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Taxi

Titel: Taxi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Duve
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sie, die große, mehrere hundert Mark teure Ferntour, von der immer alle Taxifahrer fantasierten. Oder man fuhr drei Geschäftsleute zu einem Puff und kassierte dreifache Kopfprämie. Diese Ungewissheiten und Möglichkeiten hielten mich bei der Stange. Ich liebte das Geld, sammelte es wie Dagobert Duck und gab fast nichts aus. Das einzige, was ich mir gern geleistet hätte, wäre eine eigene Wohnung gewesen. Inzwischen war bereits November, und die Winter in der schlecht isolierten Gartenlaube waren unangenehm. Mein Bruder und ich schliefen mit Handschuhen und Pudelmütze. Aber um eine Wohnung zu mieten, hätte ich Anzeigen durchsehen müssen, telefonieren, Wohnungen besichtigen, einen Vertrag unterschreiben. Einen Vertrag unterschreiben! Ich verkrampfte, wenn ich nur daran dachte. Ich würde alles falsch machen und mich am Ende mit einem unkündbaren Knebelvertrag ruinieren. Ich hoffte, dass sich irgendwann etwas von selbst ergab. Bis dahin sortierte ich meine Zwanzig-, Fünfzig- und Hundert-Mark-Scheine, rollte die Stapel zu Zigarren, umwickelte sie mit einem Gummiband und tat sie in einen Schuhkarton, den ich unter mein Bett stellte, dorthin, wo ich ihn berühren konnte, wenn ich die rechte Hand über den Bettrand baumeln ließ.
12
    »Tausend Mark«, sagte Dietrich, »ich würde mit großen Freuden irgendwo tausend Mark einzahlen, wenn ich dafür keine Weihnachtsgeschenke kaufen müsste.«
    Wir gingen die Ditmar-Koel-Straße hoch, wo Dietrich das Taxi für seinen Tagfahrer abgestellt hatte. Er hatte mich überredet, schon um vier Uhr morgens Feierabend zu machen, das Fahrrad in der Firma stehen zu lassen und in seinem Taxi mit zu ihm nach Hause zu fahren. Dass wir das letzte Stück zu Fuß gehen müssten, hatte er nicht erwähnt. Ein kalter Wind blies vom Hafen und trieb uns vor sich her.
    »Warum machst du es nicht wie ich und arbeitest während der Feiertage?«, sagte ich und schlug den Kragen meiner Lederjacke hoch. »Ich brauch kein einziges Geschenk zu kaufen. Außer für dich. Statt Geld auszugeben, verdiene ich sogar noch was dazu.«
    Dietrich murmelte etwas, das vermutlich heißen sollte, dass seine Familie auf seiner Anwesenheit bestand. Ein Polizeiwagen überholte uns im Schritttempo.
    »Diese Schweinehunde«, sagte Dietrich. »Wetten, die halten gleich an, um mich zu kontrollieren?«
    Tatsächlich leuchteten ein paar Meter vor uns die Bremslichter des Peterwagens auf und die beiden Polizisten stiegen aus. Sie rückten ihre Mützen zurecht und bauten sich vor uns auf.
    »Guten Morgen. Wo kommen Sie denn jetzt her?«
    Dietrich blieb stehen, die geballten Fäuste in der Jackentasche. Er drehte den Kopf angeekelt zur Seite, ohnmächtige Wut im Gesicht.
    »Guten Morgen«, sagte ich schnell. »Wir sind Taxifahrer. Wir haben bis eben gearbeitet und wollen bloß nach Hause.«
    »Aha«, sagte einer der Polizisten, ohne den Blick von Dietrich zu lassen. »Kann ich dann bitte mal Ihre Papiere sehen?«
    Dietrichs Gesicht war jetzt geradezu hassverzerrt. Als er in die Innentasche seiner Lederjacke griff, um sein Kellnerportemonnaie herauszuholen, legte der zweite Polizist die Hand aufs Pistolenhalfter. Allmählich wurde ich auch nervös. Dietrich nahm seinen Ausweis aus dem Portemonnaie und reichte ihn dem ersten Polizisten, ohne ihn anzusehen.
    »Ist irgendwas?«, fragte der gereizt. Dietrich drehte den Kopf noch weiter weg, kniff die Lippen zusammen und schüttelte kaum wahrnehmbar den Kopf.
    »Dann ist ja gut«, sagte der Polizist und nahm auch meinen Ausweis. Er ging zum Peterwagen zurück und sprach ins Funkgerät. Nach einer Weile kam er zurück und gab uns die Papiere wieder.
    »Dankeschön«, sagte ich, um Normalität bemüht.
    »Auf Wiedersehen.«
    Dietrich blieb immer noch stumm. Erst als die Polizisten fortgefahren waren, fing er wieder an zu reden.
    »Diese Dreckhecken. Ständig halten die mich an.«
    »Das machen die doch bloß, weil es so spät ist und außer uns keiner mehr auf der Straße ist«, sagte ich. »Die wollten bloß sehen, ob wir gerade von einem Einbruch kommen. Das ist doch ihr Job. Ich versteh nicht, warum du mit denen nicht normal reden kannst.«
    »Dafür hast du die ja doppelt zugeschleimt. Du hättest dich mal hören sollen: Dankeschön . Auf Wiedersehen . Richtig unterwürfig.«
    Ich zog beleidigt die Nase hoch.
    »Ich versteh trotzdem nicht, warum du denen nicht einfach gesagt hast, wo wir gerade herkamen.«
    Dietrich sah mich wütend an.
    »Ja, denkst du denn, dass das irgendetwas

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