Taylor Jackson 01 - Poesie des Todes
noch einmal und legte die Hand auf Baldwins Rücken, als wenn er ihn durch die Tür schieben wollte.
Baldwin wartete, bis sie draußen waren, und wandte sich dann seinem Kollegen zu. “Lass mich raten. Es gab einen DNA-Treffer auf dem Kondomfetzen.”
Grimes schaute leicht enttäuscht aus. “Nein, daran haben sie keine verwertbaren Spuren gefunden. Sie haben Gewebezellen gefunden, aber die stammten von einer Frau. Also leider Fehlanzeige.”
“Verdammt”, fluchte Baldwin. “Das war unsere große Hoffnung.”
“Sie werden Ihre Meinung ändern, wenn Sie das hier hören. Wir hatten einen anonymen Anrufer, der uns sagte, dass Christina Dale letzte Nacht in einem Motel gesehen worden ist. Billige Absteige, nur ein paar Meilen die Straße rauf. Wir fahren hin und überprüfen das Zimmer, vielleicht ist sie ja noch da. Wir haben auch Hunde angefordert. Wenn sie weg ist, können sie vielleicht ihren Geruch aufspüren.” Sie stiegen ins Auto, und Grimes schnallte sich an, schaltete und lenkte, alles zur gleichen Zeit. “Ein echter Durchbruch, Mann! Den haben wir jetzt auch dringend nötig.”
“Ja, endlich Schluss mit lustig. Das ist gut, Grimes.” Baldwin war skeptisch, dass sie das Mädchen und alle notwendigen Beweise, um den Mörder zu fangen, in einem billigen Motelzimmer finden würden, aber er war gewillt, alles einmal zu probieren. Seine Gedanken drifteten ab. Es schien ein bisschen unwahrscheinlich, dass der Strangler sich einfach entschieden hatte, sich für die Nacht ein Motelzimmer zu nehmen, um sein neuestes Opfer umzubringen. Baldwin gab sich eine mentale Ohrfeige. Du weißt doch noch gar nicht, ob sie tot ist, Mann. Aber wenn, und wenn er dabei frische Spuren für die Ermittler zurückgelassen hatte, nun, das wäre nett. Ein Motelzimmer wäre Segen und Fluch zugleich. Zu viele Überbleibsel, um sie alle zu analysieren, aber vielleicht würde ja irgendetwas ins Auge springen.
Grimes fluchte immer noch unterdrückt vor sich hin, als sie auf den hufeisenförmigen Parkplatz eines Motels fuhren, das schon bessere Tage gesehen hatte. Die Farbe blätterte von den Wänden, ein dunkles Grau, das vielleicht vor fünfzig Jahren einmal weiß gewesen war. Das “Zimmer frei”-Schild flackerte, und Baldwin fragte sich, ob es wohl jemals schon ausgeschaltet worden war. Auf dem Parkplatz waren bereits diverse Wagen versammelt, aber Baldwin wollte der Erste sein, der einen Blick in das Zimmer warf.
“Halt sie hin”, sagte er zu Grimes, als er aus dem Auto sprang. Schnell ging er zum Büro hinüber und zog die Tür hinter sich zu. Ein Ventilator blies warme Luft durch den Raum, machte ihn noch stickiger. Ein Mann, dem ein Zahn aus der Unterlippe zu kommen schien, starrte ihn an. Baldwin zückte seine FBI-Marke und hoffte, ihn damit zu beeindrucken. Falsch gehofft.
“Wir haben einen Anruf erhalten, dass Christina Dale letzte Nacht hier gesehen worden ist. Können Sie mir sagen, in welchem Zimmer sie war?”
Der Mann starrte ihn weiterhin an, Streitlust kroch in seine Augen und erlosch gleich wieder, als wenn er sich mental unter die kalte Dusche gestellt hätte.
“Ja, die war hier. Hab nicht gesehen, mit wem. Kam betrunken und dumm rein wie immer. Hab ihr den Schlüssel zu dem Zimmer am anderen Ende gegeben. Sie hat ihn mir heute Morgen nicht zurückgebracht. Was soll das hier alles?”
“Sind Sie in dem Zimmer gewesen?”
“Hab nur den einen Schlüssel. Ich hab doch gesagt, sie hat ihn heute Morgen nicht zurückgebracht. Worum geht’s denn eigentlich? Hat Christina was angestellt, sich mit dem Gesetz angelegt?” Der ledrige, kahle Schädel und die Abwesenheit fast aller Zähne verliehen dem Mann ein geschrumpftes Aussehen, als ob ein Kopfjäger seinen Kopf in der Nacht gestohlen und verhext hätte, um ihn auf transportable Größe zu schrumpfen. Baldwin fiel es schwer, den Mann nicht anzustarren.
“Und Sie sind …?”
“Nennen Sie mich Ismael”, kicherte der Mann. Baldwin schaute ihn an, bis er endlich aufhörte zu lachen, und sagte: “Okay, Jones.”
“Mr. Jones, haben Sie gesehen, mit wem sie gekommen ist? War es ein Mann?”
“Was denken Sie denn, dass sie ’ne verdammte Lesbe ist? Natürlich war es ein Mann. Praktisch jede Nacht ein anderer Kerl. So sah’s für mich jedenfalls aus.” Er saugte an seinem vorstehenden Zahn, ein Geräusch, das Baldwin Gänsehaut verursachte.
“Mr. Jones, besteht irgendeine Chance, dass Sie sich an diesen bestimmten Mann von letzter Nacht
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