Taylor Jackson 03 - Judasmord
Er hatte dünner werdendes, von grauen Strähnen durchzogenes Haar und einen dicken Nasenrücken, auf dem eine Hornbrille saß. Seine Augen standen leicht hervor; die Iris war blau, das Weiße rot geädert – ob von zu viel Alkohol in der letzten Nacht oder einer Allergie, konnte Taylor nicht sagen. Er drückte ihre Hand, fragte, ob es ihr gut gehe, und begrüßte dann Fitz, alles auf kompetente, sachliche Art. Dann nieste er mit Elan in ein mit Spitze verziertes Taschentuch. Das erklärt die Augen, dachte Taylor.
„Miles Rose. Schön, Sie kennenzulernen.“
Todd Wolff nahm Taylors und Fitz’ Anwesenheit kaum zur Kenntnis. Taylor musterte ihn. Trauerte er und war zu verzweifelt, um sich mit Höflichkeiten abzugeben? Oder war er verstimmt, weil er wie ein Verdächtiger behandelt wurde? Taylor konnte es nicht sagen. Seit ihrer letzten Unterhaltung hatte Wolff total dichtgemacht.
Sie setzten sich alle hin. Fitz und Taylor auf die eine Seite des Tisches, Rose nahm wieder seinen Platz auf der anderen Seite ein, während Todd stumm an die Wand starrte. Taylor sah zu, wie Rose den Inhalt seines Aktenkoffers auspackte, und wartete geduldig, während er einen besonders feinen Rollerball aus seiner großen Stiftauswahl gewählt hatte. Er legte ihn auf einen gelben Notizblock und grinste dann.
„Bereit“, sagte er.
Leicht amüsiert von seiner Vorstellung fragte Taylor: „Sind Sie sicher?“
„Oh, ja. Ich habe alles, was ich brauche, gleich hier.“ Er tippte mit dem Stift auf den Block, dann an seine Schläfe. Sie hörte Fitz leise und spöttisch seufzen.
„Okay, dann wollen wir mal.“ Taylor wandte sich an Todd. „Mr Wolff, ich würde gerne dort fortfahren, wo wir gestern aufgehört haben. Wir machen uns Gedanken über den Zeitplan am Todestag Ihrer Frau. Sie wurden über ihren Tod informiert, während Sie noch in Savannah waren, richtig?“
Todd schaute sie an, als würde er sie zum ersten Mal sehen. „Warum interessiert Sie das überhaupt? Haben Sie inzwischen weitereHinweise darauf, wer meine Frau und meinen Sohn umgebracht hat?“
„Wir bearbeiten den Fall aus allen Blickwinkeln, Mr Wolff. Vertrauen Sie mir. Nun zurück zu Ihrer Heimfahrt. Sie waren in Savannah, als Sie den Anruf erhielten, richtig?“
Wolff wandte den Blick ab. „Das ist korrekt.“
„Und Sie haben den Heimweg, eine achtstündige Fahrt, in etwas unter sechs Stunden geschafft. Ist das so richtig?“
„Ja.“
„Gibt es einen Grund, warum Sie nicht geflogen sind? Wäre das nicht schneller gewesen?“
„Das haben Sie mich bereits gefragt.“ Wolff verschränkte die Arme.
Rose beugte sich vor. „Mein Klient hat die Fluggesellschaften angerufen, aber es gab keinen Flug ohne Zwischenstopp in Atlanta. Ich weiß nicht, ob Sie jemals über Atlanta geflogen sind, Lieutenant, aber Sie verstehen sicher, dass mein Klient alles vermeiden wollte, was zwischen ihn und seine Heimkehr nach Nashville kommen könnte.“
Taylor schenkte Rose ein kurzes Lächeln, dann wandte sie sich wieder an Wolff.
„Keine Chance, dass Sie irgendwo angehalten worden sind, oder? Dass jemand uns eine Uhrzeit und einen Ort nennen könnte, von dem wir ausgehen könnten? Denn ich bin die Strecke schon mal gefahren, Mr Wolff. Man braucht die vollen acht Stunden, sogar wenn man einhundertdreißig fährt.“
Todd schüttelte den Kopf und schaute zu Rose, bevor er sprach. „Nein, ich bin nicht angehalten worden. Ich bin schneller als hundertdreißig gefahren, das können Sie mir glauben. Mehr als einmal hätte ich mich beinahe umgebracht.“
„Wie steht’s mit einer Tankquittung? So ein großes Auto wie Ihres kann es doch kaum mit einer Tankfüllung von Savannah hierher schaffen.“
„Die könnte ich Ihnen geben, aber ich bewahre die Quittungen nicht auf. Mir reicht es, dass die Benzinkosten auf meinem Kontoauszug auftauchen.“
Als Taylor nicht reagierte, brach Wolff schnell das Schweigen. „Ich habe eine Tankkarte. Damit habe ich alle Benzinkosten auf einer Karte und behalte den Überblick. Ich kann diese Ausgaben steuerlich geltend machen, wissen Sie. Also ja, ich habe in einer kleinen Stadt angehalten … Ich erinnere mich nicht an den Namen, aber ich bin sicher,Ihnen die Information nachreichen zu können, sobald ich meinen Kontoauszug erhalten habe.“ Zum ersten Mal lächelte er und schien mit seiner Antwort zufrieden zu sein.
„Das ist großartig, Mr Wolff. Wir haben Ihre Kontoauszüge bereits gezogen, also können wir die Antwort gleich hier
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