Taylor Jackson 02 - Der Schneewittchenmörder
länger würde sie diese Behandlung dulden. Was glaubten die denn, wer sie waren? Sie hatten ja keine Ahnung, mit wem sie es zu tun hatten.
Sie verließ den Flughafen in einem Taxi, das sie zurück in die Innenstadt brachte. Nachdem sie im selben Zimmer wieder eingecheckt hatte, brachte sie ihre Koffer hinauf und tätigte einen Anruf. Sie war einsam. Heute Abend, entschied sie, würde sie nach Hause gehen, anstatt im Hotel herumzuhängen. Eine Nacht in ihrem alten Zimmer, ein Abendessen mit ihrem Vater, ein wenig Aufregung mit ihrem Liebhaber – das alles würde sie wieder auf die richtige Spur bringen. Morgen würde sie ins Hotel zurückkehren, um die brüchige Fassade der Gesetzmäßigkeit aufrechtzuerhalten, an deren Erschaffung sie so hart gearbeitet hatte.
Mit Baldwin war sie noch nicht fertig. Sie würde ihre Rache bekommen.
23. KAPITEL
Taylor und Baldwin saßen dicht nebeneinander und versuchten, die letzte halbe Stunde Revue passieren zu lassen. Es war durchaus im Bereich des Möglichen, dass der Mann, der an diesem Abend und den anderen vorher das Control besucht hatte, überhaupt nicht ihr Killer war. Aber Taylor hatte ihn in diesem einen Moment etwas so Bösartiges, so Schreckliches ausstrahlen gespürt, dass sie nicht aufhören konnte, an ihn zu denken.
Still und leise war eine Kriminaltechnikerin gekommen. Wenn das hier das Revier des Mörders war, wollten sie nicht zu viel Aufmerksamkeit damit erregen, dass sie ihm auf den Fersen waren. Die Technikerin hatte Sams Arm sorgfältig untersucht, aber nichts gefunden. Der Mann hatte sein Bier mit drei Eindollarnoten bezahlt, die für weitere Untersuchungen konfisziert wurden, aber die Chancen, auf ihnen irgendwelche DNA-Spuren oder Fingerabdrücke zu finden, die auch noch vor Gericht Bestand hatten, gingen gen null.
Jerry der Barkeeper hatte sich als wahre Goldgrube erwiesen. Er erkannte alle vier vom Nachahmer des Schneewittchenmörders umgebrachten Frauen wieder. Alle vier waren irgendwann mal in seiner Bar gewesen. Endlich hatten sie ihren Anhaltspunkt. Taylor hoffte mit aller Macht, dass sie gerade einen Blick auf den Mörder geworfen hatte.
Ein Polizeizeichner versuchte nach Sams und Jerrys Angaben ein Phantombild zu zeichnen, aber das Ergebnis war zu vage. Es hätte jeder sein können. Ihr mysteriöser Fremder hatte nichts Ungewöhnliches an sich außer einen schlechten Haarschnitt. Zumindest nichts, an das Jerry oder Sam sich erinnern konnten.
Taylor war wütend auf sich. Sie war mit der Situation falsch umgegangen. Das Böse, das von diesem Mann ausging, hatte sie geradezu körperlich gefühlt. Vielleicht hatte er ihre Marke und Waffe gesehen und war deshalb abgehauen. Vielleicht bildete sie sich die ganze Sache auch einfach ein, und der Mann war einfach nur ein ganz normaler Gast. So angespannt wie sie war, war das nicht zu weit hergeholt.
Sie stand an der Bar und war kurz davor, ein Amstel light herunterzustürzen, als die Kriminaltechnikerin nach ihr rief.
„Lieutenant? Ich hab hier was.“
Sie ging zu der Frau hinüber, einer kleinen, etwas übergewichtigen Brünetten namens Ricki, die ein süßes Lächeln und ein freundliches Wesen hatte.
„Hey, Ricki, was gibt’s?“
Die Technikerin hielt ein Bündel Plastikhalme hoch. „Strohhalme. Und in alle sind Knoten gemacht worden.“
Taylor zog einen Latexhandschuh über und nahm Ricki das Bündel ab. Sie rief sich ein Bild von dem Mann in Erinnerung, wie seine Hände lose zwischen seinen Knien gehangen hatten. Vielleicht hatte er da die Strohhalme verknotet.
„Das ist perfekt. Danke, Ricki. Sichere sie für mich, ja? Das könnten wichtige Beweisstücke sein, also sei bitte vorsichtig.“
„Verstanden, Boss.“
„Warte, was habt ihr da?“ Baldwin kam auf sie zu und legte einen Arm um Taylors Schulter. Taylor lächelte.
„Zeig es ihm, Ricki.“
Baldwin studierte den Inhalt des durchsichtigen Plastikbeutels, der jetzt mit einem roten Beweissicherungskleber verschlossen war, sehr genau. „Ganz schön komplizierte Knoten.“
„Das kann man wohl sagen. Wenn sie zu denen von den Seilen passen, die wir im Labor haben, könnten wir da auf was gestoßen sein. Ricki, du kannst sie doch auch auf Rückstände testen, oder? Wir suchen nach dieser cremigen Substanz, die auf den früheren Opfern gefunden wurde.“
Taylor drehte sich zu Baldwin um, ihr Herz klopfte vor Aufregung. „Vielleicht. Vielleicht, vielleicht, vielleicht. Diese Knoten sind so anders, so einzigartig.“
„Das
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