presse und viele Fernsehsender darüber berichteten.
Schließlich ging die glanzvolle Party ihrem Ende entgegen. Die Gäste verabschiedeten sich, und Estrella kehrte in ihr Hotel zurück. Die wehmütigen Gedanken, so gut es ging, verdrängend, zog sie bequeme Reisekleidung an, packte ihre Koffer und bezahlte schließlich ihre Rechnung.
Wenig später passierte sie schon die Sicherheitskontrollen des Flughafens von Nizza. Während sie darauf wartete, an Bord zu gehen, entdeckte sie ein bekanntes Gesicht. Sie konnte es nicht fassen. Was tat Carlo hier?
„Warum bist du hier?“, wollte sie erstaunt wissen.
Er tat erschrocken. „Estrella, du bist auch hier?“
„Lass die Spielchen. Warum bist du hier?“, wiederholte sie ihre Frage, gerade als die Passagiere zum Einsteigen aufgerufen wurden.
Carlo stand auf. „Nun, ich werde jetzt ins Flugzeug steigen und nach Indien fliegen.“
„Das geht nicht. Da will ich hin!“
Er stieß einen leisen Pfiff aus. „Das nennt man Schicksal.“
„Es ist nicht richtig.“
„Doch.“ Carlo hielt ihr seine Bordkarte unter die Nase. Sein Platz war genau neben ihrem. „Ich habe ein Ticket, einen Platz in diesem Flugzeug, und ich werde mich an Bord begeben!“
„Aber warum?“
„Weil du nach Indien fliegst und ich bei dir sein möchte. Schließlich muss doch jemand auf dich achtgeben!“
Unglaublich, was dieser Mann aus Liebe zu ihr tat! Zum ersten Mal wurde es Estrella bewusst, wie groß seine Liebe war. Er hielt zu ihr und unterstützte sie in allem, was sie tat. Ein Leben lang war sie eine Einzelkämpferin gewesen, und sie fand es einfach himmlisch, ihn nun an ihrer Seite zu wissen. Doch was gab er alles auf!
„Was ist mit deiner Firma und deiner Familie …“
„Das ist schon in Ordnung. Ich tue es für dich, Estrella, aber auch für mich selbst. Wenn ich diesen Kindern helfen kann, bin ich mit allen Konsequenzen dazu bereit.“
Estrellas Augen füllten sich mit Tränen. „Dort, wo wir hingehen, gibt es keine Luxushotels.“
Liebevoll nahm er sie in seine Arme. „Das weiß ich, cara. Es macht mir nichts aus, in einem Schlafsack unter einem Moskitonetz zu schlafen und abgekochtes Wasser zu trinken.“
„Es gibt dort eine Menge Ungeziefer.“
„Das macht auch nichts.“ Er grinste. „Ich nehme es sogar mit einem Heuschreckenschwarm auf, wenn ich dafür das nächste Jahr mit dir verbringen darf.“
Sie lachte glücklich. „Du willst also nur ein Jahr mit mir zusammen sein?“
„Das kommt darauf an, ob du mich heiraten wirst.“
„Ja, ich möchte dich heiraten!“ Sie schlang die Arme um seinen Nacken. „Carlo Gabellini, ich werde dich heiraten, dich immer lieben und den Rest meines Lebens mit dir verbringen.“
„Das möchte ich schriftlich haben!“
Estrella lachte. Ihr Herz war so leicht wie seit Jahren nicht mehr. „Das ist nicht nötig. Wir beide sind füreinander bestimmt. Das ist unser Schicksal.“
– ENDE –
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