Taylor Jackson 02 - Der Schneewittchenmörder
Leiche umdrehten, verfing der Ring sich in ihren Haaren. Es war ein goldener Ring mit einem eingravierten Schriftband und einem großen F im Wappen. Das war alles, nur ein F . Wir haben Mars’ Akten penibelst durchgekämmt, haben jede einzelne Person befragt, deren Name mit einem F anfängt oder aufhört. Hat alles nichts gebracht. Aber das will nichts heißen. Der Ring hätte auch den Eltern oder Großeltern des Mörders gehören können – verdammt, sogar einem Cousin oder Freund, nach allem, was wir wissen. Er sah alt aus, als würde er schon seit Generationen vererbt, wissen Sie?“
„Tja, also davon steht definitiv nichts in den Akten, das weiß ich ganz sicher. Ich bin vor drei Wochen noch einmal alle Beweise einzeln durchgegangen, als wir uns die Kisten für die aktuelle Untersuchung herangezogen haben. Kein Wort von einem Siegelring. Und auch in den Befragungen taucht er nicht auf.“
„Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, Lieutenant. Er war da. Ich habe ihn mit meinen eigenen Augen gesehen. Viele der Berichte habe ich selber geschrieben – darum weiß ich auch, dass sie existiert haben. Ich habe das Gefühl, dass Sie hier nicht mit dem vollen Kartendeck spielen.“
Taylor schaute Fitz an. Das war ein Problem.
Kimball zog noch einmal an seiner Pfeife, klopfte sie dann in einem selbst gemacht aussehenden Aschenbecher aus und stand auf.
„Sie können die Akten gerne mitnehmen, aber sorgen Sie dafür, dass ich sie alle zusammen wiederbekomme, okay? Ich möchte jetzt zu Sabrina zurückgehen. Wir sehen sie nicht so oft, wie ich es gerne hätte, und sie wächst so schnell. Bald schon wird sie keine Lust mehr haben, mit ihrem alten Großvater ein Lebkuchenhaus zu bauen, wissen Sie?“
Fitz trug zwei Kartons, Taylor einen. Kimball führte sie durch die Küche, wo Mrs. Kimball und Sabrina sie aufhielten und ihnen in Folie eingewickelte Kekse auf die Kartons legten. Eine Belohnung für später. Kimball brachte sie zur Tür und sah ihnen mit einem traurigen Lächeln nach, als sie ins Auto stiegen und davonfuhren.
Taylor war neunzig Zentimeter groß und passte perfekt in die Lücke zwischen dem Geländer und der obersten Stufe, leicht verdeckt durch eine dorische Säule, die an das Geländer grenzte. Unter ihr war der Ball in vollem Gange. Es schienen Hunderte von Leuten zu sein, alle in die aufwendigsten Kostüme gehüllt. Heute war Silvester, und ihre Eltern veranstalteten auch in diesem neuen Haus ihren traditionellen Maskenball. Das hier war Taylors zweites Zuhause, aber das einzige, an das sie sich erinnerte.
Die Musik war laut, und die Menschen wirbelten herum wie Marionetten. Champagnerflöten wurden in schwindelerregender Geschwindigkeit geleert, in Smoking gekleidete Kellner zogen ihre Kreise durch das Foyer und den Ballsaal und achteten darauf, dass niemand zu kurz kam.
Eine Frau mit einer ausladenden Marie-Antoinette-Perücke, gepudertem Gesicht und einem verrutschten Schönheitsfleck, der eigentlich an der Oberlippe kleben sollte, sich nun aber unschön in ihrem Mundwinkel festgesetzt hatte, ließ sich schwer auf die unterste Treppenstufe fallen – ganze siebenundvierzig Stufen von Taylor in ihrem kleinen Versteck entfernt. Ihre Mutter war auch als Marie Antoinette verkleidet, aber das war nicht ihre Mutter. Taylor fühlte die Erschütterung des Beinahe-Falls der Frau, roch den Alkoholdunst, der die Stufen hinaufwaberte und in den sich ein anderer, pudriger, moschusartiger Geruch mischte.
Drei Leute eilten zu der Frau, um sich zu versichern, dass es ihr gut ging, aber sie kicherte nur und scheuchte sie davon, versicherte ihnen, dass sie sich nur hingesetzt hatte, um ihre müden Füße ein wenig auszuruhen. Nachdem drei Kellner ihr aufgeholfen hatten, watschelte sie davon, wobei ihr Kostüm gefährlich ins Rutschen geriet.
Dann war es für ein paar Augenblicke ruhig, bevor ihr Vater und ihre Mutter mit einem Gefolge von mehreren Leuten ins Blickfeld kamen.
Die Frauen alberten miteinander herum, und die Männer sprachen laut und vom Alkohol beflügelt miteinander.
„Win Jackson, du hast offensichtlich einen Vertrag mit dem Teufel geschlossen“, rief ein dunkelhaariger Mann.
„Ja, Win, dein eigenes kleines Manderley, nicht wahr? Was hast du in deinem letzten Leben angestellt, dass du in diesem so viel Glück hast? Der Richter hätte dich in den Knast werfen sollen anstatt die Klage abzuweisen.“ Der blonde Mann mit der dicken schwarzen Brille gab ihrem Vater einen kräftigen Klaps
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