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Tausendundeine Stunde

Tausendundeine Stunde

Titel: Tausendundeine Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Suckert
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mich beruhigen, wenn Sie mir eine kurze Info rüberschicken könnten.“ Jetzt denkt er sich, dass ich ein Volldepp bin. Aber es war zu spät, ich hatte bereits auf Senden gedrückt. Endlich hatte sich in meinem Leben etwas ereignet. Eigentlich war es eine Bagatelle. Die Freude über diesen belanglosen Zwischenfall machte mir deutlich, dass mein Leben ziemlich trist war. Joe hatte zurückgeschrieben. „Danke, Juliane ohne Punkt. Hat alles bestens geklappt. Nun kann ich mich an die Arbeit machen. Dankende Grüße aus Berlin, Joe Leonhardt“
    Wenige Tage später erhielt ich wieder eine E-Mail, die für Joe bestimmt war.
    „Hallo Joe Punkt! Ich leite Ihnen eine E-Mail weiter, die erneut bei mir gelandet ist. Vielleicht ist es wieder eine Recherche, auf die Sie dringend warten. Sind Sie Journalist? Geben Sie mir ein Feedback? Will sicher sein, dass Sie die Mail erhalten haben. Gruß, Juliane ohne Punkt.“
    Er antwortete prompt. „Ein freundliches Hallo aus Berlin und vielen Dank. Kein Journalist. Ghostwriter. Grüße, Joe“
    „Hallo Joe“, schrieb ich sofort zurück „ da haben wir also nicht nur den selben Familiennamen, wir teilen auch dieselbe Begabung. War lange Zeit Freiberuflerin für die Presse. Hatte eine eigene Kolumne als Stadtreporterin. Interviews, Reportagen und so. War eine schöne Zeit. Gruß, Juliane“
    Er schrieb gleich zurück. „Was ist passiert? Sind Ihnen die Einfälle ausgegangen? Sie schreiben es war eine schöne Zeit.“
    Joe hatte nicht gegrüßt, also wartete er auf eine Antwort. Das Ganze fing an, mir riesigen Spaß zu machen.
    „Einfälle hatte ich genug, aber irgendwie habe ich mich nach dem Fall der Mauer zurückgezogen. Das ist eine lange Geschichte. Vielleicht ergibt sich ja einmal die Gelegenheit und wir treffen uns auf eine Tasse Kaffee, dann erzähle ich sie Ihnen. Sind Sie eigentlich ein akademischer Geisterschreiber?“
    Auch ich grüßte nicht und wartete ungeduldig auf seine Beantwortung.
    „Das mit der Tasse Kaffee lässt sich bestimmt einmal einrichten. Nein, ich bin kein akademischer Ghostwriter. Ich schreibe Grußreden, letztens wieder einmal eine Laudatio zur Ehrung eines Schauspielers, so was eben.“
    „Das stelle ich mir interessant vor. Wie sind Sie denn zu diesem Beruf gekommen?“
    „Meine Freundin Esther hat mich drauf gebracht, sie unterstützt mich auch hin und wieder beim Aufspüren interessanter Aufträge.“
    „Grüßen Sie unbekannter Weise Esther. Wenn Sie nicht vergessen hätte, den Punkt zu setzen, hätte ich Sie nicht kennen gelernt. Oder reagiert sie dann eifersüchtig? Ich meine, weil Sie mit fremden Frauen mailen.“ Kaum, dass ich es gesendet hatte, ärgerte ich mich darüber. Denn obwohl ich ein Hintertürchen genutzt hatte, lag es auf der Hand. Ich wollte wissen, ob er in einer Beziehung lebte.
    Joe hatte meine Frage verstanden und schrieb zurück: „Esther ist eine Freundin, nicht meine Partnerin. Außerdem: Finden Sie, dass ein harmloser Gedankenaustausch ein Grund für Eifersucht ist?“
    Der Mann schien gesunde Ansichten zu haben. Ich antwortete ihm, dass es für meinen Mann Grund genug wäre, mir Vorhaltungen zu machen und aus diesem Grund würde ich es ihm gar nicht erst erzählen.
    „Hm“, schrieb Joe zurück: „Menschen, die einander festhalten sind Gefangene. Menschen, die loslassen können sind Liebende. Ich lasse mich nicht einengen, denn das führt bei mir unweigerlich zu einem Fiasko. Aber das muss bei Ihnen ja nicht zwangsläufig auch so ein. Sind Sie denn glücklich in Ihrer Ehe?“
    Jetzt fing es an, interessant zu werden. Entwickelte sich hier ein Flirt? Ich schrieb „Nein, ich wurde zwangsverheiratet“ zurück. Darauf musste er reagieren.
    „Sind Sie Muslimin?“
    Ich schmunzelte und schrieb ein ihm ein kurzes „Nein“ zurück.
    „Eine andere Erklärung finde ich nicht. Bitte um Aufklärung.“
    Jetzt hatte ich ihn. „Dazu fehlt mir im Moment die Zeit, habe gleich einen dringenden Termin. Ein anderes Mal, ja? Liebe Grüße aus dem nahegelegenen Cottbus, Juliane“
    Joe schickte mir ein Smiley mit herabhängenden Mundwinkeln und setzte „schade“ dazu. Ich fühlte mich in meine Zeit als Teenager zurückversetzt. Das tat mir gut.
     
    Ich hatte lediglich mit meinem Kleiderschrank einen Termin. Der musste ausgeräumt werden. Georg wollte unser Schlafzimmer renovieren. Als ich den Haufen Sachen auf meinem Bett liegen sah, kam ich zu der festen Überzeugung, dass ich in meinem früheren Leben eine Maus war. All

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